Der Tod des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny sorgt international für Bestürzung (Archivfoto). Foto: dpa/Alexander Zemlianichenko

Putin-Kritiker Alexej Nawalny soll in einem sibirischen Straflager zusammengebrochen und gestorben sein. Der Westen reagiert entsetzt - und beschuldigt die russische Regierung. Es bleiben aber offene Fragen.

Die Todesnachricht sorgt für Erschütterung in der westlichen Welt: Eine sibirische Strafvollzugsbehörde teilte am Freitag überraschend mit, dass der bekannte russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in Haft gestorben ist. Angeblich, so berichten es russische Medien, sei der 47-Jährige bei einem Spaziergang plötzlich zusammengebrochen. Rettungsversuche seien erfolglos geblieben. Die Todesursache werde ermittelt, hieß es.

Nicht zuletzt in Deutschland löste die Nachricht Trauer und Bestürzung aus.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD):

„Er hat sich in Russland für Demokratie und Freiheit eingesetzt und offenbar seinen Mut mit dem Leben bezahlt. Die furchtbare Nachricht zeigt einmal mehr, wie sich Russland verändert hat und was für ein Regime in Moskau regiert.“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne):

„Wie kaum ein anderer war Alexej Nawalny Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland. Genau deswegen musste er sterben.“

CDU-Chef Friedrich Merz:

„Das System Putin hat sein menschenverachtendes Gesicht erneut gezeigt. Wir werden Alexej Nawalny nicht vergessen.“

Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU):

Nawalny sei „Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands“ geworden, erklärte Merkel. „Es ist furchtbar, dass mit ihm eine mutige, unerschrockene und sich für sein Land einsetzende Stimme mit fürchterlichen Methoden zum Verstummen gebracht wurde.“

EU-Ratspräsident Charles Michel:

„Die EU hält das russische Regime für alleinverantwortlich für diesen tragischen Tod“, schrieb Michel. Nawalny habe „für seine Ideale das ultimative Opfer“ gebracht.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg:

„Ich bin zutiefst traurig und beunruhigt.“ „Alle Fakten müssen ermittelt werden, und Russland muss ernsthafte Fragen beantworten.“

Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch schrieb unterdessen auf der Online-Plattform X, ihr liege noch keine offizielle Bestätigung des Todes seitens der Behörden vor. Ein Anwalt bemühe sich um nähere Informationen. Nach Angaben aus dem Umfeld des prominenten Dissidenten soll er bei einer Videoschalte am Donnerstag noch einen fitten Eindruck gemacht haben. In den vergangenen Monaten hatte es allerdings immer wieder Berichte gegeben, dass sich Nawalnys Gesundheitszustand aufgrund der widrigen Haftbedingungen massiv verschlechtert habe. Menschenrechtsorganisationen und Regierungen in aller Welt setzten sich zuletzt immer wieder vergeblich für eine Freilassung ein.

Auch außerhalb Europas sorgte die Todes-Nachricht aus Russland für Entsetzen

Die EU macht derweil „das russische Regime allein“ für den Tod verantwortlich - so formulierte es EU-Ratspräsident Charles Michel auf X. „Alexej Nawalny kämpfte für die Werte der Freiheit und der Demokratie. Für seine Ideale hat er das höchste Opfer gebracht“, schrieb der Politiker und fügte hinzu: „Kämpfer sterben. Aber der Kampf für Freiheit endet nie.“

Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné:

„Alexej Nawalny hat seinen Widerstand gegen ein System der Unterdrückung mit dem Leben bezahlt.“

Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak:

Der Tod Nawalnys sei eine „großen Tragödie“ für das russische Volk, schrieb Sunak. Als stärkster Verfechter der russischen Demokratie habe Nawalny „sein ganzes Leben lang unglaublichen Mut bewiesen“.

Ukrainischer Präsident Wolodymyr Selenskyj:

Der russische Staatschef müsse „für seine Verbrechen bezahlen“, sagte Selenskyj in Berlin. Nawalny sei „offensichtlich getötet (worden), wie tausende andere“, fügte er hinzu.

Russischer Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow:

„Alexej Nawalny ist drei Jahre lang gefoltert worden. Sein Arzt hat mir gesagt, dass der Körper das nicht aushalten kann. Seine Strafmaßnahme umfasste auch: Mord“, zitierte die Zeitung „Nowaja Gazeta“ Muratow.

Russischer Schach-Großmeister Garry Kasparow:

Putin habe Nawalny „langsam und in aller Öffentlichkeit im Gefängnis ermordet“, erklärte Kasparow.

Lettlands Präsident Edgars Rinkevics:

Nawalny sei „brutal vom Kreml ermordet“ worden, erklärte Rinkevics. „Dies ist ein Fakt und etwas, was man wissen sollte über den wahren Charakter des gegenwärtigen russischen Regimes.“

Auch außerhalb Europas sorgte die Todes-Nachricht aus Russland für Entsetzen. Die US-Regierung sprach am Freitag von einer „schrecklichen Tragödie“. Angesichts der spärlichen Informationen wolle man sich jedoch mit weiteren Kommentaren vorerst zurückhalten, hieß es.

US-Außenminister Anthony Blinken:

„Sein Tod in einem russischen Gefängnis, die Fixierung auf ihn und die Furcht vor ihm unterstreichen nur die Schwäche und Fäulnis im Herzen des Systems, das Putin aufgebaut hat.“

Nawalny saß seit 2021 in Haft. Ihm wurde unter anderem Extremismus vorgeworfen. Mehrere Gerichte verhängten in fragwürdigen Prozessen langjährige Freiheitsstrafen gegen den bekannten Kritiker Wladimir Putins. Insgesamt sollte er mehrere Jahrzehnte hinter Gittern verbringen. 2020 war Nawalny Opfer eines Anschlags mit Nervengift geworden. Er machte den Kreml dafür verantwortlich.