Professorin Margot Körber-Weik (links), die die ersten Gleichstellungsgrundsätze für die Hochschule Nürtingen entwickelte, diskutierte unter anderen mit der Gleichstellungsbeauftragten, Professorin Isabel Acker. Foto: oh Quelle: Unbekannt

(red) - Schon 1966 gab es an der damaligen Höheren Landbauschule Nürtingen eine Professorin: Rosemarie Pfeffer. Dann geschah 20 Jahre lang nichts mehr für die Gleichstellung in der Wissenschaft. Erst 1988 kamen drei Professorinnen an die Lehranstalt, die inzwischen Hochschule geworden war. Der nächste Schritt an der damaligen Fachhochschule war der erste Gleichstellungsplan.

Die heutige Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen feiert ein Vierteljahrhundert Gleichstellung. Viel hat sich getan: In vielen Studiengängen ist die Mehrzahl der Studierenden weiblich und von den fast 130 Lehrenden sind 28 Professorinnen. Die Gleichstellung an der Nürtinger Hochschule ist untrennbar mit Professorin Margot Körber-Weik verbunden. Sie entwickelte die ersten Gleichstellungsgrundsätze für die Hochschule, war erste Gleichstellungsbeauftragte und vertrat ihr Anliegen vehement sowie erfolgreich auf Landesebene als Sprecherin der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen in Baden-Württemberg.

Die Feierstunde an der Hochschule fiel in eine schwierige Zeit für Gleichstellungsdebatten. Nicht nur in den USA reagieren Teile der Öffentlichkeit genervt auf politisch korrekte Vorgaben. Der Wahlsieg von Donald Trump offenbart, dass es mit einem politisch unkorrekten Verhalten und einer Frauen diskriminierenden Rhetorik möglich ist, höchste Staatsämter zu gewinnen.

„Sprache erzeugt Bilder“, stellte Professorin Barbara Schwarze von der Hochschule Osnabrück in ihrem Vortrag „Gendergerechte Sprache“ fest, sie sei ein Machtfaktor. Bilder erzeugten Meinungen und Einstellungen. Dennoch werde das Anliegen einer „gendergerechten Sprache“ als isoliertes Thema in akademischen Diskussionen abgetan. Das zeigten auch politische Entwicklungen hierzulande: Es sei in populistischen Strömungen schick, politische Korrektheit und gendergerechte Sprache zu verteufeln. Seit der Revolution 1848 werde in der Sprache der männliche Fall für Wörter benutzt, die beide Geschlechter bezeichnen, sagte Schwarze. Hochschulen bildeten keine Ausnahme: Sei von Wissenschaftlern die Rede, gehe man mit dem Hinweis, dass auch weibliche Forschende gemeint seien, der Tatsache aus dem Weg, dass sie nicht als solche bezeichnet werden. Das setze sich im allgemeinen Sprachgebrauch fort: Es sei üblich, dass im Marketingjargon „der Kunde“, der dies und jenes wünscht, entscheidend sei. Würde sich davon der weibliche Teil der Kundschaft nicht länger angesprochen fühlen, wären die Folgen drastisch.

Werde nur das Maskulinum betont, werde Sprache zu einem Machtfaktor, sagte die Referentin. Frauen „werden als Beteiligte unsichtbar, wir müssen Frauen benennen“. Sie zitierte Konfuzius: „Dass Worte stimmen, ist das Wichtigste.“ Margot Körber-Weik erzählte, dass sich in den 1960er-Jahren die Nachbarn eingeschaltet hätten, weil ihre Eltern sie aufs Gymnasium schicken wollten. „Beim Abitur war es ähnlich, das hörte dann erst an der Universität auf.“

Professorin Cornelia Niederdrenk-Felgner war die erste Prorektorin in Nürtingen und somit eine Frau in einer Führungsposition. Sie habe sich als Frau nie in ihrer Karriere gebremst gefühlt. Allerdings seien Führungspositionen mit anderen Aufgaben nicht vereinbar. Sie habe diese nur ausfüllen können, weil sie keine Kinder und keine Eltern zu versorgen oder andere Verpflichtungen gehabt habe. „Will man mehr Führungsfrauen, müssen sich die Strukturen ändern. Wir brauchen kooperative Führungsleitlinien, die Aufgaben müssen auf mehrere Schultern verteilt werden, sonst wird das nichts.“