Bernd Schönknecht ist stolz auf den neuen Helikopter. Quelle: Unbekannt

Von Mareike Spahlinger

Laut rattert der Rotor über dem grün-weißen Polizeihubschrauber. Noch ist es das alte Modell - ein MD 902 Explorer -, bald sollen aber alle Piloten mit dem nagelneuen H 145 unterwegs sein. Dann auch in silber-blau. Eine noch bessere Technik verspricht der neue Hubschrauber.

Pilot Jens Bockelmann (42) und sein Co-Pilot Tobias Kolb (45) haben die Starterlaubnis bekommen. Operaterin Jennifer Munz (30) sitzt hinten. Ihre beiden Bildschirme fest im Blick. Rechts ist die Navigation, links sieht sie die Aufnahmen der Wärmebildkamera. Sie ist für die Suche mittels der technischen Geräte zuständig. Die primäre Aufgabe des Piloten und des Co-Piloten ist die Flugsicherheit. Wenn die gewährleistet ist, helfen sie mit bloßem Auge bei der Suche.

Bisher steht noch keine Fahndung auf dem Programm der Crew. Es geht nach Reutlingen, um die Bildübertragung zu testen. „Wir haben eine Kamera, die Live-Bilder an das betreffende Polizeirevier überträgt“, erklärt Einsatzpilot Bernd Schönknecht (50), der seit 1993 bei der Polizeihubschrauberstaffel Baden-Württemberg ist. So etwas nutze man zum Beispiel bei Zugunglücken wie dem vor wenigen Wochen in Bayern. „Um zu gewährleisten, dass im Notfall alles funktioniert, müssen wir es von Zeit zu Zeit testen.“

Direktübertragung aus Luft

Über die Headsets verständigt sich das dreiköpfige Team während des Flugs. Die Kopfhörer dämpfen den Lärm, den der große Rotor verursacht. Kurz vor Reutlingen fährt Operatorin Jennifer Munz die Antenne aus, um die Testübertragung zu starten. Plötzlich gibt der Flugeinsatzkoordinator einen vermeintlichen Wohnungseinbruch in St. Johann bei Reutlingen durch. Jemand soll sich unberechtigt Zutritt zu einer Haus verschafft haben. Das Hubschrauberteam soll helfen.

„Das Aufgabenspektrum der Polizeihubschrauberstaffel ist breit“, sagt Pilot Schönknecht. „Wir suchen beziehungsweise fahnden nach Personen und Sachen, machen aber auch Umweltschutzflüge.“ Auch komme es schon einmal vor, dass das Spezialeinsatzkommando schnell mit dem Hubschrauber vor Ort geflogen werden muss. Genauso müssten aus Sicherheitsgründen ab und an Gefangene transportiert werden. Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Bildübertragung und Fotodokumentation sowie die Verkehrsüberwachung. „Wir haben eine ganz andere Perspektive aus der Luft“, findet Pilot Schönknecht. Und nicht nur die Arbeit der Hubschraubercrew zahlt sich aus. „Wir haben auch indirekte Fahndungserfolge“, sagt Schönknecht. „Das heißt, dass einige Leute gleich aufmerksam werden, wenn sie den Polizeihubschrauber in der Luft sehen und hören.“ So komme es schon mal vor, dass jemand aufgeschreckt durch den Polizeihubschrauber eine vermisste oder verdächtige Person am Boden bemerkt.

Drohnen werden zum Problem

Aber auch negative Seiten gibt es. Immer wieder beschweren sich Anwohner, vor allem wenn der Hubschrauber nachts ausrücken muss, über den Lärm. „Ich kann verstehen, dass das die Menschen stört, wir fliegen ja auch recht tief - zwischen 800 und 1000 Fuß -, aber man muss auch sehen, dass wir das nicht zum Spaß machen, sondern es vielleicht um ein Menschenleben geht“, bekräftigt Schönknecht. Die zunehmende Zahl der Drohnen bereitet dem Polizeipiloten Kopfzerbrechen. „Es ist schon passiert, dass ein Vogel vorne durch die Scheibe gekracht ist und den Rotor beschädigt hat, wenn der Hubschrauber mit 80 Kilometer pro Stunde fliegt“, sagt er. „Das könnte mit einer Drohne auch passieren, da diese oft auf der Höhe fliegen, auf der auch wir sind.“

Beim Team um Pilot Jens Bockelmann gibt es inzwischen Entwarnung. Die Kollegen am Boden haben festgestellt, dass der vermeintliche Einbrecher berechtigt war, das Haus zu betreten. Also kann die Crew zurück zum Flughafen. Bis der nächste Einsatz kommt, wartet die bürokratische Arbeit. „Zwischen den Einsätzen schreiben wir unsere Einsatzberichte“, so der Pilot. Um 14.30 Uhr ist für das Team, das seit 6 Uhr arbeitet, dann Feierabend.

Daten und Fakten

Die Polizeihubschrauberstaffel Stuttgart (PHSt BW) wurde 1965 ins Leben und gehört dem Polizeipräsidium Einsatz an. Über 72 Mitarbeiter verfügt die PHSt BW im Moment, 40 davon sind mit den Hubschraubern im Einsatz. Im vergangenen Oktober übergab Innenminister Gall einen neuen Hubschrauber: den H 145. Insgesamt sechs soll die Staffel davon in den nächsten Jahren bekommen. Aktuell sind es zwei. Dieser Hubschrauber erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von circa 270 Kilometern pro Stunde und hat eine Reichweite von maximal 670 Kilometern. Zwei bis drei Stunden kann er in der Luft bleiben und bis zu neun Passagiere befördern.

Ein Polizeihubschrauber ist mit einem FLIR-System ausgestattet, das die Aufnahmen der Wärmebildkamera liefert, einem Scheinwerfer und einer Bildübertragung, die Livebilder ermöglicht sowie einer Peiltechnik.

Zusammen mit den Kollegen der Söllinger Polizeihubschrauberstaffel sind die fliegenden Beamten für 35 752 Quadratkilometer und 10 736 000 Einwohner, 1008 Kilometer Autobahnen und 325 Kilometer autobahnähnlich ausgebauten Fernstraßen in Baden-Württemberg zuständig.

2546 Einsätze hatte die PHSt im vergangenen Jahr. Davon waren 942 die Suche nach Vermissten, 558 Fahndungen zur Strafverfolgung und 31 Einsätze/Trainings mit Spezialeinheiten. 794 Einsätze fanden nachts statt.

Erfolg hatte die PHSt dabei 117 Mal. Davon 93 Mal bei Vermisstensuchen und Fahndungen. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres verzeichnete die fliegende Polizei bereits 26 Erfolge.