Nur zum Bestaunen: Lebensgroße Marzipanfiguren im Museum des Hauses Niederegger. Unter anderem wird Gründer Johann Georg Niederegger gezeigt. Quelle: Unbekannt

Von Sigfried Baumann

4,5 Millionen Besucher verzeichnet die öffentlich zugängliche Plaza der Elbphilharmonie in 37 Metern Höhe seit der Eröffnung des neuen Hamburger Wahrzeichens am 11. Januar 2017. Zu diesen 4,5 Millionen gehören auch die Leserinnen und Leser unserer Zeitung, welche den Jahreswechsel 2017/2018 in der Metropole an der Elbe mit uns verbrachten. Klar, dass der Elbphilharmonie die besondere Aufmerksamkeit galt, steht sie doch in exponierter Lage an der westlichen Spitze des Grasbrook und dominiert mit ihrer markant geschwungenen Dachform, auch „gläserne Welle“ genannt, die Silhouette der Hafen-City. Knapp 700 Millionen Euro hat das Bauwerk gekostet. Drei Konzertsäle, ein Hotel, gastronomische Einrichtungen und Wohnungen sind hier unter einem Dach vereint. Schon die Fahrt mit der Rolltreppe hinauf auf die Plaza ist ein besonderes Erlebnis. Unseren Gästen wurde dies im Rahmen einer dreistündigen Stadtrundfahrt beschert. Hamburg ist immer wieder eine Reise wert, besonders zu Silvester. In der Silvesternacht auf einer Barkasse das Feuerwerk von der Elbe aus zu beobachten, ist ein unvergleichliches Spektakel. Nicht einmal der Regen vermochte daran etwas zu ändern. Am Neujahrsmorgen strahlte dafür die Sonne über Hamburg und seinem Hafen, der immerhin eine Fläche so groß wie die Stadt Köln einnimmt. Größter Seehafen Deutschlands und der drittgrößte Europas. Die exklusive Hafentour begann in der Speicherstadt und endete an den St. Pauli- Landungsbrücken, denn der zweite Schwerpunkt dieses Ausflugs war der Kiez, am Neujahrsmorgen noch recht verschlafen. Beim Spaziergang wurden Erinnerungen wach an Hans Albers, Curd Jürgens, Freddy Quinn und viele andere. Bummel durch die Hinterhöfe der Großen Freiheit, Blick von außen auf die Herbertstraße und die Kultkneipe „Zum Silbersack“, wo einst viele Prominente wie Heinz Rühmann oder Hildegard Knef zu den Gästen gehörten. Die ehemalige Silbersack-Wirtin, Erna Thomsen, die das Lokal 1949 gründete, war Legende. Heute wird der „Silbersack“ vom Ziehsohn der 2012 verstorbenen Wirtin geführt. Das St.- Pauli-Hotel Alt-Hamburg (Dreibettzimmer für 70 Euro) wollten denn unsere Gäste nicht mit dem Komfort des Dorint Hotels im vornehmen Stadtteil Eppendorf eintauschen. Dort war man bereits zum dritten Mal im Rahmen einer Silvesterreise zu Gast und konnte erneut die ausgesprochene Freundlichkeit und Zuvorkommenheit des Service-Personals genießen. Ein Höhepunkt am Silvesterabend das große Gala-Büffet, das Küchenchef Jan Filter und seine Mannschaft gezaubert hatten. Tolle Einstimmung auf die anschließende Barkassenfahrt. Einige Gäste folgten dem Geheimtipp und genossen im Petit Café den angeblich besten Streuselkuchen der Stadt. Wahrlich eine süße Versuchung. Die nächste folgte im Café Niederegger, Stammhaus der berühmten Niederegger Marzipanmanufaktur im Herzen der Stadt Lübeck. Der Schwabe Johann Georg Niederegger aus Ulm hatte das Unternehmen 1806 gegründet, das sich noch heute im Familienbesitz befindet. 30 Tonnen Marzipan produziert Niederegger pro Tag, 1873 wurde es auf der Wiener Weltausstellung prämiert. Heute ist Niederegger Marzipan auf der ganzen Welt zu Hause. Zar Niklolaus I. verschenkte einst am Zarenhof lebensgroße Gänse als wertvolle Präsente. Es gibt nichts, was man nicht aus Marzipan herstellen könnte: Lebensgroße Figuren, ein Segelschiff oder das Holstentor, die im Museum ausgestellt sind. Unter anderem reiht sich auch der Dichter Thomas Mann in das Marzipan-Kabinett ein. Und auch für unsere Gäste gab es natürlich ein Marzipan-Präsent und die berühmte Niederegger Nußtorte. So süß hatte noch nie ein Jahr begonnen. Die guten Vorsätze konnten auch zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr umgesetzt werden. Zuvor hatte man das Lübecker Holstentor im Rahmen eines hervorragend geführten Stadtrundgangs im Original kennengelernt. Es gilt als das besterhaltene Stadttor des Spätmittelalters in Deutschland und begrenzte einst die Hansestadt Lübeck Richtung Westen. Immerhin war Lübeck im Mittelalter die Hauptstadt der Hanse. Die Kirche St. Marien gilt als die „Mutterkirche“ der Backsteingotik, die von Lübeck aus zahlreiche Kirchenbauten in Nordeuropa inspirierte. Die mittelalterliche Lübecker Altstadt auf einer Insel in der Trave gelegen, ist seit 1987 Teil des Unesco-Welterbes. „Concordia domi foris pax“ lautet die vergoldete Inschrift am Holstentor, zu deutsch „drinnen Eintracht - draußen Friede“. Zumindest für Lübeck gilt dieser Spruch. 30 Geschütze zur Verteidigung der Stadt fanden in dem spätgotischen Bauwerk Platz, ein Schuss wurde daraus aber nie abgefeuert. Draußen Friede. Doch wer auf dieser Welt nimmt von der Inschrift des Holstentores Notiz? Unsere Gäste schon.