Emmanuel Macron gibt sich bei seiner TV-Ansprache kämpferisch. Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Nach dem Verlust der Mehrheit im französischen Parlament strebt Präsident Emmanuel Macron eine Koalition mit seinen politischen Gegnern an.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte seit dem letzten Wahlsonntag lange Zeit geschwiegen – und damit indirekt gezeigt, wie sehr ihn die Schlappe bei den Parlamentswahlen auf dem falschen Fuß erwischt hatte. Am Donnerstagabend versuchte er dann, die Initiative über einen feierlichen Fernsehauftritt zurückzugewinnen. Mit fester Stimme räumte er ein, dass sein Lager in der Nationalversammlung über keine Mehrheit mehr verfüge. Deshalb sei er auf die Unterstützung durch andere Parteien angewiesen. „Sie müssen nun sagen, wie weit sie gehen wollen“, forderte sie der isolierte Präsident auf: „Entweder gehen sie eine Koalition ein oder sie unterstützen uns Text für Text.“

Macron hält an Steuersenkungen fest

Beides wird von den übrigen Parteien bisher abgelehnt. In Einzeltreffen im Elysée schlug Macron den Fraktionschefs offenbar sogar vor, eine „Regierung der nationalen Einheit“ zu bilden. Das würde es ihm erlauben, im Mittelpunkt des politischen Geschehens zu bleiben, leitet doch der Staatschef in Paris die wöchentliche Regierungssitzung.

Doch was sich auf dem Papier als Ausweg aus der politischen Blockade ausnimmt, ist in Wahrheit völlig illusorisch: Die Linksallianz Nupes von Jean-Luc Mélenchon (131 Parlamentssitze), die Rechtspopulistin Marine Le Pen (89 Sitze) und der Proeuropäer Emmanuel Macron (245 Sitzen) haben politisch nichts gemein. Macron sprach zwar im Fernsehen von „Kompromissen“, machte aber auch klar, dass er an seinen Steuersenkungen und der Erhöhung des Rentenalters festhält. Das Linksbündnis Nupes verlangt das genaue Gegenteil.

Mélenchon und Le Pen denken deshalb nicht daran, dem unpopulären Minderheitspräsidenten aus der Patsche zu helfen. Auch Kommunistenchef Fabien Roussel erklärte nach seinem Treffen mit Macron, nachdem ihn dieser auf die Idee einer Einheitsregierung angesprochen hatte: „Ich habe dem Präsidenten sofort geantwortet: ‚Das kommt nicht in Frage. Es gibt ein solches Klima des Misstrauens gegen Sie!’“

Keine Hilfe aus dem konservativen Lager

Auch die konservativen Republikaner haben keine Lust, mit ihren 61 Sitzen Macron zu stützen. Macrons Rede an die Nation dürfte deshalb kaum aus der politischen Sackgasse führen. Indem er sich direkt an die Nation wandte, erweckte er fast den Eindruck, er wolle das Parlament umgehen. Denn das neue Machtzentrum in Paris ist nicht mehr der Elysée-Palast, sondern vielmehr die Nationalversammlung. Während Macrons erster Amtszeit hatte sie die Vorlagen aus dem Elysée dank seiner absoluten Mehrheit stets abgenickt. Mittlerweile neutralisieren sich dort allerdings die drei Blöcke der Linken, Rechten und Macronisten gegenseitig, was harte Konflikte bewirken dürfte. Auch nach dem TV-Auftritt bleibt eigentlich schleierhaft, wie Macron die nächsten fünf Jahre regieren und Frankreich reformieren will.