Nicht immer ist Diskriminierung in einem Bewerbungsverfahren offensichtlich: Wenn ein abgelehnter Bewerber Indizien nennen kann, die eine Benachteiligung vermuten lassen, liegt es beim Arbeitgeber, das Gegenteil zu beweisen. Foto: dpa/Christin Klose - dpa/Christin Klose

Diskriminierung kann in der Arbeitswelt schon bei der Stellenausschreibung beginnen – und ist auch im Berufsalltag keine Seltenheit. Das muss sich niemand bieten lassen. Experten erklären, wie Betroffene am besten vorgehen.

Gütersloh/BerlinEigentlich darf es nicht sein. Doch zu Diskriminierung kommt es besonders am Arbeitsplatz immer wieder. Bei Stellenausschreibungen fängt es an. „Junges Team sucht junge Kollegen“ heißt es da etwa in einer Job-Anzeige.

Für Johannes Schipp ein klarer Fall von Diskriminierung. „Denn die Formulierung deutet darauf hin, dass Bewerbungen von älteren Beschäftigten keine Chance haben“, erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh.

Allerdings ist längst nicht alles, was in Stellenausschreibungen zu lesen ist, diskriminierend. Schipp führt das Beispiel eines Dessous-Geschäfts an, das ausdrücklich eine Verkäuferin sucht. „Das ist erlaubt, denn es gibt Kundinnen, die sich bei Dessous nicht unbedingt von einem Mann beraten lassen möchten.“

Gleiches gilt, wenn etwa katholische Religionslehrer per Inserat gesucht werden. „Muslime etwa können sich durch die Anzeige nicht diskriminiert fühlen, weil sie nicht die Qualifikation und das Wissen für die ausgeschriebene Tätigkeit haben“, erläutert Schipp.

Nicht immer gleich ersichtlich

Nicht immer ist bei einer Bewerbung die Unterscheidung zwischen mangelnder Eignung und Diskriminierung offensichtlich. Die beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) tätige Juristin Micha Klapp nennt ein Beispiel: Zwei Juristinnen bewerben sich um eine Stelle, bei der ein überdurchschnittlich gutes Staatsexamen Voraussetzung ist. Eine der beiden Frauen bekommt den Job. Die unterlegene Bewerberin hat allerdings ein besseres Staatsexamen als die Frau, die die Stellenzusage erhält. Weil die Unterlegene einen türkisch klingenden Namen hat, sieht sie sich diskriminiert und erwägt zu klagen.

Eine solche Situation kann ein Anhaltspunkt für eine Diskriminierung sein, muss aber nicht. „Wenn die abgelehnte Stellenbewerberin Indizien nennen kann, die eine Diskriminierung vermuten lassen, dann liegt es beim Arbeitgeber, das Gegenteil zu beweisen“, so Klapp. Wer einen solchen Schritt erwägt, sollte sich dafür Unterstützung suchen.

„Generell wird zwischen unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung unterschieden“, erklärt Bernhard Franke, kommissarischer Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist beides untersagt. Gleiches gilt für die Belästigung einer Person aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters und ihrer sexuellen Orientierung.

Eine unmittelbare, also direkte Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person gegenüber einer anderen schlechter gestellt wird. „Zum Beispiel, ein Unternehmen möchte keine Frau befördern, weil sie schwanger werden könnte“, so Franke.

Von einer mittelbaren, also indirekten Diskriminierung ist die Rede, wenn scheinbar neutrale Kriterien bestimmte Personen benachteiligen. Beispiel: Im Altenheim soll eine Stelle als Küchenhilfe besetzt werden. Voraussetzung ist, dass Bewerber einen Deutsch-Test absolvieren, obwohl Deutschkenntnisse für die Tätigkeit nicht nötig sind - diese Vorgabe diskriminiert laut Franke Migranten.

Diskriminierung kann auch von Kollegen ausgehen. Da macht sich etwa jemand über die Homosexualität eines anderen lustig. Oder bringt anzügliche Sprüche über das Aussehen von Kollegen. „Solche und andere Sprüche muss sich am Arbeitsplatz niemand bieten lassen, und zwar unabhängig von rechtlichen Folgen“, betont Micha Klapp.

Arbeitgeber ist in der Pflicht

Daneben ist der Arbeitgeber in der Pflicht. Unternehmen sind verpflichtet, innerbetrieblich Personen zu benennen oder Stellen einzurichten, die sich um die Gleichbehandlung von Mitarbeitern kümmern. „Bei kleineren Mittelständlern, die solche Stellen nicht vorhalten, sollten sich Beschäftigte, die sich diskriminiert fühlen, direkt an ihren Chef wenden“, erklärt Schipp. Dem Chef obliegt es dann, den Sachverhalt zu klären und je nach Fall eine Abmahnung, Versetzung oder Kündigung in Erwägung zu ziehen.

Allerdings kommt es vor, dass Arbeitgeber Opfer von Diskriminierung nicht hinreichend unterstützen. „In einem solchen Fall haben Beschäftigte ein Arbeitsverweigerungsrecht“, sagt Schipp. Diese Variante kommt infrage, wenn es eindeutige Beweise für die Diskriminierung gibt - ansonsten besteht das Risiko einer Kündigung. Eine weitere Option kann sein, den Arbeitgeber zu verklagen. Ist die Klage erfolgreich, steht dem Kläger Schadenersatz zu. Betroffene sollten sich von einer Gewerkschaft oder einem Anwalt beraten lassen.

Letztendlich muss es aber nicht so weit kommen. Führungskräfte und Beschäftigte sollten aus DGB-Sicht Schulungen besuchen, bei denen sie für Diskriminierungen sensibilisiert und über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden. Solche Schulungen muss der Arbeitgeber nach dem AGG anbieten. „Wenn sich Kolleginnen und Kollegen gemeinsam gegen diskriminierendes Verhalten im Betrieb einsetzen, dann ist für alle viel gewonnen“, so Klapp.