Dieser Sieg war hart erkämpft: Bernd Koch in der Sporthalle seiner Schule. Foto: Bulgrin - Bulgrin

26 Jahre lang war Bernd Koch das Gesicht und die Seele der Grundschule Hegensberg-Liebersbronn. Jetzt verabschiedet er sich in den Ruhestand – und hat schäumende Pläne.

EsslingenMomentan triumphiert noch der Abschiedsschmerz über die neu gewonnene Freiheit. Und den Blick aus seinem Fenster hinunter ins Tal wird Bernd Koch (63) schwer vermissen, wenn er am 31. Januar die Tür zum Rektorat der Grundschule Hegensberg-Liebersbronn ein letztes Mal zuzieht. Der Schulleiter der derzeit rund 140 Schülerinnen und Schüler kleinen, aber feinen Grundschule verabschiedet sich in den Ruhestand. Nach 26 Jahren auf dem Berg und rund 40 Jahren im Schuldienst.

Die Esslinger Schulleitungsriege muss künftig ohne den einzigen Mann an der Spitze einer Grund-, Gemeinschafts- oder Realschule in der Stadt auskommen. Die Schule verliert mit ihm einen ebenso engagierten wie besonnenen Rektor. Einen Chef, der bei seiner Verabschiedung keine offiziellen Reden haben wollte, sondern sich auf das ausführliche Gespräch mit seinen Gästen gefreut hat. Der seine Kolleginnen, Schülerinnen und Schüler, Eltern und den Förderverein der Schule über die grünen Kleeblätter hinaus lobt, die ihm die Kinder in 140-facher Ausführung zum Abschied gebastelt und betextet haben. Und der eines nicht verstehen kann: Dass für die Spitze dieser „tollen Schule in dieser tollen Lage“ bislang noch keine Nachfolgerin oder kein Nachfolger gefunden wurde – obwohl seine Stelle schon im März ausgeschrieben war.

Chemie muss stimmen

Schulleiter einer Grundschule sind ein kostbares Gut. Ihre Stelle wird nur unwesentlich besser dotiert als eine normale Lehrerstelle, bringt aber wesentlich mehr an Arbeit mit sich. So wird vorerst die dienstälteste Kollegin Waltraud Klumpp, unterstützt von einem Team, die Führung übernehmen. Im Herbst sind nur Kinder für eine Eingangsklasse zusammengekommen. Das werden aber schon im nächsten Schuljahr wieder zwei sein. Koch: „An einer kleinen Schule muss die Chemie stimmen. Ich bin jeden Tag gerne in die Schule gekommen.“

1992 hatte er sich nach zehn Jahren als Deutsch- und Sportlehrer an der Grundschule in Plieningen auf die Funktionsstelle in Esslingen beworben – um wieder in seine Heimatstadt zurückzukehren. Viel hat sich in dieser Zeit verändert. Früher gab es noch die eine oder andere Stunde aus dem Ergänzungsbereich für Projekte oder individuelle Förderung. Heute veranlasst der Lehrermangel auch die Grundschule Hegensberg-Liebersbronn zu Klimmzügen. „Es wurde immer schwieriger, die Löcher zu stopfen“, so Koch. „Ich habe erst heute wieder eine Klasse für drei Tage geteilt.“

Im Vergleich zu früher hätten zunehmend mehr Kinder Probleme mit der Feinmotorik. „Wir können nicht mehr so früh mit der Schreibschrift anfangen.“ Zudem habe die Konzentrationsfähigkeit nachgelassen. Anfangs gab es viele Projekttage mit den Eltern oder Angebot der Eltern für die Kinder – heute sind die meisten Mütter berufstätig. „Die Grundschulbetreuung ist ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Schule“, betont Koch. Dennoch wollten die Eltern „keine Ganztagsschule“, sondern eine flexible Betreuungsform für ihre Kinder. Auch im Unterricht hat sich viel getan: jahrgangsübergreifende Projekte, offene Unterrichtsformen und selbst am Nachmittag ein volles Lehrerzimmer, weil sich die Kolleginnen gemeinsam vorbereiten. Diese gelebte Gemeinschaft hat Koch immer gut gefallen. 60 bis 70 Prozent der Schüler aus Hegensberg-Liebersbronn bekommen die Empfehlung fürs Gymnasium. „Das Überspringen einer Klasse ist bei uns keine Seltenheit“, sagt Koch. Deshalb sei auch die Spitzenförderung für seine Schule immer wichtig gewesen.

Kampf um die Sporthalle

17 Jahre lang hat er mit seiner Schule Seite an Seite mit Bürgerausschuss und Vereinsleuten für eine Sporthalle auf dem Berg gekämpft. Aus der wurden aufgrund des Eingriffs von OB Jürgen Zieger dann am Ende zwei: 2009 hat Kochs Schule eine moderne Halle direkt neben den Schulgebäuden bekommen, anschließend wurde die Halle an der Römerstraße gebaut. „Ich bin nach wie vor sehr glücklich über unsere Halle“ – und da spricht nicht nur der Sportlehrer aus ihm.

Im Förderverein hat er als zweiter Vorsitzender gute Freunde gefunden, dort wird er sich jetzt als „normales Mitglied“ einreihen. Und er wird sich einen alten Wunsch erfüllen. „Eigentlich wollte ich Archäologie studieren. Aber graben tun die wenigsten, die meisten landen in der Verwaltung eines Museums. Und das wollte ich nicht.“ Aber zum Sommersemester will er sich in Vor- und Frühgeschichte als Gasthörer an der Universität Tübingen einschreiben. Und er will ins Bierbrauen einsteigen. Vor seiner Garage. Das Equipment fehlt aber noch. Seine Esslinger Schulleitungskolleginnen haben ihm zum Abschied jedenfalls Gutscheine eines Brauereiversands überreicht.