In der „Schlussrunde“ der Wahlkampfdiskussionen im Fernsehen standen sich Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien gegenüber. Dabei wurde deutlich, dass sich SPD-Kandidat Scholz selbst im Falle eines Wahlsiegs einer Regierungsmehrheit nicht sicher sein kann.
Berlin - Drei Trielle, Wahlarenen, Kinderinterviews: Es gab wohl noch nie so viele Wahlkampfrunden im TV vor einer Bundestagswahl wie in diesem Jahr. Den Abschluss machten ARD und ZDF am Donnerstagabend mit einer Runde von Spitzenpolitikern aller im Bundestag vertretenen Parteien. Titel der Sendung: „Die Schlussrunde“.
Die Sendung
Die Riege der Kanzlerkandidaten aus Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (Union) und Olaf Scholz (SPD) wurde ergänzt durch die Spitzenkandidaten Christian Lindner (FDP), Alice Weidel (AfD) und Janine Wissler (Linke). Für die CSU nahm Parteichef Markus Söder teil. Aufgrund der Größe der Runde konnten sich nicht alle sieben Politiker zu jedem Thema äußern.
Die Ausgangslage
Die Umfragen der großen Meinungsforschungsinstitute zeichnen von der Wählerstimmung ein übereinstimmendes Bild, wonach die SPD kurz vor der Wahl als stärkste Kraft wenige Punkte vor der Union liegt, gefolgt von den Grünen. Dahinter kommen FDP und AfD sowie die Linke. In der Sendung gab es keine Momente, die das Feld noch einmal grundlegend durcheinanderwirbeln könnten. Der in den Umfragen hinter Scholz zurückliegende Laschet nutzte die Sendung, um vor einem Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei zu warnen: „Wir tun alles, damit es dazu nicht kommt“, sagte der CDU-Chef.
Die Bündnisdiskussion
Die Frage des künftigen Regierungsbündnisses war die spannendste Frage des Abends. Schließlich waren anders als bei den TV-Dreikämpfen der Kanzlerkandidaten in der Runde auch Linke und FDP dabei, die nach der Wahl in unterschiedlichen Konstellationen als Koalitionspartner infrage kommen. Dabei wurde deutlich, dass die FDP und ihr Chef Christian Lindner besonders in Fragen der Finanzpolitik deutlich näher bei CDU und CSU sind als bei SPD und Grünen. So sprachen sich Lindner, Laschet und Söder einheitlich gegen Steuererhöhungen aus und stellten klar, an der Schuldenbremse festhalten zu wollen.
Lindners Selbstbewusstsein
Der FDP-Spitzenkandidat ist sich bewusst, dass seine Partei nach der Wahl eine entscheidende Rolle spielen dürfte: Denn sowohl eine Ampel mit SPD und Grünen als auch eine Jamaika-Koalition mit Union und Grünen kommt ohne die FDP nicht zustande. Lindner ließ deutlich erkennen, wozu er tendiert: „Die inhaltlichen Schnittmengen sind bei Jamaika am größten.“ Er wolle eine Koalition der Mitte: „Grüne Schulden, rote Steuererhöhungen gibt es mit uns nicht.“ An die Adresse von Scholz warnte Lindner zudem, dass sich aus einem Wahlsieg mit einem Wert von unter 30 Prozent kein klarer Auftrag zur Regierungsbildung ergebe.
Rot-rote Differenzen
Beim Thema Mieten sprach sich Scholz anders als die Linken-Politikerin Wissler gegen die Enteignung großer Wohnungsunternehmen und einen bundesweiten Mietendeckel aus. Auch Wisslers Forderung nach einer Abschaffung des Verfassungsschutzes lehnte der SPD-Kanzlerkandidat ab. Wissler bekräftigte zudem die ablehnenden Haltung ihrer Partei gegenüber der Nato: „Wir halten die Nato für völlig überkommen.“ Für Scholz, der von der Linken wiederholt ein Bekenntnis zu dem Verteidigungsbündnis forderte, dürfte der Abend noch einmal gezeigt haben, dass eine Regierungsbildung für ihn auch im Falle eines Wahlsiegs – sowohl mit Linkspartei als auch mit der FDP – keine einfache Aufgabe wird.
Der Querdenker-Streit
Nach dem tödlichen Schuss auf einen Tankstellen-Kassierer durch einen Maskenverweigerer in Idar-Oberstein forderten die Vertreter von Union, Grünen und SPD ein schärferes Vorgehen gegen Hass im Netz. AfD-Kandidatin Weidel vermied eine Distanzierung von der Querdenker-Bewegung: „Ich halte grundsätzlich nichts von einer Stigmatisierung einer Protestbewegung“, sagte sie. Söder warf der AfD daraufhin vor, die Querdenker-Bewegung anzustacheln.
Das Bekenntnis des Abends
Gefragt nach seinem Beitrag für den Klimaschutz zählte CSU-Chef Söder etwa auf, dass er versuche auf das Auto zu verzichten. Zudem reduziere er auch den Fleischkonsum, „das fällt einem Bayern gar nicht so leicht“. Auch die anderen Teilnehmer zählten ihre Bemühungen für den Klimaschutz auf. Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock nutzte dies für eine Spitze gegen die Konkurrenten: „Wenn jetzt alle solche Ökos sind, ist es ja schön , wenn die nächste Bundesregierung dann auch endlich klimaneutral wird.“
Das Fazit
Unterschiede zwischen den Parteien sind im Bundestagswahlkampf und auch in der Sendung „Schlussrunde“ deutlich geworden. Das heißt aber auch, dass die Koalitionsbildung nach der Wahl eine harte Nuss wird.
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