Viel Platz für Passanten, wenig Raum für Autos: umgebaute Bushaltestelle im Leonberger Wohnquartier Ezach. Foto: Simon Granville

Im Leonberger Zentrum sollen Busse an vielen Stationen künftig auf der Straße halten. Damit werde das Autofahren unattraktiver und der Nahverkehr gefördert. Kritiker befürchten größere Gefahren und eine Behinderung der Rettungsfahrzeuge

Wer sehen will, wie eine umgebaute Haltestelle aussieht, die einst eine Busbucht hatte, der kann sich das im Leonberger Quartier Ezach anschauen. Dort, am Stadtrand, ist es verkehrsmäßig recht ruhig. Der Busstopp in der Geislinger Straße erinnert aber an einen Bahnsteig, auf dem sich sehr viele Menschen drängen, so groß ist die Fläche. Doch normalerweise warten hier zwei bis drei Fahrgäste auf den Bus.

Ob diese Art von Haltestelle einer Tanzfläche gleichkommt, wie Jörg Langer meint, ist Ansichtssache. Nötig erscheinen solche Dimensionen in diesem Wohnviertel nicht. Aber der beabsichtigte Effekt ist ja ein anderer. Früher ist der Bus tatsächlich in eine Bucht hineingefahren. Kamen Autos, konnten sie ungehindert vorbeifahren. Nun müssen sie warten, bis der Bus weiterfährt.

Hohes Verkehrsaufkommen an der Handelsmeile

Im Ezach führt das zu keinen nennenswerten Behinderungen. In der Innenstadt, und das ist die Befürchtung des Stadtrats von den Freien Wählern, könnte das Verschwinden von Busbuchten aber sehr wohl zu Problemen führen. Wenn zum Beispiel in der viel befahrenen Römerstraße die Haltestelle an den großen Einkaufsmärkten umgebaut wird. Zwei zugkräftige Lebensmittelhändler, ein Drogeriemarkt und ein Baumarkt sind dort. Betrieb herrscht immer. Entsprechend hoch ist das Verkehrsaufkommen.

Genau das soll verringert werden. Zumindest wenn es nach den Vorstellungen der Planer des Ingenieurbüros Schüßler-Plan geht, das im Auftrag der Stadt Konzepte entwickelt, die im Rahmen des Großprojektes „Stadt für morgen“ ein Zentrum mit weniger Autos und mehr Grün bringen soll.

Längere Wartezeiten für Autos

Die Gleichung ist einfach: Hält der Bus auf der Straße, nicht in einer Bucht, macht das das Autofahren unattraktiver, weil längere Wartezeiten entstehen. Umgekehrt kommt der Bus schneller voran, weil er sich nicht wieder in den fließenden Verkehr einfädeln muss. Dass dieser Effekt am Handelsschwerpunkt in der Römerstraße voll zum Tragen kommt, liegt auf der Hand.

Im Leonberger Gemeinderat gehen die Meinungen auseinander. Die Grünen begrüßen die Schritte, den Verkehr in der City zu reduzieren. Freie Wähler und CDU sind da skeptischer: Der eingangs erwähnte Jörg Langer erwartet, dass die Enge auf der Fahrbahn neue Gefahrensituationen heraufbeschwört. Und Willi Wendel, selbst aktiver Feuerwehrmann, befürchtet dass Einsatzfahrzeuge im Notfall nicht mehr durchkämen. Eine Gefahr, die die Planer nicht teilen.

Dies sind nicht die einzigen Änderungen, die in dem Bereich vorgesehen sind. Die Verkehrsberuhigung in der Poststraße auf Höhe des Bosch-Campus soll in Richtung Bahnhof fortgesetzt werden. Der Kreisverkehr, an dem es immer mal wieder kracht, könnte durch einen Innenring entschleunigt werden. Der Fußweg zum Bahnhof wird nach den Vorstellungen der Planer durchgehend gepflastert, um so das Vorrecht der Fußgänger zu verdeutlichen.

Auch bei diesen Punkten gibt es Bedenken aus der Politik. Frank Albrecht von der Ratsgruppe SALZ vermutet, dass die Zufahrt zum Obi-Baumarkt dadurch behindert werden könnte und so dem Geschäft Verluste drohen. Die Planer versichern, dass sie mit dem Betreiber des Marktes im Dialog seien.

Kreisel ist kein Unfallschwerpunkt

Der FDP-Fraktionschef Dieter Maurmaier weist darauf hin, dass der Kreisel an der Ecke Poststraße/Römerstraße von der Polizei nicht als Unfallschwerpunkt bezeichnet würde. Die Planer sehen dort trotzdem einen Umgestaltungsbedarf, weil es auf jeden Fall zu vermehrten Unfällen käme.

Unstrittig ist allein die Umgestaltung der Poststraße, die vor dem Bosch-Neubau ein Shared-Space-Bereich werden soll, in dem Fußgänger, Autofahrer und Radler gleichberechtigt sind. Mit Bäumen und Außengastronomie wird die momentan nicht gerade attraktive Ecke deutlich aufgewertet.

Bosch will bis Ende des Jahres fertig sein

Bosch will sein künftiges Entwicklungszentrum für autonomes Fahren Anfang des kommenden Jahres in Betrieb nehmen. Dann sollte auch der dortige Straßenabschnitt eine Auffrischung erfahren haben.

Die anderen Pläne jedoch dürften noch ausführlich diskutiert werden. Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) bezeichnet sie als „Einladung zum Dialog“.