Trauer für die Verstorbene im vergangenen September in Wiesloch. Foto: dpa/Dieter Leder

Eine Frau ist in einem Geschäft in Wiesloch niedergestochen worden und gestorben. Nun steht der Prozess gegen einen Mann an, der aus der Psychiatrie geflohen war. Der Vorfall hat weitere Konsequenzen.

Nach einem tödlichen Messerangriff auf eine Frau mutmaßlich durch einen Psychiatrie-Patienten in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) im Herbst hat das Psychiatrische Zentrum Nordbaden (PZN) mit Stadt und Polizei am Sicherheitskonzept gearbeitet. So seien etwa Schnittstellen zwischen Polizei und PZN optimiert worden, teilten Einrichtung und Stadt mit. An diesem Dienstag soll der Prozess gegen den Mann beginnen. 

Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg etwa habe vor allem die Gebäudesicherheit in den Blick genommen, hieß es weiter. „Die bestmögliche Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger hat für uns oberste Priorität und wir werden weiterhin alles tun, um solche tragischen Vorfälle künftig zu vermeiden“, sagte Oberbürgermeister Dirk Elkemann (parteilos).

Angriff mit einem Schälmesser

Im Fall einer sogenannten Entweichung im Maßregelvollzug – wenn also ein Patient unerlaubt fernbleibt oder weggeht – sollen zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Ort des Geschehens geleitet werden, wie PZN und Stadt darüber hinaus mitteilten. Alle Beschäftigten der forensisch-psychiatrischen Klinik hätten sogenannte Personennotrufgeräte, mit denen gleichzeitig viele Kolleginnen und Kollegen alarmiert werden können. Außerhalb der Stationsgebäude hätten die Beschäftigten zusätzlich ein Handy als Personennotrufgerät. Zudem wolle das PZN die Personalbesetzung „qualitativ und quantitativ auf bedarfsgerechtem Niveau“ sicherstellen, hieß es weiter - ohne konkrete Zahlen zu nennen.

Der psychisch kranke Mann soll das 30 Jahre alte, ihm unbekannte Opfer im September nach einer Flucht vom PZN-Gelände in der Wieslocher Innenstadt mit einem Schälmesser getötet haben. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, dass der zur Tatzeit 33 Jahre alte Somalier wegen Mordes wieder in die Psychiatrie soll. Die Anklagebehörde geht davon aus, dass der Beschuldigte an einer schweren psychischen Erkrankung leidet und bei dem Vorfall nicht in der Lage war, das Unrecht der Tat einzusehen. Das Landgericht Heidelberg hat sechs Verhandlungstermine bis in die zweite März-Hälfte hinein angesetzt. Es könnte sein, dass die Öffentlichkeit von Teilen des Verfahrens oder komplett ausgeschlossen wird. 

Der Mann war nach früheren Angaben infolge eines Gerichtsurteils seit 2021 wegen mehrerer Delikte wie vorsätzliche Körperverletzung und Nötigung auf einer geschlossenen Rehabilitationsstation im PZN untergebracht. Das nennt man Maßregelvollzug. Dieser ist für Straftäter vorgesehen, die zum Beispiel psychisch krank oder süchtig sind. Der Beschuldigte hatte den damaligen Informationen zufolge die fünfte von neun Lockerungsstufen erreicht.

Sozialministerium: alle Kliniken haben „umfassendes Sicherheitskonzept“

Die im Maßregelvollzug vorgesehenen Lockerungen seien weiterhin wichtiger Teil der Behandlung, erklärten Stadt und PZN. „Zumal es der gesetzliche Auftrag der forensisch-psychiatrischen Klinik ist, Patientinnen und Patienten nach hinreichenden Therapiefortschritten auf eine gesellschaftliche Wiedereingliederung vorzubereiten.“

Das für den Maßregelvollzug zuständige Sozialministerium erklärte, alle forensischen Kliniken in Baden-Württemberg hätten ein umfassendes Sicherheitskonzept, das baulich-technische, organisatorische und personelle Sicherungsaspekte umfasse. Für die Unterbringung von psychisch kranken Rechtsbrechern sei ein gestuftes Sicherungssystem eingeführt worden. Menschen mit sehr hohem Sicherungsbedarf könnten an den hierfür besonders spezialisierten Standort Wiesloch verlegt werden. „Aber nicht nur Mauern und Gitter tragen zur Sicherheit bei“, betonte das Ministerium. „Wesentlich ist es, Behandlungsfortschritte zu erreichen, indem mit medizinisch anerkannten Methoden und mit professioneller Beziehungsarbeit bestehende Erkrankungen und Störungen gebessert werden.“

Mit Blick auf den Schutz der Bevölkerung verwiesen Stadt und PZN auch auf einen SMS-Bürgerinformationsservice. Dieser werde wie bisher erst nach Absprache mit der Polizei ausgelöst, um eventuell nötige Polizeimaßnahmen nicht zu beeinträchtigen. Der SMS-Service sei von Anfang an für die Bürgerschaft als reines Informationsmedium für Abonnenten konzipiert worden und funktioniere nicht wie ein Alarm-Tool à la Katwarn.