Das schwerste Beben seit fast 25 Jahren hat in vielen Teilen Taiwans Verwüstung angerichtet. Noch immer werden Menschen vermisst. Für manche könnte die Lage sehr bedrohlich werden.
Am Tag nach dem schwersten Erdbeben seit fast 25 Jahren in Taiwan haben die Behörden ihre Suche nach Vermissten und die Rettung von eingeschlossenen Menschen fortgesetzt. 70 Bergarbeiter, die stundenlang in zwei Steinbrüchen festsaßen, konnten in Sicherheit gebracht werden, wie die Feuerwehr am Donnerstag mitteilte. Eine Gruppe von sechs Arbeitern wurde per Hubschrauber aus dem Gebiet geflogen. Die Zahl der Verletzten stieg auf mehr als 1060. Außerdem fanden die Helfer eine weitere Leiche, womit die Zahl der Toten auf zehn stieg.
Jene zu finden, zu denen der Kontakt fehle, sei die wichtigste Aufgabe, sagte Innenminister Lin You-chang. Diese Leute bräuchten dringend Nahrung und Wasser, erklärte er.
Heftigstes Erdbeben in Taiwan seit 1999
Große Sorge bereitete den Behörden das Schicksal von ungefähr 30 Angestellten eines Luxushotels im Taroko-Nationalpark in Osttaiwan, wo die Erde besonders stark bebte. Zu ihnen gab es keinen Kontakt, ebenso wie zu weiteren zwölf Menschen. In der Gegend saßen zudem mehr als 660 Menschen an verschiedenen Orten wie Zeltplätzen, Höhlen oder in Tunneln fest. Der Großteil harrte in einem Wanderhotel aus. Alle befanden sich jedoch in Sicherheit, wie die Behörden betonten.
Am Mittwochmorgen hatte zur Berufsverkehrszeit in ganz Taiwan die Erde gebebt. Angst und Panik brachen aus. Taiwan, China, Japan, und die Philippinen gaben Tsunami-Warnungen aus, hoben diese aber wenige Stunden später auf.
Das Beben war mit einer von den taiwanischen Behörden gemessenen Stärke von 7,2 so heftig wie seit 1999 nicht mehr. Damals hatte ein ähnlich starkes Beben mehr als 2400 Menschen das Leben gekostet. Taiwan investierte danach mehr in Erdbebenprävention.
Andere Erdbebenwarten wie in den USA oder Japan hatten sogar Stärken von 7,4 beziehungsweise 7,7 verzeichnet. Bis Donnerstagmorgen wurden in Taiwan mehr als 300 Nachbeben gemessen. Die Insel liegt in einer erdbebengefährdeten Zone am Rand zweier tektonischer Platten, der Eurasischen und der Philippinischen.
Deutsche zwischenzeitlich in Tunnel eingeschlossen
Diesmal bebte die Erde in einer relativ geringen Tiefe von 15,5 Kilometern. Das Epizentrum lag im Osten der Insel mit mehr als 23 Millionen Einwohnern und nur wenige Kilometer von Hualien entfernt, der wohl am stärksten von Schäden betroffenen Gegend.
In dem gleichnamigen Landkreis liegt auch der beliebte Taroko-Nationalpark, in dem am Mittwoch noch zwei Deutsche in einem Tunnel eingeschlossen waren und einige Stunden nach der Naturgewalt gerettet wurden. Den Angaben des Auswärtigen Amtes zufolge bestand außerdem Kontakt zu 18 weiteren Deutschen einer Reisegruppe, die zunächst als vermisst galt. Allen gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte ein Behördensprecher in Berlin.
In einigen Städten richtete das Beben Schäden an Straßen, Schienen und Gebäuden an. In Hualien sackten Häuser ab und neigten sich bedrohlich zur Seite. Bei vielen Menschen gingen Geschirr und Einrichtungsgegenstände zu Bruch. Nahe der Hauptstadt Taipeh stürzte ein Lagerhaus ein und verletzte drei Menschen. An zahlreichen Berghängen gab es Erdrutsche, wie in Videos zu sehen war. Unter den zehn Toten war auch ein Lastwagenfahrer, dessen Lkw auf der Fahrt von einem Steinschlag getroffen wurde. Andere kamen im Nationalpark ums Leben.
Chip-Hersteller produzieren weiter
Durch das Beben fiel in Hunderttausenden Haushalten Taiwans der Strom aus. Bis Donnerstagmorgen war laut Behörden in den meisten die Elektrizität wieder hergestellt. Auch brach bei vielen die Wasserversorgung ab. Zehntausende Haushalte waren über Nacht auf Versorgung durch mobile Wasser-Laster angewiesen.
Viele Betriebe stellten wegen des Bebens vorübergehend die Arbeit ein. Betroffen war auch Taiwans Vorzeige-Chiphersteller TSMC, der weltweit auch Komponenten für Smartphones baut. Berichten zufolge stoppte die Firma den Betrieb in den Produktionsstätten im Nordwesten des Landes. Das Beben richtete nach Unternehmensangaben auch Schäden an. Wichtige Hightech-Maschinen für die Chipherstellung seien jedoch nicht betroffen gewesen, hieß es. Am Donnerstag produzierten die Werke demnach mit rund 70 Prozent Auslastung.