Der SPD-Außenexperte Michael Roth hat für kommendes Jahr seinen Ausstieg aus der Politik angekündigt. „Bis zur Bundestagswahl mache ich noch. Danach bin ich raus“, sagte der 53-jährige Bundestagsabgeordnete dem Magazin „Stern“.
Der SPD-Außenexperte Michael Roth hat für kommendes Jahr seinen Ausstieg aus der Politik angekündigt. „Bis zur Bundestagswahl mache ich noch. Danach bin ich raus“, sagte der 53-jährige Bundestagsabgeordnete in einem am Dienstag veröffentlichten Gespräch mit dem Magazin „Stern“. „Ich habe den Biss nicht mehr“, sagte er. „Ich spüre eine innere Distanz zum Betrieb. Jetzt ist mal Schluss mit Politik.“
Roth, der seit 2021 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages ist, sprach auch von einem schleichenden Entfremdungsprozess von der SPD. Er sei leidenschaftlicher Sozialdemokrat, sagte er. „Aber im letzten Jahr habe ich gemerkt, dass ich mit unseren Sitzungen immer mehr fremdele, dass mich die Gremien stören, die Stimmung darin.“ Er fügte hinzu: „Wenn die Tür zum Fraktionssaal aufging, hatte ich zuletzt den Eindruck, ich steige in einen Kühlschrank.“
Roth: „Manchmal fühlte ich mich wie ein Fremdkörper“
Roth sagte weiter: „Manchmal fühlte ich mich wie ein Fremdkörper.“ Zur Wahrheit gehöre, dass er öffentlich stark für seine Haltungen geworben, das Gespräch mit Kollegen aber vernachlässigt habe. „Insofern trage ich auch eine Mitverantwortung für die Entfremdung“, räumte der SPD-Politiker ein.
Roth hatte im Jahr 2022 einige Monate wegen einer mentalen Erschöpfung pausiert. Er verwies auf die Härte des politischen Betriebs: „Wenn man heute Spitzenpolitik betreibt, muss man sich fast komplett aufgeben.“ Roth betonte: „Das ist brutal. Spitzenpolitiker müssen heute jeden Tag einfach nur überleben.“ Er sei sich sicher: „Willy Brandt würde heute kein Bundeskanzler mehr werden können.“
In dem Gespräch mit dem „Stern“ sprach Roth auch von seiner harten Kindheit. Politik sei „eine Art Ausweg“ für ihn gewesen. „Ich komme aus einer Bergarbeiterfamilie vom Dorf, war immer in einer Outlaw-Ecke“, sagte er. „Ich war der Typ mit dem Vater, der gerne einen zu viel trinkt. Bei uns war alles schwierig.“ Der 53-Jährige sagte weiter: „Wir waren vier Jungs, galten manchen im Dorf als asozial.“
Roth: „Ich habe meine Herkunft ausgeblendet, mich geschämt.“
Jahrelang habe er seine Kindheit und Jugend zu überspielen versucht. „Ich habe meine Herkunft ausgeblendet, mich geschämt.“ Während seiner Studienzeit sei er „permanent in die Oper gegangen, ins Theater“. Er habe alle Bücher von Heinrich Böll gelesen, „mir gute Manieren beigebracht, mein Hochdeutsch trainiert, damit niemand merkt, woher ich komme“, sagte Roth. „Das war völlig absurd. Mittlerweile weiß ich, dass die Vergangenheit, der Schmerz immer Teil der eigenen Identität bleiben.“ Er sei jetzt gelassener, fügte der SPD-Politiker hinzu.
Roth ist seit 1998 Bundestagsabgeordneter. Von 2013 bis 2021 war er Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt.