Die Mitarbeiterinnen der Wasenboje sind täglich ab 13 Uhr auf dem Volksfest im Einsatz. Foto: Sebastian Steegmüller

Die neue Anlaufstelle für Frauen und Mädchen wird auf dem Cannstatter Volksfest offenbar gut angenommen. Am Wochenende und vor dem Feiertag werden die Teams abends verstärkt, außerdem sind die Fachfrauen dann bis 1 Uhr nachts vor Ort.

Noch will Franziska Haase-Flaig keine Fallzahlen herausgeben. Sie sei aber überrascht, wie gut die Wasenboje angenommen wurde, so die Projektverantwortliche. Die Anlaufstelle für Mädchen und Frauen wird zum ersten Mal auf dem Cannstatter Volksfest direkt neben der Wasenwache angeboten. Besucherinnen können den „Safer Space“, sprich den geschützten Raum, aufsuchen, wenn sie sich unwohl fühlen oder orientierungslos sind, wenn sie belästigt wurden oder sexualisierte Gewalt erlebt haben oder auch nur Hilfe bei Alltagsproblemen beziehungsweise einen Ort zum Durchatmen brauchen.

„Wir sind sehr zufrieden, wie das Projekt angelaufen ist“, sagt Haase-Flaig, die Besucherinnen würden mit einem „bunten Strauß an Themen“ zu ihnen kommen. Tagsüber seien es meist niedrigschwellige Anliegen. „Manche hatten wir gar nicht so auf dem Schirm. Mütter stillen oder wickeln ihre Kinder bei uns, weil sie auf dem Wasen keinen geeigneten Ort finden.“ Darüber hinaus habe man sich aber einfach zu einem sicheren Treffpunkt für Frauen und Mädchen entwickelt.“ Vor dem Container der Wasenboje sei es kein Problem, auch mal ein paar Minuten länger allein auf Freunde zu warten.

Wichtige Lücke geschlossen

„Wir haben auch vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und von der Polizei die positive Rückmeldung bekommen, dass wir eine Lücke schließen.“ Man helfe Volksfestbesucherinnen, die sonst mit ihren Anliegen ansonsten durchs Raster gefallen wären. Eine jüngere Frau, die nicht aus der Region stammt, hatte beispielsweise ihre Gruppe verloren, konnte ihre Bezugsperson nicht erreichen und wusste nicht, wo ihre Übernachtungsstätte ist. „Dank der Kooperation zur Taxizentrale und der Jugendherberge Stuttgart konnten wir sie in eine Notunterkunft bringen.“ Eine ältere Dame, die sich unsicher fühlte, habe man indes geholfen, nach Hause zu kommen. „Wir haben sie zur S-Bahn begleitet und auch organisiert, dass sie an ihrer Zielhaltestelle abgeholt wurde.“

Je später der Abend, desto kritischer würden die Fälle, sagt Haase-Flaig. Dementsprechend habe man nach Rücksprache mit den Verantwortlichen des DRK und der Wasenwache sich entschieden, an Wochenenden und vor dem Tag der Deutschen Einheit das Personal zu verstärken und eine dritte Schicht einzuführen. Sie startet um 22 Uhr und geht bis 1 Uhr. Bis zu zehn Fachfrauen, die im Tandem agieren, werden dann eine Stunde länger als bisher im Einsatz sein.

Nur selten Thema sind bislang offenbar sexuelle Belästigung. „Das ist zum Glück nicht die Masse, aber wir bekommen viel Zuspruch von Frauen, dass ihnen bereits das Angebot ein Stück weit Sicherheit vermittelt.“ Darüber hinaus wolle man weiterhin die Hemmschwelle niedrig halten. „Ziel ist es, eine Vertrauensbasis herzustellen, beispielsweise auch für Transfrauen, die diskriminiert wurden.“ Die Eröffnung der Wasenboje habe ein Ziel bereits erreicht: Es werde mehr über Sexismus gesprochen.