Bürgermeister und Stadträte haben auf Initiative der CDU mit Politikern und Bahnverantwortlichen über Lärmschutz diskutiert. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Seit Jahren ist Schienenlärm in den Kreiskommunen an der Strecke Stuttgart-Ulm ein heißes Thema. Bei zwei Lärmgipfeln mit der Deutschen Bahn wurden Pläne zur Besserung geschmiedet - doch die Umsetzungsbilanz bietet wenig Anlass zur Freude. Deswegen haben die CDU-Gemeinderatsfraktionen der betroffenen Kommunen Konzernvertreter und Bundespolitiker ins Plochinger S-Bahn-Werk geholt. Diese planen, bis 2020 keine lauten Güterzüge mehr fahren zu lassen.

Von Greta Gramberg

„Wir müssen leider eine flächenhafte Zunahme der Lärmbelastung durch den Schienenverkehr feststellen“, sagte Plochingens Bürgermeister Frank Buß. Er vertrat die kommunale Seite bei der Veranstaltung am Donnerstagabend, zu der neben Vertretern der Deutschen Bahn die parlamentarischen Staatssekretäre Markus Grübel und Norbert Barthle, Landtagsabgeordneter Karl Zimmermann sowie Rathausvertreter und Gemeinderäte aus Plochingen, Deizisau, Altbach, Wernau, Wendlingen und Esslingen gekommen waren.

Buß berief sich auf Untersuchungen des Eisenbahnbundesamtes und des Verwaltungsverbandes Plochingen-Altbach-Deizisau, nach denen 1300 Plochinger, 270 Altbacher und 210 Deizisauer einen durchschnittlich höheren Lärmpegel durch Schienenverkehr ertragen müssen als vor einigen Jahren. In Plochingen ergab eine Analyse 2016, dass 1120 Einwohner einem Schallpegel von mehr als 65 Dezibel ausgesetzt sind - ein Wert, der zumindest längerfristig gesenkt werden sollte. „Wir weisen sehr dezidiert nach, dass Handlungsbedarf besteht“, so Buß.

Doch mit der Arbeit der Bahn sind die Kommunen unzufrieden: Bei Lärmschutzgipfeln 2009 und 2012 in Wendlingen wurden Maßnahmenpakete abgesprochen, die laut Buß den Lärm um bis zu 14 Dezibel senken würden. „Das sind nicht nur Welten, das sind fast Galaxien.“ Doch viele der Absprachen wie die Aufnahme der Strecke ins Schienenschleifprogramm, die Erprobung innovativer Techniken und der Bau einiger Lärmschutzwände wurden nicht umgesetzt. Darum bat Buß die Bahn, weiter im Kreis Esslingen zu investieren.

Es gab aber auch gute Nachrichten: Norbert Barthle (CDU), Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister, teilte mit, dass ein Bundesgesetz auf dem Weg ist, das ab 2020 laute Güterzüge verbietet. Der Staat fördert die Umrüstung auf leise Bremstechnik mit 152 Millionen Euro - auch bei ausländischen Wagen, für die das Verbot ab 2020 ebenfalls gelten soll. Derzeit hätten 31 Prozent aller Güterwagen bereits leise Bremsen. Der Gesetzgeber hat Barthle zufolge auch ein lärmabhängiges Trassengebührensystem eingeführt, das zusätzlichen Anreiz schaffen soll, leiser zu werden, und der Bund stellt für das Lärmsanierungsprogramm aktuell 150 Millionen Euro jährlich bereit.

Die Bahn-Vertreter zeigten sich selbstbewusst: Bei der Umsetzung des Versprechens, den Schienenlärm bis 2020 zu halbieren, sei man im Plan. Im Rahmen des freiwilligen Lärmsanierungsprogramms hat der Konzern bis Ende 2016 mit eigenen und Bundesmitteln 1600 Kilometer Bestandsstrecke lärmsaniert und 32 400 leise Güterwagen angeschafft oder umgerüstet - das ist die Hälfte der insgesamt 3300 Kilometer hochbelasteter Streckenabschnitte und 64 000 Wagen. „Die Bahn hat ihr Wort gehalten“, sagte Regionalchef Sven Hantel. Dabei sei sie Vorreiter. Für zwei Drittel des Schienengüterverkehrs sind andere verantwortlich. Beim Neubau sind Schienenbetreiber seit 1974 zu Lärmschutz verpflichtet.

Andreas Gehlhaar, Lärmschutzbeauftragter der Bahn, machte klar, dass der Konzern das Thema ernst nimmt. „Nur einer leisen Bahn gehört die Zukunft.“ Wer mehr Verkehr auf die Schiene verlagern wolle, brauche auch die Akzeptanz der Bürger vor Ort. Gehlhaar erklärte, das Unternehmen werde noch einmal jeden der 3300 Kilometer überprüfen. Sabine Weiler, die zahlreiche Lärmsanierungsprojekte der Bahn geleitet hat, machte klar, dass im Kreis die geplante Lärmschutzwand in der Esslinger Innenstadt vorerst das letzte Projekt sein wird - mit Vorbehalt der erwähnten Neubewertung. Ihr zufolge wurden im Kreis 15,6 Millionen Euro an Schallschutz verbaut. Regionalchef Hantel stellte zudem Steffen Weigel, Bürgermeister im schienenlärmgeplagten Wendlingen, ein Gespräch in Aussicht.

„Direkter Austausch ist sehr wichtig“, sagte Reiner Nußbaum, Plochinger CDU-Stadtrat, am Ende der Veranstaltung. Er nehme mit, dass die Reduzierung des Bahnlärms noch viel Potenzial habe. Man habe zu spät angefangen, das Thema anzugehen. Es freue ihn aber, dass man eingestiegen sei. „Die Lebensqualität in einem so dicht besiedeltem Raum ist wichtig, das müssen wir voranbringen.“