Von Dagmar Weinberg

Héros ist ein freundlicher Hund. Wer Karl-Heinz Klink besucht, wird überschwänglich begrüßt. Noch größer ist die Freude, wenn sein Besitzer in die Gummistiefel steigt, sich die Allwetterjacke überstreift, den fünfjährigen italienischen Wasserpudel an die Leine nimmt und das Gütle ansteuert, das der Dusslinger vor vielen Jahren im südlich von Tübingen gelegenen Steinlachtal gekauft hat. Denn dort wächst das, was Héros am liebsten riecht: Trüffel.

Dass die teuersten Pilze der Welt in Italien und Frankreich gedeihen, ist bekannt. Aber am Fuß der Schwäbischen Alb? „Der deutsche Wald ist voll von Burgundertrüffeln, auch bei uns hier in der Gegend“, sagt Karl-Heinz Klink. „Denn im Burgund herrscht das gleiche Klima wie in Württemberg.“ Das wusste auch der Herzog von Württemberg, der im 18. Jahrhundert regelmäßig Trüffeljäger nach Bad Urach und in die Gegend rund um Kirchheim entsandt hat. Doch sollte man sich heute hüten, es den herzoglichen Jägern gleichzutun. Laut Bundesartenschutzverordnung gehören die einheimischen Trüffeln zu den besonders geschützten Arten. Und somit ist Ausbuddeln streng verboten.

In privaten Plantagen dürfen die edlen Pilze aber angebaut werden. So hat Karl-Heinz Klink vor fast zehn Jahren das Experiment gewagt. Dass sich daraus eines Tages ein Geschäft entwickeln und es ihm sogar gelingen sollte, im rauen Albklima nicht nur die heimischen Burgundertrüffel, sondern auch Perigordtrüffel zu kultivieren, ahnte der Hobby-Jäger damals freilich noch nicht. Im Lauf seiner Jagd-Ausbildung hatte der Zimmermeister und studierte Betriebswirt eines Tages gehört, „dass jemand in Bebenhausen Trüffeln entdeckt hat“. Karl-Heinz Klink beschäftigte sich daraufhin intensiv mit den Edelpilzen, besuchte Trüffelbaumschulen, besorgte sich mit Trüffelsporen beimpfte Pflanzen und begann, seine Steirische Rauhhaarbracke Bobby nicht nur für die Jagd, sondern auch zur Trüffelsuche auszubilden. „Wenn ich die zuhause versteckt habe, hat das zwar geklappt. Aber sobald wir in der Plantage waren, wollte Bobby von Trüffeln nichts mehr wissen“, erzählt Karl-Heinz Klink. „Er ist und bleibt halt ein Jagdhund.“

Ganz anders Héros, ein Lagotto Romagnolo, dessen Familie zu den Wasserhunden gehört. „Sie sind ausdauernd und sensibel“, beschreibt Klink den Charakter seiner weiß-gelockten Spürnase. „Und man nennt sie auch Lagunenhunde, weil sie gezüchtet worden sind, um bei Jagden geschossene Enten zu apportieren.“ Im Alter von gut vier Monaten hat Karl-Heinz Klink den in einer provenzalischen Trüffelbaumschule aufgewachsenen Vierbeiner nach Dusslingen geholt. „Er wurde am 16. Mai 2012 geboren und hat exakt fünf Monate später seine erste Trüffel gefunden.“ Seither gehen Hund und Herrchen nicht nur regelmäßig im eigenen Trüffelhain auf die Suche nach dem Edelpilz, sondern beweisen auch bei Kunden Spürsinn. „Denn die wenigsten haben einen Trüffelhund.“

Vor einigen Jahren hat Karl-Heinz Klink sein Hobby zum Beruf gemacht und ein Gewerbe als Generalimporteur französischer Trüffelpflanzen angemeldet. Gehörten zu Beginn vornehmlich „Frauen aus dem akademischen Bereich, die einen großen Garten haben und den Wert von Trüffeln kennen“ zu den Kunden, beliefert der Dusslinger, inzwischen Gütlesbesitzer, Nebenerwerbs-Wengerter oder Landwirte, „die einen Teil ihrer Wiesen stillgelegt haben“. Zwar müsse man auch eine Trüffelplantage pflegen und dort das Gras mähen. Das sei jedoch längst nicht so viel Arbeit, wie einen Stall voller Kühe zu versorgen. „Die Ernte ist aber trotzdem sehr arbeitsintensiv“, schildert der Fachmann. „Deshalb taugen Trüffel auch nicht zum Massenprodukt und werden nie billig zu haben sein.“

Zum Trüffelanbau braucht man aber nicht unbedingt ausgedehnte Ländereien. „Da reicht auch eine Hainbuchenhecke, die man als Sichtschutz im Vorgarten pflanzt.“ Allerdings muss der Boden stimmen. Während Burgundertrüffel unempfindlich gegen Frost sind und eher halbschattige Lagen sowie humusreiche, feuchte Böden mögen, braucht die Perigord-Trüffel volle Sonne. Der Boden sollte schotterartig, kalkhaltig und mager sein. Zusammen gedeihen die beiden Sorten allerdings nicht. „Wenn man auf einem für Perigordtrüffel geeigneten Gelände Burgundertrüffel setzt, wird der immer den Perigordtrüffel verdrängen.“

Wer auf seinem eigenen Grund und Boden die warzigen Pilze ernten möchte, muss sich allerdings in Geduld üben. „An einem beimpften Baum kommen nach sechs oder sieben Jahren die ersten Trüffel an die Oberfläche“, weiß der Experte, der nur zertifizierte Pflanzen anbietet. So verwenden seine Geschäftspartner in Frankreich - auch dort stammen inzwischen rund 90 Prozent der Pilze von Plantagen - ausschließlich sogenanntes ZÜF-zertifiziertes Saatgut von Rotbuchen oder Hainbuchen. „Das Saatgut hat aber noch nichts mit den Trüffeln zu tun“, erklärt Klink. „Denn das wichtigste an einer Trüffelpflanze ist die Trüffelmykorrhiza, von der aus dann die Pilzfäden wachsen.“ Auch bei der Trüffelmykorrhiza achtet der Geschäftsmann darauf, dass sie durch das französische „Centre technique interprofessionel des fruits et légumes“ geprüft und zertifiziert ist. „Das, was in der Natur durch Zufall passiert, wird in den Trüffelbaumschulen gesteuert.“

Die erfolgreiche Zucht von Burgundertrüffeln motivierte den Dusslinger, es auch mit der deutlich geschmacksintensiveren Perigordtrüffel zu probieren. Die beginnt Ende November zu reifen. Der Edelpilz verströmt seinen intensiven Geruch allerdings erst, wenn die Sporen reif sind. „Eine unreife Trüffel schmeckt wie Zeitungspapier“, berichtet Karl-Heinz Klink, der seit 40 Jahren das Wetter in Europa beobachtet. Dabei ist dem 57-Jährigen aufgefallen, „dass sich unser Klima und der mediterrane Winter immer mehr angleichen. Auch bei uns blüht es an Weihnachten und im südlichen Frankreich gibt es inzwischen Frost.“ Durch den Klimawandel habe sich die submediterrane Zone der Kaiserstuhlregion, wo mit der Muskattrüffel eine nahe Verwandte der Periogordtrüffel vorkommt, inzwischen „bis mindestens zur Mainlinie Richtung Norden verschoben“. Ein paar Minusgrade machen der Perigordtrüffel nichts aus. „Sie braucht sogar ein wenig Frost.“ Sinken die Temperaturen dann aber im Verlauf des Winters zu weit in den Keller „ist mit der Trüffelernte Schluss“.

Bis es soweit ist, gehen Karl-Heinz Klink und sein „Held der Trüffel“ im Spätherbst und Winter alle paar Tage im heimischen Hain auf die Pirsch. Hat Héros einen der intensiv riechenden Pilze gewittert, gibt es kein Halten mehr. Nachdem der Vierbeiner die Stelle angezeigt hat, an der sich das Objekt der Begierde unter einer Erdkruste versteckt, greift sein Herrchen zur Schaufel. Zunächst lockert Klink vorsichtig den Boden und gräbt dann tiefer. Wenig später hält er eine herrlich duftende Perigordtrüffel in der Hand. Natürlich vergisst er seinen treuen Gefährten nicht, der brav Platz genommen hat. Nach erfolgreicher Suche bekommt Héros das, was er am liebsten mag: eine ordentliche Portion Leberwurst.

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