2016 ist nicht nur ein Schaltjahr, sondern enthält zusätzlich eine Schaltsekunde. Die Ursache ist die Orientierung am Sonnenjahr. Foto: fotolia.com © Artur Synenko - fotolia.com © Artur Synenko

Der Zeitbegriff ist aus philosophischer Sicht nur schwer zu definieren. So sah etwa Augustinus die Zeit als Fantasiegebilde, da es weder Zukunft, noch Vergangenheit und Gegenwart gebe: Das Zukünftige sei noch nicht, das Vergangene sei nicht mehr, und die Gegenwart sei eine Grenze zwischen Zukunft und Vergangenheit, die bereits vorbei sei, sobald wir an sie denken.

Die objektiv messbare Zeit versucht dagegen, Halt und Organisation in die Welt zu bringen: Mit Kalendern kann die Zeit genau geplant werden und es ist möglich, Termine festzulegen. Dadurch verfügen wir über einen geregelten Jahresablauf. Dennoch ist nicht jedes Jahr gleich lang: Erst 2016 gab es im Rahmen des Schaltjahres wieder den 29. Februar. Doch wie kam es zur heutigen Zeitrechnung, und warum gibt es trotz der genauen Einteilung Schaltjahre?

Chronik der Zeitrechnung: Von altägyptisch zu gregorianisch

Früher stellten Kalender eine von einer höheren Macht vorgegebene Ordnung des Kosmos dar: Sie hatten eine große religiöse Bedeutung und orientierten sich je nach Kultur an der Sonne oder am Mond. Entscheidend war also immer das Verhältnis zwischen Erde, Sonne und Mond. Doch wie kam es zur heutigen Zeitrechnung?

Siriusstern als Ausgangspunkt: Zeitrechnung im Alten Ägypten

Der altägyptische Kalender umfasste 365 Tage, die auf 12 Monate mit jeweils 30 Tagen sowie fünf Zusatztage verteilt waren. Von großer Bedeutung für die Berechnung waren die Nilfluten, die für die Fruchtbarkeit des Landes sorgten und die mit dem Frühaufgang des Siriussternes zusammenfielen. Dieses astronomische Ereignis stellte den Ausgangspunkt des ägyptischen Jahres dar, das in drei Jahreszeiten eingeteilt wurde:

  • Zeit der Überschwemmung
  • Zeit des Sprießens
  • Zeit der Hitze

Da die Zeitrechnung nicht parallel zum Sonnenjahr verlief, war der ägyptische Kalender dem Sonnenkalender nach 1508 um ein Jahr voraus, so dass König Ptolemaios III. Euergetes einen zusätzlichen Schalttag im Vierjahres-Rhythmus einführte.

Orientierung am Mondjahr: Altrömische Zeitrechnung

Der altrömische Kalender orientierte sich am Mondjahr von 355 Tagen. Da die Mondphasen jedoch nicht mit dem Sonnenjahr und den Jahreszeiten übereinstimmten, verschoben sich die Monate immer wieder gegenüber den Jahreszeiten. Durch die Einführung von Schaltmonaten sollte diese Differenz ausgeglichen werden. Allerdings wurden sie ohne astronomischen Hintergrund festgelegt, weswegen die Zeitrechnung nicht mehr zuverlässig verlief.

Rückwärtszählung: Der Julianische Kalender

Abgelöst wurde der römische Kalender von dem von Gaius Julius Cäsar ins Leben gerufenen Julianischen Kalender. 153 vor Christus wurde der Jahresanfang auf den 1. Januar festgelegt, jedes vierte Jahr sollte statt der herkömmlichen 365 Tage über 366 Tage verfügen. Die Monate waren entweder 30 oder 31 Tage lang. Im Unterschied zur heutigen Zeitrechnung war die Tageszählung jedoch verkehrtherum: Die Tage wurden rückwärts bis zum nächsten Monatsbeginn gezählt.

Bis heute aktuell: Der gregorianische Kalender

1528 etablierte Papst Gregor XIII. den gregorianischen Kalender, wobei er sich am Julianischen Kalender orientierte, jedoch einige Verbesserungen einführte. So kam es zu einer neuen Berechnung des Ostertermins. Darüber hinaus wurden neue Regeln für das Schaltjahr festgelegt. Der gregorianische Kalender ist heutzutage weltweit etabliert und legt fest, dass das Jahr am 1. Januar beginnt und in der Regel 365 Tage hat. Alle vier Jahre gibt es jedoch einen zusätzlichen Schalttag, und zwar bei jenen Jahren, die durch vier, aber nicht durch 100 teilbar sind, sowie jenen, die ganzzahlig durch 400 teilbar sind.

Orientierung am Sonnenjahr: Warum wir das Schaltjahr brauchen

Obwohl der gregorianische Kalender für einen geregelten Jahresablauf mit einem fest definierten Jahresanfang und einer festgelegten Jahreslänge sorgt, findet alle vier Jahre ein Schaltjahr statt. Der Grund dafür ist, dass der gregorianische Kalender sich am Sonnenjahr orientiert, da es sich um einen Solarkalender handelt. Für uns ist ein Jahr also die Zeit, die die Erde braucht, um die Sonne einmal zu umrunden.

Da die Erde dafür jedoch nicht genau 365 Tage, sondern 365 Tage, fünf Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden braucht, geht die Zeitrechnung jedes Jahr etwa fünf Stunden vor. Würde weiterhin jedes Jahr nur aus 365 Tagen bestehen, würde sich im Kalender nach und nach alles verschieben und Silvester irgendwann beispielsweise im Hochsommer stattfinden: Die Jahreszeiten würden also nicht mehr zu den Monaten passen.

Um die Differenz auszugleichen und zu verhindern, dass das Kalenderjahr immer mehr vom Sonnenjahr abweicht, gibt es jedes vierte Jahr einen Schalttag. Denn nach vier Jahren summieren sich diese fünf Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden fast zu einem ganzen Tag. Da ein echter Vierteltag jedoch aus sechs Stunden und nicht aus fünf Stunden und 48 Minuten bestehen müsste, gibt es zusätzlich die Regel, dass volle Jahrhunderte nur dann ein Schaltjahr sind, wenn sie glatt durch 400 geteilt werden können.

Eine Sekunde mehr Zeit: Die Schaltsekunde

Doch die Zeitrechnung wird noch komplizierter: Da trotz des Schaltjahres immer noch minimale Abweichungen der Kalenderzeit vom Sonnenjahr übrig bleiben, wird in regelmäßigen Abständen eine Schaltsekunde eingeschoben. Diese Korrektur wurde 1972 eingeführt und fand seither 26 Mal statt, zuletzt am 30. Juni 2015. Auch 2016 ist es wieder soweit: Die Silvesternacht 2016/2017 wird eine Sekunde länger sein als üblich. Doch warum wird diese Schaltsekunde benötigt? Eine Erdumdrehung dauert nach der herkömmlichen Definition der Zeit über die Taglänge 24 Stunden, also 86.400 Sekunden. Doch seit längerem dreht sich die Erde zu langsam und braucht länger als 24 Stunden für eine Umdrehung.

Ursachen: Gezeiten und Wetterphänomene

Für die verlangsamte Erdrotation gibt es zwei Gründe:

  • Die Gezeitenreibung übt ein bremsendes Drehmoment auf die Erde aus, so dass die Tageslänge langsam, aber kontinuierlich zunimmt.
  • Das Wetterphänomen „El Niño“: Nicht nur die Temperaturen von Meer und Atmosphäre im Pazifik werden durch das Klimaphänomen „El Niño“ beeinflusst, sondern dieses verlangsamt auch die Erdrotation um etwa eine Millisekunde pro Tag.

Ausgleich durch die Schaltsekunde

Obwohl die Tage durch diese beiden Gründe zurzeit nur etwa zwei Millisekunden länger dauern, werden sie über die Jahrhunderte immer länger. Ohne Korrektur würde die Weltzeit irgendwann nicht mehr zum Stand der Sonne passen, weil der Höchststand der Sonne dann beispielsweise schon am Vormittag wäre. Um das zu verhindern, wird jedes Mal, wenn sich die Differenz zwischen Atomzeit und Weltzeit zu einer Sekunde aufsummiert hat, eine Schaltsekunde eingefügt.