Alexander Zverev bejubelt seinen Einzug ins Viertelfinale der US Open. Foto: Getty Images via AFP/AL BELLO

Alexander Zverev feiert nach einem großen Match den Einzug ins Viertelfinale bei den US Open. Nun wartet eine ganz schwere Aufgabe. Es gibt einen Eklat um einen Zuschauer.

Völlig entkräftet breitete Alexander Zverev die Arme aus, genoss den Jubel der Fans und brüllte seine Freude in den New Yorker Nachthimmel. In einem epischen Tennis-Krimi über 4:41 Stunden kämpfte sich der Olympiasieger in der schwülen Mitternachtshitze ins Viertelfinale der US Open. Der 26-Jährige setzte sich mit 6:4, 3:6, 6:2, 4:6, 6:3 gegen den leicht favorisierten Italiener Jannik Sinner durch und verwandelte um 1.40 Uhr den Matchball. Nun steht Zverev vor einer noch schwereren Aufgabe: In der Runde der besten Acht kommt es zum Duell mit Titelverteidiger Carlos Alcaraz aus Spanien.

„Das ist einer der besten Momente meiner Karriere“, schwärmte Zverev. „Das ist das, wofür ich lebe, das liebe ich. Ich hätte mich gefreut, wenn wir etwas kürzer gespielt hätten.“

Bei 27 Grad zu Matchbeginn, hoher Luftfeuchtigkeit und stickiger Luft in der Arena kämpften beide Spieler bis zum Umfallen. Mit Eis kühlter Zverev Kopf und Nacken, wechselte mehrfach seine durchnässten Klamotten und die Schuhe. Sinner konnte zeitweise kaum noch laufen, rappelte sich aber wieder auf. Am Ende gab auch die überlegene Physis den Ausschlag für Zverev.

Mitte des vierten Satzes kam es zu einem Eklat

Mitte des vierten Satzes kam es zu einem Eklat. Zverev berichtete beim Schiedsrichter, dass ein Zuschauer den „berühmtesten Hitler-Satz“ gesagt habe. Der Mann wurde anschließend von Sicherheitskräften von der Tribüne begleitet.

Unbeeindruckt von dem Vorfall feierte Zverev im 14. Anlauf bei einem Grand Slam erst den zweiten Sieg über einen Spieler aus den Top Ten der Weltrangliste. Der zuvor einzige dieser Erfolge gelang dem Hamburger gegen seinen nächsten Gegner Alcaraz bei den French Open 2022. Der 20 Jahre alte Spanier präsentiert sich bei diesen US Open in starker Form und gewann sein Achtelfinale locker 6:3, 6:3, 6:4 gegen den Italiener Matteo Arnaldi.

Für Zverev ist es die zehnte Viertelfinalteilnahme bei einem Grand-Slam-Turnier, damit zog er mit Michael Stich gleich. Nur Boris Becker (23) schaffte dies in der Profi-Ära bei den Herren als deutscher Tennisspieler öfter.

Mehr als 23 000 Zuschauer sorgten für eine knisternde Stimmung im größten Tennis-Stadion der Welt. „Es ist großartig, hier zu spielen und die Atmosphäre zu genießen“, schwärmte Zverev, kurz bevor er den Platz betrat. Die Sympathien waren leicht zugunsten von Sinner verteilt.

Die Fans sahen eine ausgeglichene Anfangsphase. Beide Spieler suchten zunächst ihre Höchstform. Zverev schaffte das Break zum 3:2, gab aber direkt wieder seinen Aufschlag ab. Die Carota Boys, eine Fangruppe von Sinner in orangefarbenen Karottenkostümen, feierten den Ausgleich mit lauten Gesängen im Mittelrang der Arena.

Das Klima blieb trotz des geöffneten Dachs drückend

Im packenden, aber nicht immer hochklassigen Auftaktsatz gingen sieben von zehn Spiele über Einstand. Alleine das neunte Spiel dauerte mehr als zehn Minuten. Zverev nahm Sinner den Aufschlag mit einer starken Rückhand ab, mit zwei Assen holte sich der Hamburger nach 69 Minuten den Durchgang.

Doch das Erfolgserlebnis brachte zunächst keine Sicherheit. Nach einem Doppelfehler kassierte Zverev das schnelle Break. Sinner ließ sich am rechten Bein behandeln, bewegte sich jedoch zunächst weiter reibungslos, senkte seine immense Fehlerquote und wurde aktiver. Nach anderthalb Stunden wechselte Zverev seine Schuhe, trocknete das schweißnasse Paar mit Papier. Es half nicht, Sinner holte sich den Satz per Ass.

Das Klima blieb trotz des geöffneten Dachs drückend - und die Fitness ein Faktor. Zverev stand in den drei vorigen Partien bereits mehr als neuneinhalb Stunden auf dem Platz, Sinner mehr als zwei Stunden weniger.

Doch der vier Jahre jüngere Italiener bewegte sich immer schleppender, dehnte immer wieder die Hinterseite des linken Oberschenkels. Nach dem Verlust des Aufschlags zum 2:4 humpelte Sinner zur Bank, schien einen Krampf zu haben. Zverev packte ihm mitfühlend auf den Rücken. Der Hamburger gewann vier Spiele in Serie, ein Netzroller besiegelte den Gewinn des dritten Satzes. Beide Spieler verschwanden längere Zeit auf der Toilette.

Plötzlich bekam auch Zverev Probleme. Nach Ballwechseln holte der 26-Jährige tief Luft, verzog immer wieder das Gesicht, war angeschlagen. Rund 16 Minuten dauerte es, bis Zverev sein erstes Aufschlagspiel von Satz vier durchbrachte. Nach dem Wirbel um den Rauswurf des Zuschauers wirkte Sinner wieder frischer, der Italiener erzwang den Entscheidungssatz.

Es blieb dramatisch. Zverev stolperte, fiel hin, blieb aber unverletzt. Wenig später feierte er nach einem grandiosen Punkt die 3:0-Führung, das Publikum johlte. Doch Sinner blieb hartnäckig. Erst nach mehr als viereinhalb Stunden war der Widerstand gebrochen, Zverev durfte jubeln.