Michael Medla löst Sonja Spohn an der SPD-Fraktionsspitze ab. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Die SPD-Fraktion im Esslinger Kreistag hat den erst 25-jährigen Juristen Michael Medla aus Nürtingen zum Vorsitzenden gewählt. Er löst Sonja Spohn ab.

Kreis EsslingenDie SPD-Kreistagsfraktion hat den 25-jährigen Michael Medla aus Nürtingen zu ihrem Fraktionsvorsitzenden gewählt. Der Jurist, der schon mit 21 Jahren in den Kreistag eingezogen ist, löst Sonja Spohn ab, die 18 Jahre lang die Fraktion führte. Medla hat sich vorgenommen, die Kreispolitik auch für junge Leute greifbarer zu machen. Von den Grünen will sich der Sozialdemokrat absetzen, indem er ökologische Politik sozial verträglich gestalten will. Seit Oktober 2018 ist Medla außerdem Vorsitzender des Kreisjugendrings. Dieses Ehrenamt hatten auch seine Vorgänger an der Fraktionsspitze inne: Sonja Spohn und Wolfgang Drexler.

Nur mit einem Ausgleichsmandat hat es Sonja Spohn im Wahlkreis Wendlingen geschafft, wieder in den Kreistag einzuziehen. Das lag nicht nur am schlechten Gesamtergebnis der SPD, sondern auch an ihrem Fraktionskollegen Steffen Weigel, der als beliebter Wendlinger Bürgermeister viele Stimmen auf sich zog. Das war ein Grund für Spohn, ihren Posten zur Verfügung zu stellen. Außerdem steht die Leiterin des evangelischen Mörike-Gymnasiums Stuttgart kurz vor dem Ruhestand und hält den Generationswechsel für angebracht. „Ich habe mich gefreut, wieder in den Kreistag einzuziehen, aber es ist sinnvoll, zum Beginn der Amtsperiode die Zäsur zu machen“, sagt Spohn. Mit Michael Medla überspringe die Fraktion sogar eine Generation. Medla habe jedoch bewiesen, dass er kompetent und in hohem Maße zuverlässig sei. Deshalb habe ihn die Fraktion – sie ist von 19 auf 15 Sitze geschrumpft – einstimmig gewählt. Der Nürtinger Stadtrat habe außerdem ein tolles Ergebnis bei der Kreistagswahl erzielt.

Seine Wahl zum Fraktionssprecher wertet Medla als Zeichen dafür, dass der jungen Generation insgesamt Vertrauen entgegen gebracht wird. Es zeige, dass die Gestaltung dieser älter werdenden Gesellschaft nicht allein von den Alten dominiert werde. Er sehe sich als „Sprachrohr der jungen Generation“ und wolle junge Leute für die Kreispolitik begeistern. Die Jugendkonferenz, zu der Landrat Heinz Eininger schon zweimal eingeladen hat, sei ein guter Schritt, meint Medla. Aber es fehle die Kontrolle, ob die Vorschläge der Jugend auch umgesetzt werden. „Verbindlichkeit, ohne übermäßig zu institutionalisieren“, so denkt sich das Medla. Nicht nur junge Leute, sondern generell Experten und Ehrenamtliche stärker einzubinden, das hat der neue Fraktionschef zu einem Schwerpunkt auserkoren. Dass für die neue Amtsperiode die beratenden Mitglieder aus dem Sozialausschuss verbannt wurden, hält er für eine „krasse Fehlentscheidung“.

Der Unverpackt-Laden als Hobby

Der zweite Schwerpunkt Medlas zielt in eine ähnliche Richtung: Unter dem Stichwort Soziale Teilhabe will er die Kreispolitik mit Betroffenen gestalten und mit Institutionen, die sich für sozial Schwache einsetzen. Bürgermeister Weigel bestätigte, dass Medla in jeder Fraktionssitzung darauf gedrängt habe, den Kontakt mit Ehrenamtlichen aus der Flüchtlingsarbeit zu pflegen. Weigel: „Viele Politiker reden viel, aber der Michael macht einfach.“

Unter der Überschrift Teilhabe will der junge Vorsitzende auch die Bildungslandschaft gestalten. Die Schule müsse als Lebensraum gesehen werden, es reiche nicht, im Zuge der Digitalisierung technische Leuchttürme zu setzen.

Nachhaltigkeit setzt Medla als dritten Schwerpunkt. Taktverdichtung und Ringschluss der S-Bahn genügten nicht, der ÖPNV werde nur zur echten Alternative, wenn am Preis gedreht werde. Medla: „Das 365-Euro-Jahresticket können wir uns leisten.“ Um Nachhaltigkeit geht es auch bei Medlas „neuestem Hobby“: Mit einer Nürtinger Genossenschaft, deren Vorsitzender er ist, will er im Herbst einen Unverpackt-Laden eröffnen. Beruflich dreht Medla an der nächsten Karrierestufe: Er promoviert an der Uni Tübingen im Fach Steuerrecht. Außerdem hat er einen Lehrauftrag an der Dualen Hochschule Heidenheim.

Ganz brav hat der Nachwuchspolitiker seiner Vorgängerin und seinen Fraktionskollegen gedankt. Es liege auch an der guten Zusammenarbeit und Atmosphäre in der Fraktion, dass er sich so in die Kreispolitik hineingekniet habe. Er versprach, die SPD inhaltlich so deutlich wahrnehmbar zu machen, dass sie bei der nächsten Wahl wieder drittstärkste Fraktion werde. Mit Medla allein werde das SPD-Ergebnis nicht an die Decke gehen, schränkte Landtagsabgeordneter Nicolas Fink ein, aber die Fraktion gehe mit Freude und Optimismus in die neue Amtsperiode. Die Wahl Medlas sei ein Signal, dass junge Menschen in der SPD etwas bewegen wollen und bewegen können.