Die Niederlage vom 17. März 2019 hängt Lorenz Kruß (links) nach. Damals verlor er bei der Bürgermeisterwahl in Aichwald gegen Andreas Jarolim. Seither versucht der Aichtaler Rathauschef, das Vertrauen seiner Bürger zurückzugewinnen. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

2019 scheiterte Lorenz Kruß bei der Bürgermeisterwahl in Aichwald. Jetzt möchte der 54-Jährige als Rathauschef in Aichtal wiedergewählt werden.

Aichtal Am 10. Mai sind Bürgermeisterwahlen in Aichtal. Amtsinhaber Lorenz Kruß (parteilos) möchte weitere acht Jahre im Amt bleiben. Ob dem 54-Jährigen die Wiederwahl gelingen wird, ist ungewiss. Denn viele halten Kruß vor, dass er mit seinen Wechselabsichten im vorigen Jahr Vertrauen verspielt hat. Im Interview erzählt er, was er aus seiner Wahlniederlage in Aichwald gelernt hat und wie er die Aichtaler nach seinem missglückten Abenteuer wieder für sich gewinnen will.

Herr Kruß, für einige Leute kam es überraschend, dass Sie sich nach Ihrer Kandidatur in Aichwald jetzt auch wieder in Aichtal bewerben. Wann fiel die Entscheidung?
Das war direkt nach der Niederlage. Die Bewerbung in Aichwald war ein Schritt ins Ungewisse und manchmal muss man solch einen Schritt wagen, um festzustellen, dass das Bisherige doch das Beste ist. Mir ist klar geworden, wo ich hingehöre und ich gehöre definitiv nach Aichtal.

Wieso haben Sie sich überhaupt auf das Abenteuer Aichwald eingelassen?
Die Entscheidung fiel in eine schwierige Zeit. Wir haben über sehr viele Themen in den jeweiligen Gremien diskutiert, vielfach ohne klare Linie und ohne klares Ziel. Daran haben wir uns gegenseitig aneinander aufgerieben, was emotional sehr belastend war. Viele Menschen in Aichtal hatten Verständnis dafür, dass ich beruflich etwas Neues ausprobieren wollte. Auch ein Bürgermeister hat das Recht dazu.

Aber viele Aichtaler haben Ihnen das Aichwald-Intermezzo sicherlich auch übel genommen . . .
Ja, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Aber ich bin mir sicher, dass ich diese Menschen mit Ehrlichkeit und Offenheit wieder einfangen kann.

Auch das Verhältnis zwischen Ihnen und den Gemeinderäten ist sehr angespannt. Wie kann eine Zusammenarbeit in Zukunft funktionieren?
Natürlich wünsche ich mir, dass es harmonischer zugeht. Aber derzeit läuft es recht gut. Die letzte Sitzung mit dem Ältestenrat verlief zum Beispiel wirklich sachlich und konstruktiv. Wir konnten zusammen viele Unklarheiten und Missverständnisse beseitigen. Wir sind auf einem guten Weg, aber ich werde mich auch nicht verbiegen lassen.

Für den Fall, dass Sie wiedergewählt werden: Was werden für Sie die wichtigsten Themen in Aichtal sein?
Es wird sehr wichtig sein, die begonnenen Konzepte zur Mobilität und zum Quartier 2020 zu Ende zu bringen und fortzuschreiben. Mit beiden Konzepten gewinnen wir viele Informationen für die dringend notwendige Stadtentwicklungsplanung. Außerdem stehen zwei Neubaugebiete an, die Förderung des Ehrenamts und natürlich die Haushaltskonsolidierung.

Gutes Stichwort. Die Stadtkasse ist leer, große Investitionen sind nicht drin. Wie schwierig ist es, einen Wahlkampf zu führen, wenn man den Wählern Sparmaßnahmen schmackhaft machen muss?
Natürlich wäre es einfacher, man könnte den Leuten große Investitionen versprechen. Fakt ist aber, dass wir uns in Aichtal gesundschrumpfen und unseren Standard hinterfragen müssen. Und da müssen wir auch überlegen, inwieweit man die Bürger mit Steuer- und Gebührenerhöhungen beteiligen kann. Es kommt drauf an, wie man so etwas kommuniziert. Wenn man ehrlich zu den Menschen ist, werden sie das zu schätzen wissen.

Doch gerade die Kommunikation mit den Bürgern wurde in letzter Zeit häufig kritisiert . . .
Zugegeben, die Kommunikation nach außen war nicht immer optimal. Ich denke da zum Beispiel an den Bau des Kinderhauses Im Weckholder. Aber daraus kann man lernen. Ich möchte in Zukunft bei der Öffentlichkeitsarbeit einen Gang zulegen. Zum Beispiel sollen mehr Themen in öffentlicher Sitzung besprochen werden und es soll mehr Bürgerinformationsveranstaltungen geben.

Die vergangenen acht Jahre waren sicher nicht immer einfach. Warum wollen Sie sich noch eine Amtszeit antun?
Weil das Positive überwiegt. Zum Beispiel der Anschluss des Stadtteils Neuenhaus an das Glasfasernetz. Äußerst positiv in Erinnerung geblieben ist mir die Umstellung der nahezu kompletten Straßenbeleuchtung auf LED. Absolute Höhepunkte waren natürlich die Einweihung der Sporthalle Aichtal sowie des Kinderhauses Im Weckholder und nicht zuletzt die erst vor Kurzem begonnene Erschließung des Gewerbegebietes Südliche Riedwiesen.

Und wie wollen Sie die Aichtaler davon überzeugen, dass Sie noch immer der Richtige für das Amt sind?
Ich werde gezielt auf die Bevölkerung zugehen, zum Beispiel mit Bürgergesprächen und Spaziergängen. Egal ob mit oder ohne Mitbewerber.

Bewerbungsunterlagen schon eingereicht?
Das geht ja erst einen Tag, nachdem die Stellenausschreibung im Staatsanzeiger erschienen ist. Ich werde es gleich am Samstagmorgen machen.

Das Interview führte Matthäus Klemke.