Die Zeichnung aus dem Pfarrbuch aus dem Jahr 1766 zeigt, wie die Kapelle auf einem kleinen Hügel liegt. Quelle: Unbekannt

Sie hatten eine schwere Zeit hinter sich, die Bewohner des Dorfes Steinbach. Der 30-jährige Krieg war noch nicht lang vorbei und die Pest hatte die Steinbacher wohl auch nicht verschont. Im Jahr 1667 brachten sie wieder Energie genug auf, um eine Gelöbnis-Kapelle zu bauen. Ab morgen, zu Mariä Himmelfahrt, erinnert die Wernauer Geschichtsstube mit einer kleinen Ausstellung an den Bau vor 350 Jahren.

Von Roland Kurz

Der neugotische Marienaltar ist das einzige Schmuckwerk der Kapelle. Ansonsten findet man sechs einfache Holzbänke, gotische Fensterbögen, etliche Risse in der Wand und abgeschlagene Putzflächen. Das Türmchen mit Kupferdach besitzt nicht mal ein Kreuz. Dörthe Jakobs, Restauratorin beim Landesdenkmalamt, wertet die Kapelle dennoch als „Kleinod, in dem viel drin steckt“. Studenten, die an der Stuttgarter Hochschule zum Restaurator ausgebildet werden, untersuchten das Gebäude vor zwei Jahren. Die Fälldaten des Holzes bestätigten die Bauzeit um 1667. Nach der Bestandsaufnahme ist der Ostbereich der Kapelle so restauriert worden, dass der Marienaltar wieder aufgestellt werden konnte. Nächstes Jahr wird man die Arbeiten an der Ecke und im Schiff fortsetzen.

Ferdinand Schaller, Vorsitzender des Geschichtsvereins, hadert ein wenig mit der Restaurierung. Der neue Putz verdecke auch Reste alter Malereien aus dem 18. Jahrhundert. Er hätte sich ein offenes Zeitfenster gewünscht. An einer Stelle glaubt Schaller das Wappen derer von Liebenstein zu erkennen, die eine Zeit lang Ortsherren von Steinbach waren, also einem der Ortsteile des heutigen Wernau.

Die Wand habe sich in einem sehr fragilen Zustand befunden, „wie Blätterteig“, begründet Restauratorin Jakobs ihr Konzept. Jetzt seien die Malereien für spätere Generationen gesichert. Zudem sei es um ein einheitliches Erscheinungsbild der Kapelle gegangen, die ja von der Kirchengemeinde genutzt werde.

Vor 15 Jahren hatte der Förderverein Geschichtsstube die Außenrenovierung der Kapelle in Eigenregie gemacht. Neben vielen Arbeitsstunden war dazu eine einfallsreiche Spendenaktion nötig, um 100 000 Mark locker zu machen. Das Kirchlein wurde außen isoliert und die maroden Dachbalken ausgebessert oder ausgetauscht.

„Da fielen die Gläubigen in ihrer Dorfkirche St. Magnus auf die Knie und gelobten feierlich der Muttergottes eine Kapelle zu bauen, wenn sich der schwarze Tod vom Dorf wende.“ So schilderte Anton Denzinger im Wernauer Heimatbuch die Entstehungsgeschichte. Seine Quelle waren nicht näher bezeichnete Kirchenbücher. Laut Ferdinand Schaller ist das Dorf allerdings nicht von der Pest verschont geblieben. Als 1966 die alte St. Magnus-Kirche abgebrochen wurde, entdeckte man ein Pestgrab. Er sei selbst oben am Graben gestanden, erinnert sich Schaller. Knochen und Kalkschichten tauchten abwechselnd auf, ein klarer Hinweis auf die Seuche.

Bemerkenswert findet Schaller auch, dass die Kapelle 1724 geweiht wurde und deshalb die Heilige Messe gefeiert werden durfte. Die Steinbacher hatten also eine zweite Kirche bekommen. Die hatte drei Schutzpatrone: St. Sebastian und St. Rochus wider die Pest und den Heiligen Nepomuk gegen das Hochwasser des Steinbachs. Zwei Jahrzehnte später wurde an der Kapelle der Friedhof angelegt. 1980 wurde dieser Friedhof aufgehoben. Die Glocke der Maria-Hilf-Kapelle wird aber weiterhin zum Angelusgebet geläutet. Seit mehr als 40 Jahren zieht Josefine Stetter, über 90 Jahre alt, täglich das Glockenseil. Morgens und abends hat Heide Grasser die Aufgabe übernommen.

1992 wurde dann ein Heil- und Kräutergarten angelegt, den der Frauenbund von St. Magnus nach dem Vorbild des Klosters Reichenau pflegt. Im Garten findet man Thymian, Rosmarin, Dill und Lavendel, am Rand stehen auch ein paar Hortensien und Rosen. Ein schöner Platz, um inne zu halten und über die Stadt Wernau hinweg zu blicken.

Morgen wird man aber Kapelle und Garten nicht alleine genießen können. An Mariä Himmelfahrt zieht es die gut katholischen Wernauer zu ihrer Kapelle.

Um sechs Uhr in der Früh findet morgen eine Messe statt. Ab 14.30 Uhr lädt der Frauenbund zum Kaffeemittag ein. Um 18 Uhr beginnt der Gottesdienst mit Kräuterweihe.

Die Ausstellung zur Geschichte der Kapelle ist in den nächsten zwei Wochen zu sehen.