Radler und Autofahrer sind sich nicht immer einig. Die Stimmung im Straßenverkehr ist deshalb leider häufig angespannt. Foto: imago

Besonders für Radfahrende bietet der Straßenverkehr häufig heikle Situationen. Wir klären elf Irrtümer auf – von A wie Ampel bis Z wie Zebrastreifen.

Wer seinen Schimpfwortschatz erweitern will, braucht nur einen Tag lang durch Stuttgart zu radeln. Vor allem dort, wo sich Radfahrer mit Fußgängern oder Autofahrern die Verkehrsflächen teilen müssen, sind Konflikte programmiert. Wer darf wo und wie schnell fahren? Wer darf wen überholen? Da herrscht bei den Verkehrsteilnehmern oft Unklarheit – gemeckert wird im Zweifelsfall immer.

Auch wenn die oberste Grundregel der Straßenverkehrsordnung auf „gegenseitige Rücksicht“ verweist, herrscht im autodominierten Alltag nicht selten das Recht des Stärkeren. Radfahrende sind dafür moralisch im Vorteil; so sehen das zumindest viele, die sich in den Sattel schwingen. Doch wer Rad fährt, hat nicht nur Rechte, sondern muss, wie jeder und jede im Auto auch, Regeln einhalten. Dabei gibt es knifflige Situationen, die oft die Emotionen hochkochen lassen. Wir klären elf Irrtümer auf – von A wie Ampel bis Z wie Zebrastreifen.

Stau an der Ampel – und nun? Foto: imago/Tobias Steinmaurer

Ampel: Müssen sich Radfahrer bei Rot hinten anstellen?

Nein, sagt die Straßenverkehrsordnung: Ist ausreichend Platz vorhanden, dürfen Radfahrer mit angepasster Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht stehende Autos rechts überholen; ein Meter gilt als empfohlener Sicherheitsabstand. Aber Achtung, dabei sollten Radfahrende stets mit sich plötzlich öffnenden Autotüren rechnen. Durchschlängeln ist übrigens nur am rechten Straßenrand erlaubt, nicht zwischen zwei Autokolonnen.

Dank Zusatzschild geht’s hier weiter. Foto: lg/Julian Rettig

Einbahnstraße: Gilt die Einschränkung nur für Autofahrer?

Nein, auch Radfahrer müssen sich an die Einbahnstraßen-Regelung halten. Solche Straßen darf man nur in beide Richtungen mit dem Rad befahren, wenn ein Schild die Einbahn-Regelung explizit aufhebt.

Ohne Freigabe sind Gehwege tabu. Foto: lg/Leif Piechowski

Gehweg: Darf hier in Ausnahmesituationen geradelt werden?

Jein, das Radfahren auf dem Gehweg ist nur erlaubt, wenn man radelnde Kinder als Aufsichtsperson begleitet. Auch erlaubt das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ die Nutzung des Gehwegs nur mit Schrittgeschwindigkeit. Wer sich nicht an diese Regeln hält und zum Beispiel in einer Fußgängerzone auf dem Rad erwischt wird, kann bis zu 40 Euro Bußgeld bezahlen.

Abbiegen will gelernt sein. Foto: imago//Anja Cord

Handzeichen: Muss der Arm während des Abbiegens draußenbleiben?

Nein, das wäre bei vielen Situationen auch zu gefährlich. Es reicht, wenn Radfahrende vor dem Abbiegen oder vor dem Wechsel auf die entsprechende Fahrspur ihre Richtungsänderung anzeigen.

In der Gruppe sind Radler stärker. Foto: dpa/Marion Ziegler

Pas de deux: Dürfen Radler nebeneinander fahren?

Auf Fahrradstraßen dürfen zwei Radler immer nebeneinander fahren. Anderswo gilt: Wird der Verkehr nicht behindert, dürfen Radfahrer auch hier nebeneinander fahren. Diese Regelung sollte Autofahrer nicht dazu einladen, sich bereits vom Anblick zweier nebeneinander Radelnder behindert zu fühlen. Rücksicht von beiden Seiten ist auch hier hilfreich. Relativ neu ist die Regelung, dass Autofahrer einen geschlossenen Verband (das sind mehr als 16 Radfahrer) erst überholen dürfen, wenn genügend Platz vorhanden ist.

Auch wenn ein Biermix Radler heißt: Betrunken aufs Rad ist eine schlechte Idee. Foto: imago //stock&people

Promille: Geht radfahren immer?

Nein, schon ab 0,3 Promille haften Radfahrer, wenn sie Unfälle verursachen. Ab 1,6 Promille riskieren betrunkene Radler auch ohne erkennbare Fahrunsicherheit den Führerschein. Sogar ein Radfahrverbot ist möglich.

Blaue Schilder lassen keine Wahl. Foto: imago/Norbert Schulz

Radweg: Müssen ihn Radler grundsätzlich benutzen?

Nein, Radwege müssen nur benutzt werden, wenn sie mit den blauen Radwegschildern gekennzeichnet sich. Sieht man allerdings eines der blauen Schilder, dann gilt eine Radwegbenutzungspflicht. Diese Regel umfasst auch die mit Fußgängern geteilten Geh- und Radwege, die unter Umständen zu langsamer Fahrt nötigen. Sie kennzeichnet ein blaues Schild mit zwei Fußgängern oben und einem Fahrrad unten (gemeinsamer Geh- und Radweg). Auch der getrennte Rad- und Gehweg (blaues Schild mit einem Fahrrad links und zwei Fußgängern rechts) verpflichtet dazu, ausschließlich diesen zu benutzen.

Hände gehören an den Lenker. Foto: dpa/Oliver Berg

Smartphone: Darf ein Radfahrer am Handy sein?

Nein, die Hände gehören an den Lenker. Wer auf dem Fahrrad mit dem Smartphone in der Hand erwischt wird, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 55 Euro rechnen. Kopfhörer sind dagegen erlaubt, wenn sie das Gehör nicht wesentlich einschränken.

Achtung, Blitzer! Foto: imago//stock&people

Tempolimits: Gibt’s für Radfahrer eine Beschränkung?

Tatsächlich gilt die von einem gelben Ortsschild angekündigte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nur für Kraftfahrer. Andere Tempolimits, also Beschränkungen in Fahrradstraßen oder verkehrsberuhigten Bereichen, sind allerdings auch für Radfahrer verpflichtend. Wer bei einer Messung mit zu hoher Geschwindigkeit erwischt wird, muss sogar mit einem Bußgeld rechnen. Da normale Räder keinen Tacho haben, verlässt sich der Gesetzgeber hier auf Muskelkraft und Vernunft der Radfahrenden. Die schaffen in der Regel nur bergab mehr als die durchschnittlich getretenen 20 km/h. Angemessenes Tempo ist nie falsch. Nur so bleiben Rad und Bremswege unter Kontrolle.

Abstand empfiehlt sich auch für Radfahrer. Foto: imago/Ulmer

Überholen: Dürfen Radfahrer links an einem Auto vorbei?

Ja, wenn es der Gegenverkehr erlaubt, dürfen Radfahrer auch links überholen. Der Sicherheitsabstand sollte dabei auch auf dem Rad wegen sich möglicherweise öffnender Autotüren eingehalten werden. Für überholende Autos ist der Sicherheitsabstand zu Radfahrern klar geregelt und beträgt innerorts 1,50 Meter, außerorts 2 Meter.

Am Zebrastreifen gilt: Augen auf – oder schieben. Foto: dpa/Franziska Kraufmann

Zebrastreifen: Müssen Autos auch für Radfahrende halten?

Nein, das ist falsch. Wollen Radfahrer an Zebrastreifen wie Fußgänger behandelt werden, müssen sie sich auch so verhalten – und ihr Rad schieben. Wer den Zebrastreifen fahrend überqueren will, kann das tun. Dann darf ein Radler aber nicht von bremsenden Autofahrern ausgehen, sondern muss diese sogar durchfahren lassen.

Zum Ende gibt es noch eine gute Nachricht: Laut Statistik sind im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg weniger Radfahrer bei Unfällen tödlich verunglückt: 62 Menschen starben 2023 im Land; im Jahr davor waren es 75. Laut Verkehrsunfallstatistik wurden mehr als 80 Prozent der tödlichen Unfälle von den Radlern selbst verschuldet. Auch zur Erhöhung der eigenen Sicherheit ist es für Radfahrende also unerlässlich, die wichtigsten Verkehrsregeln zu kennen. Wir wünschen immer sichere Fahrt!