Das Stadtbad Heslach in den 1970ern. Foto: Uli Kraufmann

Als architektonische Meisterleistung ist das Heslacher Stadtbad beim Bau vor fast 100 Jahren mit den Stahlbetonbögen gefeiert worden. Nach der Sanierung ist das Denkmal nun wieder geöffnet zum Schwimmen. Ein Blick auf die Geschichte des Traditionsbads.

Was keiner sehen kann: Das von 1927 bis 1929 im Stil „der neuen Sachlichkeit“ erbaute Stadtbad Heslach ist auf etwa 500 Rammpfählen gegründet – 40 auf 40 Zentimeter sind sie groß. Diese Pfähle wurden in den Boden gerammt und in alle Richtungen mit Trägern betoniert, um die Gebäudelast gleichmäßig zu verteilen. Das Hochbauamt der Stadt Stuttgart beauftragte die Architekten Franz Cloos und Friedrich Fischle damit, ein Becken zu konzipieren, das mit einer Länge von 50 und einer Breite von zwölf Metern zur größten und modernsten Schwimmstätte der damaligen Zeit in Deutschland werden sollte.

Mit rotem Klinkermauerwerk ist ein prägendes Bauwerk des Stadtteils Heslach entstanden, in dem es Siedlungen vorwiegend für die Arbeiterbevölkerung gab. Wie die Autoren Harald Schukraft und Wolfgang Kress in ihrem Buch „Bäderstadt Stuttgart“ schreiben, sollte Heslach bereits 1916 eine Schwimmstätte erhalten. Der Erste Weltkrieg stoppte diese Pläne. Wäre es anders gekommen, wäre an diesem Ort „eine Volksbrausestätte“ entstanden, wie das „Stuttgarter Amtsblatt“ zum 25-Jahr-Jubiläum des Bades schreibt. Um die Jahrhundertwende hatten nur wenige Wohnungen und Häuser in Heslach eigene Duschmöglichkeiten. Deshalb war der Wunsch groß, dass die Stadt öffentliche Wannen- und Brausebäder baut.

Es wurde getrennt nach Geschlechtern geschwommen

Je länger sich der Bau des Hallenbads verzögerte, desto mehr veränderten sich die Pläne. Immer mehr geriet die Diskussion um die Schwimmbecken in den Vordergrund. Am Ende setzten sich die Vereine mit ihrem Wunsch nach einem wettkampftauglichen Becken durch.

Am 15. Juni 1929 konnten die ersten Schwimmer in dem zwölf mal 50 Meter breiten Becken schwimmen – damals noch nach Geschlechtern getrennt. Ein versenkbarer Steg unterteilte das Becken. Doch nicht nur das Schwimmbecken machte das für die Zeit überaus moderne Bad aus, bereits damals gab es das römische Dampfbad sowie Massage- und Ruheräume. In einer Anzeige war zu lesen: „Eine ideale Stätte für Gesundheitspflege und Körperkultur ist das Stadtbad Heslach beim Marienplatz.“

Einst stammte das Wasser für das Bad aus den Kaltentaler Quellen

Äußerlich erschien das Bad bescheiden. Doch im Inneren verblüffte es mit den Bögen und mit sehr viel Licht. Das Wasser für das Bad stammte lange Zeit aus den Kaltentaler Quellen. Wegen Verunreinigungen mit Legionellen drehte man diesen Hahn zu und setzte auf Bodenseewasser. Erste größere Renovierungsarbeiten standen in den 60ern an. Hitzig ist darüber gestritten worden, ob man das Bad erhalten oder abreißen sollte. Mit der Verleihung des Titels „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ war der Abriss vom Tisch. Es gab allerdings Stimmen, dass man dem Gebäude mit der schlichten Fassade aus Klinker eine andere Funktion zukomme lasse sollte. Die Vorschläge lauteten: Markthalle oder Proberaum für die Philharmoniker.

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Der Gemeinderat diskutierte über den Neubau eines Stadtbads Stuttgart-Mitte. Doch dafür fehlte das Geld, sodass 1987 die Totalsanierung beschlossen wurde. Seit dem 8. Dezember 1992 das Stadtbad in neuem Glanz mit altem Charme. Unter den Rundbögen konnte man wieder Bahnen ziehen, allerdings nicht mehr über eine Länge von 50 Metern. Das neue Schwimmerbecken ist nur noch 25 Meter lang, dafür gibt es ein zusätzliches Sprungbecken und ein Nichtschwimmerbecken. Der Denkmalschutz sorgte dafür, dass die alten Einzelkabinen aus Holz erhalten blieben.

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