Ein neues E-Auto soll her. Anke Holst und Tanja Herbrik von der Diakonie wissen bereits, wie sie die Spenden der EZ-Leser investieren wollen. Foto: Kaier - Kaier

Menschen mit psychischen Erkrankungen finden im Zentrum für Arbeit und Kommunikation (ZAK) Arbeit. Für die Aufträge, die von externen Firmen kommen, braucht das ZAK einen neuen Transporter.

Esslingen Handgefertigtes steht im Kreativbereich zwar wieder hoch im Kurs. In der Industrie wird aber immer mehr Handarbeit von Maschinen übernommen oder in Billiglohnländer ausgelagert. Das erlebt man auch im Esslinger Zentrum für Arbeit und Kommunikation (ZAK). „Der Anteil an Handarbeit geht in der Industrie schon seit Jahren kontinuierlich zurück“, sagt Mechanikermeister Andreas Graf, der selbst aus der Industrie kommt und seit Jahren im ZAK die Werkstatt leitet. Da es in der Region glücklicherweise noch Firmen gibt, die darauf setzen, dass ihre Aufträge qualitativ hochwertig und zuverlässig vor Ort erledigt werden, ist die Werkstatt zurzeit gut ausgelastet. „Wir profitieren natürlich auch von der guten Konjunktur.“ Um das Material bei den Auftraggebern abzuholen und die fertigen Werkstücke pünktlich wieder abzuliefern, ist der weiße Transporter, der seit zehn Jahren im ZAK seine Dienste tut, im Dauereinsatz. Da der Sprinter inzwischen mehr als 200 000 Kilometer auf dem Tacho hat. „ist er ziemlich am Ende, sodass die Rechnungen für Reparaturen immer höher werden“, erklärt ZAK-Leiterin Angelique Miksa. Ein weiteres Problem ist der Motor. „Es ist ein Euro-4-Diesel, und damit werden wir nach Stuttgart nicht mehr reinkommen“, sagt Andreas Graf. Mithilfe der Leserinnen und Leser der EZ soll dem ZAK bei der Anschaffung eines neuen Transporters unter die Arme gegriffen und somit die Zukunft der Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Erkrankungen gesichert werden.

Als Tagesstätte bietet das vom Verein für Sozialpsychiatrie getragene Zentrum für Arbeit und Kommunikation seit mehr als 40 Jahren Menschen einen Treffpunkt, die unter einer chronischen psychischen Erkrankung leiden. „Wir gehen bei unserer Arbeit davon aus, dass es robustere und verletzlichere Menschen gibt“, erklärt Angelique Miksa. Während es den Robusteren eher gelinge, mit Lebenskrisen fertig zu werden, „werfen Gewalt, Vernachlässigung in der Kindheit, traumatische Erlebnisse oder ein Schicksalschlag wie Arbeitslosigkeit, Trennung oder der Tod eines nahen Angehörigen die Dünnhäutigeren oftmals aus der Bahn“. Und das passiert immer öfter. „Die Verdichtung der Arbeit nimmt zu, und so wird der Druck immer größer“, stellt die Sozialarbeiterin fest. Internet, Smartphone und die damit einhergehende ständige Erreichbarkeit tun ein Übriges hinzu. „Inzwischen landen auch immer mehr junge Leute bei uns an.“

Herzstück des ZAK ist das Café in der Franziskanergasse, in dem sich die Tagesgäste sowie die Mitarbeiter aus den Werkstätten in gemütlicher Runde treffen, einen kleinen Imbiss oder ein frisch gekochtes Mittagessen genießen können. Wem es im Café zu turbulent zugeht, der kann sich in den Igel-Raum zurückziehen. Zudem ist das Café Ausgangspunkt für zahlreiche Aktivitäten. Dort treffen sich Gesprächs- und Selbsthilfegruppen, die Räume bieten Platz für Feiern, Veranstaltungen und Vernissagen. „Auch Besucher, die etwas besonders gut können, machen hier Gruppenangebote“, berichtet die Leiterin. Ob ein gemütlicher Plausch, ein gemeinsames Mittagessen, ein Gesprächskreis oder ein Ausflug: „ Es geht hier um all das, was zu einem normalen Leben dazu gehört, also wieder Struktur und Beständigkeit in den Alltag zu bringen und Gemeinschaft zu erleben“, erklärt die ZAK-Leiterin, die über den Schutzraum mitten in der Esslinger Altstadt sehr froh ist. „Im Rahmen von Veranstaltungen öffnen wir auch unsere Pforten, sodass unsere Tagesgäste Kontakt in die Gemeinde bekommen.“ Denn Kontakte sind für die Besucherinnen und Besucher das A und O. Weil durch die jahrelange Krankheit mitunter alle Brücken abgebrochen sind, „sind manche total vereinsamt und haben nur noch das ZAK“. So hören Angelique Miksa und ihr Team immer wieder, „dass wir hier ihre Familie sind“.

Das soziale Miteinander spielt, neben der Stabilisierung und Qualifizierung, auch in der Werkstatt eine große Rolle. Dort haben chronisch kranke Menschen die Möglichkeit, sich zur Grundsicherung oder ihrer kleinen Rente noch ein paar Euro hinzu zu verdienen. „Da wir sehr niedrigschwellig arbeiten, kann man auch mal nur für zwei Stunden kommen“, erläutert Angelique Miksa. „Es tut der Psyche einfach gut, wenn man merkt, dass man noch was hinkriegt“, beobachtet Andreas Graf. Er leitet auch Langzeitarbeitslose an, die vom Esslinger Job Center ins ZAK vermittelt werden. Zudem wird in der Franziskanergasse in Kooperation mit der Panoramaklinik ambulante Arbeitstherapie angeboten. „Diese Beschäftigten, die über die Krankenkassen eine Heilmittelverordnung haben, testen hier aus, wie hoch sie sich belasten können. Das ist dann auch ein Clearing, ob sie es wieder in den ersten Arbeitsmarkt schaffen können“, erklärt die Sozialarbeiterin. Die Mitarbeiter der Werkstätten erledigen aber nicht nur Aufträge externer Firmen. Im ZAK werden Bio-Mülltüten sowie viele hübsche Kleinigkeiten und Geschenke aus Papier produziert. In der Kreativwerkstatt herrscht zurzeit Hochbetrieb. Denn am 12. Dezember präsentieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums für Arbeit und Kommunikation ihre Produkte erstmals auf dem Esslinger Weihnachtsmarkt – und hoffen auf gute Geschäfte. Denn auch Anerkennung tut der Seele gut.

„Es ist schön zu sehen, wie sich viele unserer langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verändern und so weit stabilisieren, dass sie heute ohne Klinikaufenthalte auskommen“, sagt Angelique Miksa. Auch der Fahrer des weißen Transporters hat es geschafft, wieder Fuß zu fassen. „Er kommt aus dem Personenkreis des ZAK und hat sich über einen Minijob zur Festanstellung hochgearbeitet“, berichtet die Sozialarbeiterin. Derartige Entwicklungen gemeinsam mit dem Team anzustoßen und zu begleiten, „verleiht auch unserer Arbeit Sinn“.