Christian Dörmann. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Eigentlich wollte der Autor im Café nur gemütlich frühstücken. Doch dann machten ihm Wespen sein Rührei streitig. An der Rechnung beteiligen wollten sie sich anschließend aber nicht.

EsslingenMan teilt ja gern, was man hat. Aber natürlich nicht mit jedem. Und schon gar nicht mit einer Spezies, die auf hinterhältige Art und Weise Strategien entwickelt hat, um ihre Opfer wehrlos zu machen.

Frohgemut setzt man sich am Esslinger Marktplatz an einem wunderschönen sommerlichen Samstagmorgen vor das Café und freut sich auf ein opulentes Frühstück. Das Treiben auf dem Wochenmarkt sorgt für beste Unterhaltung und der Herr Ober ist guter Laune – so wie die Gäste auch. Das bestellte Frühstück kommt, Platten und Näpfchen füllen den Tisch – das sieht alles sehr gut aus. Die eine Wespe, die wie eine Drohne über der Tafel kreist, nimmt man nur am Rande wahr und ist keineswegs beunruhigt. Schließlich sagen Fachleute, dass sich diese Insekten heuer eher rar machen, was eigentlich kein gutes Zeichen sei. Auch da mache sich eben der Klimawandel bemerkbar. Also frisch ans Werk. Das erste frische Brötchen wird gebuttert, und als Herausforderung könnte höchstens die schwere Entscheidung gelten, ob sich Rührei oder doch lieber Schinken als angemessener Auftakt eignet.

Und dann kommen sie: Überfallartig, gleich zu Hunderten, stürzen sich auf alles, was nach Nahrung aussieht, ignorieren empörte Blicke und jede verbale Missbilligung. Die eine Wespe von vorhin muss ihren Kumpels gepetzt haben, wo wehrlosen Menschen ein Frühstück serviert wird. Erstaunlich, mit welchem Tempo die Tierchen große Löcher in den gekochten Schinken fressen und wie viele Wespen in ein Marmeladennäpfchen passen. Es wird kein Unterschied gemacht: Herzhaft oder süß – die Wespen sind auf Beute aus und fühlen sich sicher in dem Bewusstsein, dass der informierte Mensch nicht damit beginnt, wie wild mit den Händen zu wedeln, weil die ungebetenen Gäste im Zweifelsfall stichhaltige Argumente dagegen hätten.

Also teilt man eben. In diesem Fall nicht gern und vergewissert sich vor jedem Biss ins Brötchen, dass man wirklich nur Teigware und Schinken erwischt, und nicht noch einen Mitesser. Die Frühstückslaune hat sich mittlerweile eingetrübt – zumindest was die zweibeinigen Gäste anbelangt. Auf den Vorschlag, die Rechnung zwischen Mensch und Tier aufzuteilen, lässt sich der Ober nicht ein. So dürfen sich die Wespen am Ende doch als eingeladen betrachten.