Soldaten sichern in Belgien die Straßen, wenn Terrorgefahr herrscht. Ein Skandal in ihren Reihen wirft nun einen Schatten auf die Truppe. Foto: dpa/Federico Gambarini

Gegen eine Gruppe von Soldaten wird wegen Körperverletzung und Kokainkonsum ermittelt. Im Raum steht auch der Vorwurf des Waffenhandels.

In Belgiens Verteidigungsministerium schrillen die Alarmglocken. Die Armee wird von einem handfesten Skandal erschüttert, dessen Sprengkraft im Moment noch nicht abzusehen ist. Im Laufe der Ermittlungen wurde bereits ein kompletter Zug mit rund 40 Soldaten des 4. Pionierbataillons in Amay suspendiert. Gegen 14 der Verdächtigen läuft zusätzlich eine gerichtliche Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft in Lüttich. Vorgeworfen wird den Männern „inakzeptables“ Verhalten und „unmenschliche Behandlung“. Konkret soll es sich um zum Teil jahrelange brutale Schikanen von Kameraden bis hin zu Körperverletzung handeln. Auch Kokainkonsum wird den Männern vorgeworfen.

Im Raum steht der Verdacht auf Waffenhandel

Besonders brisant ist allerdings, dass die Behörden offensichtlich auch wegen des möglichen Handels mit Waffen und Munition ermitteln. Im Raum steht der Verdacht, dass die Soldaten militärische Ausrüstung an ausländische kriminelle Organisationen verkauft haben. Erwähnt werden tschetschenische oder albanisch-sprachige Mafia-Clans. Ein Teil der Ermittlungen wurde an die belgische Bundesanwaltschaft übertragen, die allerdings keine Aussagen zum Verdacht des Waffenhandels macht.

Für den belgischen Armeechef Michel Hofman sind die Untersuchungen und die damit zusammenhängende Auflösung eines ganzen Zuges eine „schwerwiegende“ und „wahrscheinlich einzigartige“ Entscheidung in der jüngeren Geschichte der belgischen Streitkräfte. Der Rest des Bataillons in Amay mit knapp mehr als 600 Soldaten scheint von den Vorgängen nicht betroffen.

Ministerin will Klarheit schaffen

Die belgischen Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder betonte, dass daran gearbeitet werde, um „völlige Klarheit und Transparenz zu schaffen“. Ihr Ministerium werde „alles in ihrer Macht stehende“ tun, um die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen und die Opfer zu unterstützen.

Viele der nun bekannt gewordenen Vorfälle sollen bereits aus dem Jahr 2021 stammen. Ins Rollen gebracht wurden die Ermittlungen aber erst Ende November 2023 durch eine E-Mail eines Familienmitgliedes eines der Opfer der Misshandlungen an das Verteidigungsministerium.

Empörung bei der Opposition im Parlament

Die Enthüllungen wurden auch im belgischen Parlament diskutiert. Der Abgeordnete Georges Dallemagne von der christlich-sozialen Partei „Les Engagés“ empörte sich: „Die Taten ereigneten sich über viele Monate, Jahre hinweg, ohne dass etwas gesagt wurde, ohne dass den Opfern geholfen wurde.“ In dasselbe Horn stieß Samuel Cogolati von der Partei „Ecolo“, der hielt es für „inakzeptabel, dass solch schwerwiegende Fakten unter dem Radar hätten verschwinden können“. Die Partei-Kollegen der sozialistischen Verteidigungsministerin sprachen hingegen von einer „politischen Instrumentalisierung“ der Vorfälle.

Armeechef Michel Hofman betonte, dass die Vorgänge auf keinen Fall mit den Werten der Streitkräfte vereinbar seien. Er forderte, dass die Soldaten und Soldatinnen mit ihrem Verhalten ein Vorbild für die Gesellschaft sein müssten. Rückendeckung bekam der Admiral von Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder. „Wir wollten ein starkes Signal senden“, sagte sie über die Ermittlungen. Das Image der Armee dürfe durch das Verhalten einer Gruppe von Soldaten nicht beschädigt werden. Das werde sie nicht tolerieren, betonte die Ministerin, und an dieser Linie werde sie bis zum Ende der Ermittlungen festhalten.