Das Coupé CLA ist das Kernmodell der neuen Kompaktklasse von Mercedes. Das Fahrzeug kommt so 2025 nicht auf den Markt. Laut Mercedes handelt es sich um ein „marktnahes Konzeptfahrzeug“. Foto: Mercedes-Benz Group AG Foto:  

Kompaktautos sind das Stiefkind der Mercedes-Luxusstrategie. Mit der Mobilitätsmesse IAA soll sich das ändern. Dort beerdigt Ola Källenius A- und B-Klasse – und stellt eine neue, aufgewertete Produktfamilie vor, vollelektrisch und mit großer Reichweite.

Nun ist es offiziell: A-und B-Klasse sind bald Geschichte, dafür will Mercedes-Benz neue, hochwertigere Modelle in der Kompaktklasse anbieten. Das gab der Autobauer vor der Eröffnung der Automesse IAA in München bekannt.

Mit einer neu entwickelten Plattform namens MMA und vier statt bisher sieben Modellen will Mercedes die Kompaktklasse ins Zeitalter seiner Luxusstrategie überführen. In München enthüllte das Unternehmen mit dem Concept CLA Class das erste Konzeptfahrzeug dieser neuen Modellfamilie, das bereits nah am künftigen Serienmodell liegt und einen Ausblick auf den künftigen, deutlich höher liegenden Einstieg in die Marke Mercedes-Benz geben soll. Diese künftige Familie besteht aus einem viertürigen Coupé, einem Shooting Brake (Coupé mit Steilheck) und zwei SUVs.

Damit bestätigte der Mercedes-Chef Ola Källenius auch Gerüchte, wonach die A-Klasse ab sofort ebenso ein Auslaufmodell ist wie die B-Klasse. Das Schicksal der Kompaktklasse bei Mercedes war unklar, seit Källenius 2022 an der Côte d´Azur seine neue Strategie vorgestellt hatte: „Was schon immer der Kern unserer Marke war, ist nun auch der Kern unserer Strategie: das Luxussegment.“ Er lenkte damit den Blick auf das Segment der größten und teuersten Fahrzeuge, dem man den Namen „Top-End Luxury“ gab und in das man künftig einen großen Teil der Investitionen tätigen will.

Für die Kompaktklasse blieb nur noch wenig Raum in der öffentlichen Wahrnehmung. Ein deutlicher Unterschied zur Ära des Källenius-Vorgängers Dieter Zetsche, der sie in den Mittelpunkt seiner Strategie gestellt hatte, um die Käuferschaft zu verjüngen und die Entwicklungskosten auf eine hohe Stückzahl umlegen zu können.

Nun will Källenius den Beweis dafür antreten, dass auch er das Kompaktsegment keineswegs abschreibt: Jedes der neuen Modelle werde eine „deutlich aufgewertete Produktsubstanz“ erhalten, erklärte er. Die neuen Modelle richteten sich besonders an eine „Generation von Kundinnen und Kunden, die das unverwechselbare Mercedes-Benz-Gefühl schätzen und auch auf umfangreiche Ausstattung, mehr Komfort und Sicherheit, modernste Technologie sowie konsequent umgesetzte Nachhaltigkeit Wert legen“.

Mehr Komfort und Ausstattung

Das sollen aber nicht nur vage Ankündigungen sein – vielmehr sollen E-Fahrzeuge auf der neuen MMA-Plattform für das Kompaktsegment mit sehr konkreten Eigenschaften punkten. Mit Reichweiten von mehr als 750 Kilometern sollen vollelektrische Kompaktwagen künftig praktisch genauso weit kommen wie das E-Flaggschiff EQS. Auch mit einem Stromverbrauch von nur zwölf Kilowattstunden pro 100 Kilometer soll die Kompaktklasse Maßstäbe setzen.

Überdies soll die 800-Volt-Bordelektrik einen neuen Standard bei der Ladegeschwindigkeit setzen. Bei einer Ladeleistung von 250 Kilowatt lasse sich innerhalb von 15 Minuten eine Reichweite von 400 Kilometer in die Batterie packen, erklärt das Unternehmen. Batterie-Anoden mit Siliziumoxid-Anteil sollen in der Top-Variante eine besonders hohe Energiedichte bewirken; für die Einstiegsvariante wird die Lithium-Eisen-Phosphat-Technologie verwendet, mit der Mercedes nach eigener Aussage „führend in diesem Segment“ ist.

Die Zellmodule werden erstmals mit Klebstoff statt Schrauben befestigt. Das soll nicht nur das Gewicht verringern, sondern auch die Steifigkeit der Konstruktion und damit die Crash-Sicherheit erhöhen. Eine leistungsfähige Wärmepumpe entzieht nicht nur dem Antriebsstrang Wärme, sondern auch der Außenluft. Selbst bei Minusgraden soll die Pumpe damit zum Beheizen des Innenraums beitragen und so die elektrische Reichweite erhöhen.

Erkenntnisse aus dem EQXX

Die neue Technologie stelle einen „völlig neuen Ansatz für Mercedes-Benz dar und baut auf vielen Erkenntnissen aus unserem bahnbrechenden Technologieprogramm Vision EQXX auf“, erklärte Forschungschef Markus Schäfer. Der Vision EQXX ist ein auf maximale Reichweite ausgelegtes Fahrzeug, das 2022 bei einer Testfahrt über die Alpen ans Mittelmeer mehr als 1000 Kilometer mit einer Batterieladung schaffte.

Auch das neue, mit hohem Aufwand entwickelte Betriebssystem MB.OS, mit dem eine völlig neue Benutzeroberfläche einhergeht, feiert im Kompaktsegment Premiere in seiner Vollversion. Ein extra breiter Bildschirm, MBUX Superscreen genannt, soll die Bedienung des Fahrzeugs ebenso zum Erlebnis machen wie das Entertainment.

Wachstum vor allem im Top-Segment geplant

Hinsichtlich der Stückzahlen dürfte die Kompaktklasse nicht mehr die Bedeutung für Mercedes haben wie bisher. Das Wachstum soll vor allem bei den größten Fahrzeugen stattfinden.

Neue Technologien für Kompaktautos

Kindererkennung
Die sogenannte Child Presence Detection erkennt die Atmung von Kindern – selbst die von Neugeborenen. Befindet sich ein Kind allein im Fahrzeug, weil es versehentlich zurückgelassen wurde, schlägt das System Alarm. Gerade bei hohen Temperaturen kann dies Leben retten. Ein solches System hatte vor kurzem der Tuttlinger Autozulieferer Marquardt auf den Markt gebracht.

Klimaschutz
Das neue Kompaktsegment ist laut Mercedes die erste neu konzipierte Fahrzeugfamilie, die die „Ambition 2039“ auf die Straße bringt, nach der Mercedes bis zum Jahr 2039 klimaneutral werden will. Im Vergleich zur bisherigen Fahrzeugarchitektur werden die CO2-Emissionen in der Wertschöpfungskette um 40 Prozent reduziert.