Die Pfannensteige ist ein überregional bedeutender Radweg. Foto: Dietrich - Dietrich

Über die Pfannensteige in Neidlingen ist ein bedeutender Radweg. Doch wegen Steinschlags ist die Verbindung zum Bahnhöfle auf der Albhochfläche seit vier Jahren gesperrt.

NeidlingenRadfahrer, aber auch Wanderer und Landwirte müssen Umwege oder beschwerlichere Aufstiege hoch auf die Schwäbische Alb in Kauf nehmen: Seit vier Jahren ist in Neidlingen die Pfannensteige zum Bahnhöfle wegen Steinschlags gesperrt. Eine echte Alternative gibt es nicht. Deshalb häuften sich seit Frühjahresbeginn die Beschwerden, berichtet Karl Burkhardt, Leiter des Neidlinger Bauhofs. Die Pfannensteige hat eine gleichmäßige, geringe Steigung und ist gut in Schuss. Der Bauhof und die Forstverwaltung haben den Weg im Herbst freigeschnitten und dafür gesorgt, dass er nicht zuwächst. Radfahrspuren seitlich der Absperrung zeigen es deutlich: Der Weg ist so attraktiv, dass er trotz der Sperrung benutzt wird.

Grund der Sperrung ist der große Felsen unterhalb der Ruine Reußenstein. Ein Fachbüro untersuchte den Fels im Auftrag des Landratsamts 2014 und stellte die Gefahr von Steinschlag und eines Felssturzes fest. Der Fels muss also gesichert werden. Bis das geschehen ist, ist der darunterliegende Wald wegen Lebensgefahr gesperrt. „Wir müssen die Leute vertrösten“, sagt Neidlingens Bürgermeister Klaus Däschler. Die Sperrung dauert bis mindestens Ende 2019. Außerdem muss die Gemeinde immer wieder die Absperrungen erneuern. „Es geht nicht vordergründig um die Kosten“, sagt Däschler zur Felssicherung. Doch es müssten viele Behörden koordiniert und viele Interessen unter einen Hut gebracht werden.

Alte Steige ist steil und uneben

Unter der Sperrung leiden auch private Waldbesitzer und Landwirte, die auf der Albhochfläche Flächen bewirtschaften. Die einzige Alternative für einen Albaufstieg jenseits der Landstraße L 1200 haben Radler in der Alten Steige. Sie ist steil und in schlechtem Zustand, außerdem bedeutet sie einen Umweg von mehreren Kilometern zum „Bahnhöfle. „Der Weg fehlt“, sagt Bernd Cremer, Mitglied des Kreisvorstands des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Da führen mit dem Schwäbische-Alb-Radweg und dem Alb-Neckar-Radweg zwei Landesradwege darüber, zusätzlich zwei regionale Radwege.“ Die Pfannensteige sei „ein schöner, radelbarer Weg“. Im Gegensatz dazu sei die steile und ruppige Alte Steige aufwärts für normale Radler nicht befahrbar und abwärts gefährlich. Cremer hofft daher, dass die Pfannensteige so bald wie möglich wieder freigegeben wird. „Bis da alles mit allen abgestimmt und untersucht ist, dauert es leider“, sagt Wolf-Dieter Roser, Sprecher des Landratsamts Esslingen, „was für alle unbefriedigend ist.“

Bis es so weit ist, könnte sich mancher Radler im Stillen überlegen, was statistisch wahrscheinlicher wäre: Auf der Pfannensteige von einem Felsbrocken getroffen zu werden, auf der steilen Alten Steige zu stürzen, was wenigstens nicht tödlich wäre, oder auf der kurvigen Landstraße von einem rücksichtslosen oder unaufmerksamen Auto-, Lastwagen- oder Motorradfahrer gefährdet zu werden. Eine Beschilderung „Benutzung auf eigene Gefahr“ ist rechtlich nicht möglich. Ein mächtiger Felssturz sei mehr als ein „erwartbares Restrisiko“, mit dem ein Radfahrer eventuell rechnen müsse, erklärt Roser. Deshalb liege die Verkehrssicherungspflicht und damit Haftung beim Landkreis.

Viele reden mit

Die Schwierigkeiten bei der Felssicherung fasst der Sprecher des Landratsamts wie folgt zusammen: Das Gebiet Reußenstein liege in einem FFH-Gebiet. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ist eine Naturschutzrichtlinie der EU. Eine Sicherung des Felsens greife erheblich in den FFH-Lebensraumtyp „Kalkpionierrasen“ ein. Der Felsen könnte mit einem Fangzaun gesichert werden, ohne Eingriff in den Kalkpionierrasen. Ob das erlaubt ist, klärt aber erst eine Stellungnahme der EU-Kommission. Das Regierungspräsidium siedelt das Schutzgebiet mit seiner „Nulltoleranzgrenze“ so hoch an, dass diese Stellungnahme erforderlich ist.

Zudem hängen zwei Sanierungen miteinander zusammen: Der Keller der Ruine Reußenstein steht auf einem absturzgefährdeten Felszacken. Doch selbst beim Absturz der äußeren Kellerwand bliebe die Ruine standsicher. Die Brutzeit der Wanderfalken und Kolkraben muss bei beiden Projekten beachtet werden. Auch Fledermäuse gibt es in diesem Gebiet. Die Abstimmung erfolgt zwischen zahlreichen Stellen: Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt, Forstverwaltung, Liegenschaftsverwaltung, verschiedene Abteilungen im Regierungspräsidium, EU-Kommission, Denkmalschutz, tierökologische Begutachtung, Rechtsamt und ein Ingenieurbüro. Für den Denkmalschutz ist klar, dass der Keller erhalten bleiben muss, der Naturschutz ist gegen einen Eingriff in den FFH-Lebensraum.