Michael Ballweg bei einer Kundgebung nahe der JVA Stuttgart-Stammheim, die er am 4. April unter Auflagen hatte verlassen dürfen. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

1.500 Menschen versammelten sich am Sonntag vor der JVA Stuttgart, um die Rückkehr von Michael Ballweg zu feiern. Der Querdenken-Gründer erklärt seine neuen Ziele.

Marschtrommel und Pauken hallen durch die Korntaler Straße in Stammheim. „Ist der Ballweg nicht grade freigekommen?“ fragt eine Passantin, die den Demonstrationszug begutachtet. Ihre Irritation rührt von den Transparenten mit der Aufschrift „Free Michael Ballweg“ her, die vereinzelt mitgeführt werden.

Ein junger Mann filmt mit dem Smartphone mit. Er weiß nicht so recht, worum es geht, aber der Menschenauflauf ist spannend. Insgesamt ist das Interesse von Außenstehenden gering. Ein Herr lugt hinter der Gardine hervor, eine Familie ist auf den Balkon getreten, um zu sehen, wer da am Sonntagnachmittag nach Aufmerksamkeit verlangt. Wenn Menschen den Wegesrand säumen, sind es Bekannte von Demonstrierenden oder Sympathisanten. Einige schließen sich auf dem Weg zur JVA Stammheim an, wo die Reihe der Kundgebungen, die Ballwegs Untersuchungshaft begleiteten, mit einem „Freude- und Friedensfest“ ihr vorläufiges Ende finden soll.

Altbekannte Slogans zu sehen

Rund 1500 Anhänger des „Querdenken“-Initiators haben sich trotz Nieselregen eingefunden, um Ballwegs Rückkehr zu feiern. Der wird von einem seiner Vorredner als „Gründer der Friedensbewegung“, bezeichnet, als die sich die Versammelten offenbar verstehen. „Ich bin nicht im Krieg mit Russland“, steht auf einem Regenschirm. Slogans wie „Frieden schaffen mit Liebe“ und „Ami go home – BRD raus aus der Nato“ sind zu sehen. Auf einem Banner vor dem JVA-Gebäude flankieren Friedenstauben die Forderung: „Freiheit für Michael Ballweg“.

Die Pandemie ist besiegt oder wurde – so drückt es ein in Großbuchstaben mit „Sieg“ überschriebener Text in der ausgelegten Publikation „Demokratischer Widerstand“ aus – von der Regierung aktiv beendet. Die wird von der Bühne als „Marionettenregierung“ attackiert. Von den „Faschisten der Grünen-Sekte“ ist die Rede. Ihnen will man sich entgegenstellen. Dafür bedient man sich gerne altbekannter Slogans wie „Frieden schaffen ohne Waffen.“

Petition für die Insassen der JVA Stammheim

Ballweg selbst, der mit Jubel empfangen wird, nachdem er mit einem schlichten „Hallo Stuttgart“ ans Mikrofon getreten ist, formuliert ein weiteres großes Anliegen: den Einsatz für alle politischen Gefangenen. Konkret hat er eine Petition für die Insassen der JVA Stammheim gestartet. Er fordert einen Ausgleich für die erschwerten Haftbedingungen in der Corona-Zeit und eine Rückkehr zum Normalbetrieb. „Es ist schön, wieder da zu sein“, so der 48-Jährige. Mit seiner Verhaftung hätten sich die Verantwortlichen ein Eigentor geschossen, ist er sich sicher. Die Bewegung sei nun noch dezentraler organisiert. Ballweg sieht sich nun im Kreise mehrerer Mitstreiter mit Führungsqualitäten. Gemeinsam mit ihnen soll es nun weitergehen. Die Zeit der Inhaftierung hat Ballweg zur Formulierung eines Konzepts genutzt. Der Titel: „Querdenken 2023-2030“.