Gärtnermeister Jürgen Schneider war viele Jahre in der Jury des Blumenschmuck-Wettbewerbs aktiv. Quelle: Unbekannt

Von Dagmar Weinberg (Text) und Roberto Bulgrin (Fotos)

Gut 5000 Begonien hat Jürgen Schneider in den vergangenen Wochen pikiert. Jetzt stehen die jungen Pflänzchen sauber aufgereiht in einem seiner Gewächshäuser und werden, wie all die anderen selbst gezogenen Fensterblümle, liebevoll gehegt und gepflegt. „Das ist zwar viel Arbeit, aber es macht auch unheimlich viel Freude, die Pflanzen wachsen zu sehen“, sagt der Gärtnermeister, der die zur Familie der Schiefblattgewächse gehörenden Blumen nicht zuletzt wegen ihrer Vielfalt schätzt. Mehr als 1400 Arten werden dieser Pflanzengattung zugerechnet, die damit zu den artenreichsten überhaupt gehört. Jahr für Jahr kommen neue Sorten auf den Markt - zum Beispiel Duftbegonien, die in Gelb-Orange, Apricot oder Zitronengelb blühen. Die machen sich auch bestens in Balkonkästen und verströmen vor allem vormittags einen herrlichen Duft. „Pflanzen sollen ja nicht nur ein Erlebnis fürs Auge bieten“, findet der Gartenexperte, der viele Jahre lang Mitglied der Jury des Esslinger Blumenschmuckwettbewerbs war. Ein Engagement, das ihm am Herzen lag. „Gerade weil das innerstädtische Grün immer mehr zurückgeht, ist es wichtig, dass die Bürger ihre Balkone und Gärten bepflanzen und dadurch Bienen und Insekten einen Lebensraum bieten.“

Die Freiland-Begonien sind aber nicht nur schön anzuschauen. Sie haben den Vorteil, dass sie auch kürzere Durststrecken überstehen. „Und die meisten Sorten, die bei uns kultiviert werden, gedeihen sehr gut im Halbschatten.“ Dort harmonieren sie unter anderem mit Fleißigen Lieschen, den in kräftigem Blau blühenden Lobelien, dem filigranen Zauberschnee oder blauen Gänseblümchen. Für schattigere Plätze sind natürlich auch Fuchsien - ob stehend, hängend oder als Bäumchen - gut geeignet. Wobei es inzwischen auch Fuchsien gibt, die sich in der prallen Sonne wohlfühlen.

Im Gegensatz zum Fensterblümles-Klassiker Geranie macht den Begonien Nässe nicht allzu viel aus. „Geranien lieben die volle Sonne. Aber vor allem die stehenden Sorten sollten vor Regen geschützt stehen, weil sonst die Blüten faulen und sie ihr Wachstum zurückfahren“, erklärt der Gärtnermeister. Entscheidet man sich an vollsonnigen Plätzen hingegen für Margeriten, Wandelröschen, Sonnenbegonien oder die zur Familie der Eisenkrautgewächse gehörenden Verbenen braucht man sommerliche Regengüsse nicht zu fürchten.

So verführerisch die Balkonpflanzen schon jetzt in den Gewächshäusern leuchten. Zu früh sollte man sie selbst im milden Neckartal nicht an die frische Luft setzen. „Bei meinen Großeltern und Eltern war die Faustregel, dass Fensterblümle erst nach den Eisheiligen Mitte Mai nach draußen sollen“, berichtet Jürgen Schneider. „Vorher sind die Nächte einfach noch zu kalt und die Sommerblumen kommen im Wachstum nicht so richtig voran.“ Den Rat, die „kalte Sophie“ abzuwarten, gibt er vor allem all jenen Kundinnen und Kunden, die Blühendes für den Friedhof oder ihre Gartenbeete suchen. Bekomme zum Beispiel eine Beetbegonie Frost, „dann zermatschen die Blüten und die Pflanze wird in ihrem gesamten Wachstum um vier Wochen zurück geworfen“, erläutert der Experte. „Das ist wie eine Erkältung bei uns Menschen.“ Den Balkon oder die Terrasse könne man jedoch schon ein paar Tage vor den Eisheiligen mit Sommerblumen schmücken. „Dort kann man die Pflanzen, wenn noch mal sehr kühles Wetter angesagt ist, ja zur Not abdecken oder sie vorübergehend nach drinnen holen.“

Damit die Fensterblümle im Sommer nicht schlapp machen, reicht es nicht aus, sie nur regelmäßig zu gießen. Vielmehr rät Jürgen Schneider, schon bei der Auswahl der Pflanzen genau hinzuschauen, woher sie kommen und unter welchen Bedingungen sie großgezogen worden sind. Und da plädieren der Gärtnermeister und seine in der Kreisgruppe organisierten Kollegen nicht zuletzt wegen der Ökobilanz für heimische Gewächse. „Weil wir die Pflanzen vor Ort selber ziehen, fallen lange Transportwege weg.“ So wird die Umwelt geschont. „Da wir die Pflanzen bis zum Verkauf in unseren Gewächshäusern haben, werden sie optimal mit Licht und Wasser versorgt, sind dadurch widerstandsfähiger und ganz frisch.“ Zudem gehe der Kunde nicht das Risiko ein, „dass die Pflanze mit irgendwelchen Stoffen behandelt worden ist, die bei uns gar nicht mehr zugelassen sind“. Schließlich müssen sich die Gartenbaubetriebe vor Ort an das deutsche Pflanzenschutzrecht halten.

Doch alle Mühe bei der Aufzucht ist vergebens, wenn die Kunden an der Erde sparen. „Mit einem schlechten Boden kann man auch unter optimalen Bedingungen aufgezogene Pflanzen vernichten“, sagt Jürgen Schneider. In hochwertigem Pflanzsubstrat stecken bereits so viele Nährstoffe, dass die Jungpflanzen in den ersten vier bis sechs Wochen ausreichend versorgt sind. Erst danach rät der Gärtnermeister den Balkonkästen oder Pflanzkübeln Dünger zu spendieren. „Am einfachsten ist es natürlich den Langzeitdünger in Kügelchenform zu nehmen, denn damit hat man den Sommer über Ruhe.“ Wer flüssig düngt, sollte die Balkon- und Beetpflanzen hingegen wöchentlich füttern. Das Geheimnis eines üppigen Sommerflors liegt aber nicht nur im Düngen und regelmäßigen Gießen. Spätestens alle zwei Wochen sollten die verwelkten Blüten abgezupft werden. „Lässt man die Samenstände stehen, dann hören die Blumen irgendwann auf zu blühen.“ Damit der Blütenzauber auf dem Balkon, der Terrasse und im Garten bis in den Herbst hinein hält, kann man auch ruhig zur Schere greifen. „Viele Balkonblumen sind schnittverträglich und nehmen das nicht übel“, erklärt Jürgen Schneider. „Wenn man zum Beispiel Lobelien kräftig herunterschneidet, blühen sie nach zwei Wochen wieder ganz herrlich.“

Tipps rund um die Fensterblümle gibt es am Mittwoch, 26. April, ab 11 Uhr rund um den Löwenbrunnen am Esslinger Münster St. Paul. Die Gärtner der Kreisgruppe Esslingen-Nürtingen haben einen prominenten Gast eingeladen. Volker Kugel, Direktor des Blühenden Barocks in Ludwigsburg und Moderator der SWR-Sendung „Grünzeug“ kommt nach Esslingen. Gemeinsam mit OB Jürgen Zieger wird er die Balkonpflanze des Jahres offiziell taufen.