Der Cannstatter Büttel Wolfgang Pfeffer, gefolgt vom Küblerrat. Foto: Lichtgut/Julian Rettig - Lichtgut/Julian Rettig

Drei Tage lang war Cannstatt in der Hand der Narren: Mit einem großen Umzug am Sonntag ging das Narrentreffen der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischen Narrenzünfte zu Ende.

StuttgartAls ein prächtiges Schauspiel schwäbisch-alemannischer Fasnetstradition und ein Fest für tausende von Zuschauern hat sich der große Umzug durch die Gassen der Altstadt gezeigt. Der Höhepunkt des Narrentreffens der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte hatte am Vorabend ordentlich Anlauf genommen, als an Brunnenplätzen und am Holzmarkt Zünfte ihr Brauchtum vorführten, dicht umringt vom bestens aufgelegten Narrenvolk. Höhepunkt war die „Hexenverbrennung“ auf einem Ponton auf dem Neckar, mit der die Offenburger Hexenzunft sonst am Fasnetsdienstag die Fasnet verbrennt.

Dann aber ging’s richtig los mit Narren-Party durch die Altstadt und bei Sperrstunde um fünf Uhr. So wollte manch Kübler von der Cannstatter Zunft am Morgen danach im Ratssaal versichern, er wisse „schon noch so ungefähr“, wie er nach Hause gekommen sei. Zum Zunftmeisterempfang mit Vertretern aller 71 teilnehmenden Zünfte waren aber alle da. Dabei ging es hoch her, mit einer Art Narrengericht und Beiträgen in der Manier von Büttenreden, während auf dem Platz unten der Frühschoppen fürs gemeine Narrenvolk abging. In der Marktstraße standen die Zuschauer schon dicht gedrängt.

Mächtige Böllerschläge

Mächtige Böllerschläge auf der Wilhelmsbrücke gaben das Startzeichen für die wartenden Zünfte. Ein bisschen nervös machte das nur Marion und Schorsch, die französischen Kaltblüter, die den offenen Wagen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann und OB Fritz Kuhn zu ziehen hatten, der den Zug anführte. Hinter dem ersten der 71 Täfele, alle von Kindern der Eichendorff-Gemeinschaftsschule gemalt, der gastgebende Kübelesmarkt, der nicht nur seine alten, historischen Felben, sondern auch Halb- und Vollmond sowie den Brunnengeist in deren erster Form auf den Weg schickte. Wie ein zweites Startzeichen wirkte, als die über 100 Felben ihre Rätschen mit ohrenbetäubendem Lärm kreiseln ließen.

Nun war die Straße eine einzige Bühne. Für Plätzle-Buba, Kettenweiber, Weißnarren und Hexen, Mostköpfe, Lach- und Heulgesichter, Schreckensmasken wie vom Erdbeben verschoben, Grobstaub-Produzenten, Henker, Fahnenschwinger, Binsengeister oder Altjungfern, die ihr Pech in pelzbesetztem Gewand mit Würde tragen. Mal heidnisch-naturnah im Reisiggewand, mal städtisch-gesetzt im Patrizierhäs. Die arme und die reiche Fasnet war zugange, manchmal sogar in einer Zunft, wie bei den Gengenbachern.

Dieses Schauspiel wollte kein Ende nehmen. Dabei hatte sich nach anderthalb Stunden gerade einmal ein Drittel der Zünfte auf den Weg gemacht: „Da kommt jetzt noch soviel!“, freute sich Manfred Häusser aus Zuffenhausen, der die Begeisterung der Zuschauer auf den Punkt brachte: „Beim Stuttgarter Fasching wird man verhaftet, wenn man Hurra schreit. Das hier aber ist richtige Fasnet! Fröhlich, ausgelassen und mit viel Tradition!“ Groß und Klein hatte daran sein Vergnügen. Auch, weil die schwäbisch-alemannischen Narren direkt zum Publikum gehen, mit ihm spielen und es beschenken. Ganz im Sinne des altehrwürdigen Mottos der schwäbisch-alemannischen Fasnet: „Allen zur Freud, keinem zum Leid.“