Das Arztzentrum ist im Terminal 1 West des Flughafens. Quelle: Unbekannt

Von Elisabeth Maier

Piloten auf ihre Flugtauglichkeit zu überprüfen, gehört zu den Aufgaben des Fliegerarzts Jens Künzel. Seit zehn Jahren betreut der Mediziner im Terminal 1 West des Flughafens aber nicht nur Berufs- und Hobbypiloten. Er ist auch für Patienten da, die auf dem Flughafen arbeiten. Außerdem kümmern er und sein Team sich auch um Passagiere, die vor einer Fernreise eine Impfung brauchen. „Wenn es in einem der Flugzeuge einen medizinischen Notfall gibt, rücken wir auch mal aufs Vorfeld aus.“ Diese Vielseitigkeit ist es, die Künzel an seinem besonderen Arbeitsort reizt.

„Mit einer kleinen Praxis auf der Fläche der ehemaligen Check-In-Schalter von Delta Airlines fing es an“, erinnert sich der sportliche Arzt, der selbst in seiner Freizeit Leichtflugzeuge steuert. Viel größer sind die Praxisräume des Airport Medical Center am Flughafen auch heute nicht. Aber seine Gemeinschaftspraxis für Arbeits- und Allgemeinmedizin „Ärzte am Werk“ hat Niederlassungen in Deizisau, Bietigheim-Bissingen und Schönwald im Schwarzwald.

Er spürt die große Verantwortung

Als Fliegerarzt zu arbeiten, war immer der Traum des Allgemeinmediziners. Deshalb sattelte der Hobbyflieger die Fachausbildung drauf. „Vieles fällt leichter, wenn man eine gemeinsame Sprache spricht“, sagt Künzel über seine Gespräche mit Piloten, die zur Flugtauglichkeitsuntersuchung in eine Praxis kommen (siehe Kasten). Für Berufs- und Hobbypiloten gibt es unterschiedliche Gesundheitschecks, fügt er hinzu: „Die große Verantwortung spüre ich.“ Nur wer alle Tauglichkeitskriterien erfüllt, darf ein Flugzeug lenken - und das gilt nicht nur, wenn Passagiere befördert werden.

Nicht erst der Fall des Germanwings-Piloten, der 2015 in den Alpen ein Flugzeug mit 149 Menschen gegen einen Berg flog, machte einer breiten Öffentlichkeit deutlich, wie wichtig diese umfassenden Untersuchungen durch Fliegerärzte sind. Im Abschlussbericht der französischen Untersuchungsbehörde BEA heißt es, Andreas Lubitz habe damals mit dem Flugzeug Pilotensuizid begangen.

Nicht nur aufgrund solcher Schlagzeilen liegt Arbeitsmediziner Künzel bei seinen eigenen Patienten die Vorsorge am Herzen. Berufspiloten brauchten im harten Luftverkehrsalltag einen guten Ausgleich. Wie das gelingen kann, findet er im Gespräch mit ihnen heraus. Ganz genau hört er zu. Im Auftrag mehrerer Fluggesellschaften führt er die Untersuchungen durch. Oft kommen auch Freizeitpiloten zu ihm. Der leidenschaftliche Flieger kann gut nachfühlen, was es bedeutet, wenn jemand seine Lizenz nicht mehr bekommt.

Diagnosen auf Englisch

„Der Flughafen ist ein Tor zur Welt“, schwärmt der Mediziner. Was sind die besonderen Anforderungen, die er und sein Team erfüllen müssen? „In Fremdsprachen sollte man fit sein.“ Denn immer wieder kämen Patienten, die kein Deutsch sprechen. Diagnosen auf Englisch gehören für Künzel zum Alltag. In besonderen Fällen holt sich der kontaktfreudige Doktor Hilfe von Muttersprachlern. Da erinnert er sich an den Fall eines Kurden, der einen ganz besonderen Dialekt gesprochen habe. Tatsächlich erinnerte sich Künzel an eine Frau, die am Flughafen arbeitete, und die als Übersetzerin einsprang: „In der Flughafenfamilie hilft man sich.“

Auch Taucher betreut der vielseitige Mediziner. Bevor die unter Wasser dürfen, checkt sie der Arzt gründlich durch. „In den meisten Tauchschulen und -verbänden in aller Welt wird heute eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung verlangt.“ Allerdings hätten die Ärzte den Spielraum, den Wassersport auch mit Einschränkungen zu genehmigen. Taucher mit Übergewicht oder kleineren Herzproblemen dürfen dann nur bis zu einer bestimmten Tiefe tauchen. „Das wird ganz genau errechnet“, schildert der Arzt das Vorgehen.

Impfberatung ist am Flughafen sehr gefragt, je nach Reiseland variieren die Erfordernisse. „Wichtig ist, dass Patienten nicht erst kurz vor dem Abflug kommen“, sagt Künzel. Für viele Impfungen sei es dann nämlich zu spät. Mit genügend Vorlauf erarbeitet er mit den Patienten Impfpläne, damit sie sorglos auf Reisen gehen können.

UNtersuchungen für Piloten und taucher

Flugtauglichkeitsuntersuchung: Um ein Zeugnis zu bekommen, müssen sich Berufspiloten zur Erstuntersuchung beim Fliegerarzt in einem Aeromedical Center vorstellen. Zur Untersuchung gehören eine augenärztliche sowie eine HNO-Untersuchung, die bei Berufspiloten von Fachärzten vorgenommen werden muss - ebenso zieht der Fliegerarzt bei ihnen einen Neurologen hinzu. Die Anforderungen für das Zeugnis der Klasse 2, das Privatpiloten brauchen, sind etwas geringer. Da darf der Fliegerarzt alle Untersuchungen selbst vornehmen.

Fliegerärzte: Wer als Fliegerarzt arbeiten will, kann bei der Lufthansa oder bei der Bundeswehr Fortbildungen besuchen und sich entsprechend schulen lassen. Das Luftfahrtbundesamt ist dann für die Anerkennung der Ärzte zuständig, deren offizielle Bezeichnung „flugmedizinischer Sachverständiger“ lautet.

Tauchtauglichkeitszeugnisse: Taucher müssen nicht nur ihre schwere Ausrüstung tragen. Sie müssen gut schwimmen können und auch bei starker Strömung fit bleiben. Den Druck im tiefen Wasser müssen sie ebenso aushalten. Bei der Tauglichkeitsuntersuchung (TTU) werden unter anderem Herz, Kreislauf, Ohren, Nebenhöhlen und die Lungenfunktion getestet. Wer das besteht, bekommt ein Tauchattest. Das ist heute bei vielen Tauchstationen in aller Welt Vorschrift. Taucher über 40 Jahre sollten sich jedes Jahr testen lassen, allen anderen wird ein Zwei-Jahres-Turnus empfohlen.