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Der ehemalige stellvertretende Landrat des Kreises Esslingen, hofft, dass die Paralympics in Südkorea dazu beitragen, den Umgang mit Behinderten zum Positiven zu verändern.

PyeongchangMatthias Berg, Co-Moderator des ZDF bei den Übertragungen der Paralympics in Südkorea, ist erstaunt über die Freundlichkeit, mit der die Behindertensportler in Pyeongchang empfangen werden. „Was wir hier vor Ort erleben, ist ausschließlich große Hilfsbereitschaft“, sagt der 56-jährige ehemalige stellvertretende Esslinger Landrat. Für den contergangeschädigten mehrfachen Medaillengewinner bei Sommer- und Winter-Paralympics ist dies beileibe keine Selbstverständlichkeit. Denn in Südkorea haben es Behinderte schwer. Oft werden sie ausgegrenzt. „Der Buddhismus, der hier vorherrschend ist, steht einer Inklusion im Weg. Behinderung heißt für viele Menschen hier, dass jemand in seinem Vorleben ein schlechter Mensch war und jetzt dafür seine Strafe erhält“, sagt Berg.

Der gebürtige Dortmunder, der seit 2000 als Fernsehmoderator arbeitet, hofft, dass die Paralympics in Südkorea dazu beitragen, den Umgang mit Behinderten zum Positiven zu verändern. „Hier in Pyeongchang herrscht weitgehend Barrierefreiheit. Wie es allerdings außerhalb aussieht, kann ich nicht beurteilen. Aber Fortschritte sind unverkennbar“, sagt Berg. Die Paralympics können seiner Meinung nach durchaus einen Schub geben. „Sport bietet behinderten Sportlern, Inklusion zu erleben und Selbstbewusstsein aufzubauen“, sagt Berg. Für ihn ist es wichtig, den Blick nicht auf das Defizit eines Menschen zu richten, sondern darauf, „welche besondere Gabe oder Begabung jemand hat“. Entscheidend sind für ihn beim Sport „Lebensfreude und Leistungsbereitschaft“. Insofern können Sportler mit Handicap auch Vorbild für nicht-behinderte Menschen sein.

Im Behindertensport hat sich diesbezüglich einiges getan. Im Jahr 1984 noch hat sich Los Angeles geweigert, nach den Sommerspielen die Paralympics auszurichten. Vier Jahre später in Südkoreas Hauptstadt Seoul wurden beide Veranstaltungen zum ersten Mal am gleichen Ort ausgetragen.

Dass im Behindertensport auch unerlaubte Mittel eingenommen werden, ist wohl oder übel eine Begleiterscheinung der Emanzipation. Zum Thema Doping hat Berg eine klare Meinung: „Solange die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA die RUSADA nicht anerkennt und Russland den McLaren-Report nicht anerkennt, muss das russisches Paralympic Committee ausgeschlossen bleiben. Das gleiche gilt für die Athleten.“

Vom bisherigen Abschneiden der deutschen Sportler in Pyeongchang ist Berg angetan. „Die Frauen, allen voran die Skirennfahrerin Anna Schaffelhuber, sind super. Die Männer müssen allerdings noch nachlegen“, sagt Berg. Positiv überrascht haben ihn die deutschen Rollstuhl-Curler, die nach fünf Spielen vier Siege gefeiert haben.

Die Zeitumstellung hat der gelernte Jurist längst bewältigt. „Man darf am Anfang nicht vor 23 Uhr ins Bett gehen und den Wecker auf 7 Uhr stellen. Dann geht das schnell“, sagt Berg, der an der Seite von ZDF-Moderator Yorck Polus die Sendungen fachkundig begleitet.

Selbst zum Skifahren kommt er kaum. Schließlich fordert die Arbeit für das ZDF vollen Einsatz. „Wir sind permanent auf der Suche nach Geschichten“, sagt Berg. Und diesbezüglich gibt es bei den Paralympics reichlich.

Zur Person

Matthias Berg war bis 2015 stellvertretender Landrat im Landratsamt Esslingen. Als Behindertensportler war der Horn-Solist von 1980 bis 1994 Mitglied der Ski-Nationalmannschaft. Von 1980 bis 1992 gehörte er zur Nationalmannschaft Leichtathletik der Behinderten. In dieser Zeit war er bei allen Paralympics (27 Medaillen – 11 mal Gold, 10 mal Silber und 6 mal Bronze) und Weltmeisterschaften am Start. Berg ist bei Paralympics-Übertragungen Co-Moderator des ZDF. Außerdem ist er als Referent und Motivationstrainer tätig.