Der Arnulf-Klett-Platz vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Der Bau der unterirdischen Haltestelle sowie der Einkaufspassage dauerte vier Jahre und kostete 210 Millionen Mark.Archiv Fotos: Stuttgarter Straßenbahnen AG Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Tiefe Baugruben ziehen sich quer durch die Innenstadt. An vielen Ecken wird gehämmert und gebohrt. Kipplaster bringen Tausende von Tonnen Aushub weg, Baulärm gehört quasi zum Alltag. Die Rede ist nicht von den Arbeiten zum heutigen Milliardenprojekt Stuttgart 21. Nein, schon vor 40 Jahren waren Teile der Landeshauptstadt löchrig wie ein Schweizer Käse. Damals wurde die Straßenbahn unter die Erde verlegt, eine „Jahrhundertaufgabe, die nur Stadt, Land und Bund gemeinsam bewältigen konnten“, so der damalige Ministerialdirektor Paul Hofstetter bei der Eröffnung der Klett-Passage und der unterirdischen Haltestelle Hauptbahnhof am 9. April 1976.

Für die Stuttgarter, die damals zu Tausenden zu dem Großereignis kamen, brachte der Neubau einige Umstellungen mit sich: Nach fast 90 Jahren waren die Straßenbahnen nicht mehr auf dem Bahnhofsvorplatz, sondern zwei Etagen tiefer zu erreichen. Auch die Wendeanlagen vor dem Nordeingang des Hauptbahnhofs entfielen. Außerdem wurde der Betrieb der Linie 10 zum Killesberg eingestellt. Ihre Aufgabe übernimmt seither die Buslinie 43. Dafür erlaubte das neue Bauwerk eine gute Verknüpfung der Verkehrsmittel Omnibus, Straßenbahn, Taxi und Individualverkehr auf drei getrennten Ebenen, ab 1978 in der vierten Ebene um die S-Bahn ergänzt.

Die Haltestelle Hauptbahnhof/Arnulf-Klett-Platz war Teil des vierten Streckenabschnitts für den unterirdischen Schienennahverkehr. Zusammen mit dem Bau der damaligen Haltestelle Universität, heute Börsenplatz, kostete die Maßnahme 210 Millionen Mark, die Bauzeit betrug vier Jahre. Aus Sicht des damaligen Oberbürgermeisters Manfred Rommel ein „Meilenstein auf dem Weg in die Zukunft dieser Region“. Auch Sir Charles Hallinan, Mayor von Stuttgarts Partnerstadt Cardiff, der extra zur Eröffnung der Haltestelle mit einer Delegation angereist war, zeigte sich beeindruckt.

Mit der Fertigstellung maß die Länge aller SSB-Tunnelstrecken rund acht Kilometer. Den Auftakt dazu hatte 1966/67 die unterirdische Haltestelle Charlottenplatz gebildet. Dort waren zunächst die Gleise der sogenannten Tallängslinien, dann die der Talquerlinien der SSB unter Tage verlegt worden. Als zweiter Streckenabschnitt war das Stück vom Charlottenplatz bis zum Stöckach gefolgt, danach in entgegengesetzter Richtung der Abschnitt Charlottenplatz - Marienplatz/Schreiberstraße. 1977 folgte die Fortsetzung der unterirdischen Streckenführung in der Heilbronner Straße bis zur Wolframstraße. Im Jahr darauf fand die Untertunnelung des Schlossplatzes ihren Abschluss, womit der durchgehende Tunnel vom Arnulf-Klett-Platz zum Charlottenplatz zur Verfügung stand und der vierte Streckenabschnitt vollendet war.

Das Konzept der Stuttgarter Verkehrsplaner der 1960er-Jahre sah vor, die einzelnen Neubauabschnitte des unterirdischen Schienennetzes Stück für Stück in Betrieb zu nehmen, anstatt einer großen U-Bahn-Lösung mit langen Wartezeiten bis zur Gesamtfertigstellung. Den städtischen Schienenverkehr unter die Erde zu verlegen und die Oberfläche dem Straßenverkehr zu überlassen, galt seinerzeit als Königsweg zur Lösung der Verkehrsprobleme.

Eine Neuheit bildete in den 70er-Jahren auch die unterirdische Klett-Passage mit 30 Geschäften, die damals als modernste und größte Einrichtung ihrer Art in der Bundesrepublik angesehen wurde. Die große Ausnahme damals: Sie hatte bis 22 Uhr geöffnet. Ihren Namen erhielt sie nach dem vormaligen Stuttgarter Oberbürgermeister Arnulf Klett, der die Geschicke der Stadt von 1945 bis 1974 gelenkt hatte - so lange wie kein anderer OB. Ihm zu Ehren hatte die Stadt den Bahnhofsplatz bereits nach Kletts überraschendem Tod am 14. August 1974 in Arnulf-Klett-Platz umbenannt. Bis heute bildet die Klett-Passage eine wichtige Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Königstraße. An jedem Werktag werden hier bis zu 300 000 Pendler und Besucher gezählt.

Das Jubiläum wird am Freitag und Samstag, 15. und 16. April, in der Klett-Passage gefeiert. Unter anderem gibt es eine Ausstellung zu den gewaltigen Baumaßnahmen, die vor 40 Jahren durchgeführt wurden, zu sehen. Weitere Informationen unter www.klett-passage.de.