Bereits mehrfach sind die neuen Jagdpächter am Kappelberg in Fellbach zu Wildunfällen gerufen worden – weil Autofahrer nicht den Fuß vom Gaspedal nehmen.
Nein, die ersten Wochen in ihrem neuen Revier am Kappelberg hatten sich Patrick Traub und Philipp Schmitt eher nicht so vorgestellt. Im März haben die zwei Waidmänner aus Waiblingen und Schwaikheim gemeinsam mit Mitpächter Volker Schwörer das Gebiet Fellbach-Ost übernommen. Doch statt das Gewehr vom Hochsitz aus auf jagdbare Tiere richten zu können, mussten die beiden Naturfreunde sich inzwischen schon mehrfach als Unfallhelfer betätigen – weil auch am Kappelberg mehr Verkehr herrscht, als den Jägern lieb sein kann, werden fast mehr Tiere totgefahren als totgeschossen.
Immer wieder meldet sich die Polizei für die Aufräumarbeiten nach dem Unfall
Das gilt vor allem fürs Rehwild. Weil die Muttertiere nach der Paarungszeit in diesen Wochen ihre Jungen auf die Welt bringen, herrscht in Feld, Wald und Flur aktuell deutlich mehr Betrieb. Das Problem: Nicht alle Autofahrer nehmen darauf auch Rücksicht. „Auf der Kappelbergstraße wird teilweise gerast wie die gesengte Sau“, weiß Patrick Traub bereits nach wenigen Wochen von der Dauerklage vieler Anwohner über den abendlichen Freizeitverkehr. Bereits Ende Mai hatte der 34-Jährige einen Anruf von der Polizei erhalten. Spaziergänger hatten am Rand der Kappelbergstraße ein verunfalltes Rehkitz entdeckt und eine Streife alarmiert. Die wiederum meldete sich für die Aufräumarbeiten bei den neuen Jagdpächtern. Retten konnten die Waidmänner das Jungtier nicht mehr – es erlag noch am Unfallort seinen schweren Verletzungen.
Nur wenige Tage später fand eine Clique beim Gassigehen mit dem Hund auf dem Weg von der Rommelshauser Straße zur Spinne eine offenbar ebenfalls von einem Auto angefahrene Geiß. „Die Passanten sind vor Ort geblieben, bis wir eingetroffen sind, und haben das noch lebende Reh vor den vorbeifahrenden Autos geschützt, wofür wir sehr dankbar sind“, berichtet Patrick Traub von der Entdeckung. Leider war das Tier so schwer verwundet, dass die Jäger es nicht mehr retten, sondern nur noch erlösen konnten. „Das Traurige ist, dass das Reh ein prall gefülltes Gesäuge hatte. Wir müssen deshalb davon ausgehen, dass auch ihre ein oder vielleicht sogar zwei Rehkitze sterben werden, weil sie von ihrer Mutter nicht mehr versorgt werden können“, sagen die Jäger.
Bei Waiblingen-Neustadt gab’s in einem Jahr gleich 16 überfahrene Rehe
Eine verlässliche Statistik, wie viele Rehe unter die Räder kommen, gibt es laut Traub und seinen Mitstreitern für den Rems-Murr-Kreis nicht. Er weiß von einem Revier bei Neustadt, wo in einem Jahr gleich 16 Tiere verunglückt sind. Ebenfalls bekannt für hohe Unfallzahlen mit Wild sei Schwaikheim. Aus Sicht der Jäger wäre deshalb schon viel geholfen, wenn Autofahrer bei der Überlandfahrt im Frühsommer wie in der Brunftzeit den Fuß vom Gaspedal nehmen würden.