Sieht weiteren angespannten Verhandlungen mit den Ländern entgegen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Länder haben den Vermittlungsausschuss angerufen, um das Krankenhaus-Transparenzgesetz nachzuverhandeln. Das behindert den komplizierten Weg zur notwendigen Krankenhausreform zusätzlich.

Die Krankenhausreform ist eine der weitreichendsten Reformvorhaben der Ampel. Doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich mit den Amtskollegen aus den Ländern in zahlreichen Gesprächsrunden verhakt. Wo also steht das Schlüsselprojekt des Ministers?

Was will die Reform?

Die Kliniken finanzieren sich heute in der Hauptsache über feste Fallpauschalen, die für jede Klasse von Behandlungen vorgesehen sind. Das führt dazu, dass Kliniken belohnt werden, die viele lukrative Operationen durchführen. Das schafft auch für kleine Häuser mit weniger Expertise und Erfahrung einen Anreiz, sich an komplizierte Eingriffe zu wagen. Für Patienten kann das nicht gut sein. Im Kern sollen deshalb die Fallpauschalen durch Vorhaltepauschalen für Leistungen ersetzt werden. 60 Prozent der Vergütungen sollen Kliniken dafür erhalten, dass sie bestimmte Leistungen anbieten, unabhängig davon, ob diese auch abgerufen werden. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen zudem genau definierte Leistungsgruppen sein, die den Kliniken zugeordnet werden. Sie definieren, welche Leistungen welche Kliniken anbieten können. Sie sollen auch einheitliche Qualitätsvorgaben absichern.

Schlechtere Versorgung auf dem Land?

Was beunruhigt die Länder?

Die Länder wünschen mehr Autonomie und Planungshoheit und befürchten, der Bund werde in Zukunft auf kaltem Wege die Krankenhausplanung in den Ländern übernehmen. In einem Brief an Lauterbach schrieben sie: „Die Möglichkeit der Krankenhaus-Planungsbehörden, aus Gründen der Versorgung eine Leistungsgruppe auch dann zu erteilen, wenn deren Voraussetzung nicht vollständig erfüllt sind, steht im Entwurf unter zu strengen Voraussetzungen, die die Planungshoheit massiv einschränken.“ Auch soll die Möglichkeit von Kooperationen von Kliniken großzügiger geregelt werden. Die Länder wollen nicht, dass im ländlichen Raum künftig nur noch eine Mindest-Grundversorgung angeboten wird.

Was brachte die Gesprächsrunde vom Donnerstag?

Bis Ende kommender Woche will Lauterbach einen weiterer Arbeitsentwurf vorlegen, der die Länderbedenken aufgreifen soll. In der zweiten Januarwoche besprechen sich Bund und Länder erneut, und die Ergebnisse sollen dann zu einem Referentenentwurf für das geplante Gesetz führen. Lauterbach ist den Ländern bei der passgenaueren Verzahnung von stationären und ambulanten Behandlungen entgegengekommen.

Online-Atlas deckte Schwächen auf

Was hat das alles mit dem Krankenhaus-Transparenzgesetz zu tun?

Das geplante Gesetz sieht vor, dass bald ein staatlicher Online-Atlas Auskunft über Leistungen und Behandlungsqualität und -erfolg der Krankenhäuser in ganz Deutschland geben soll. Die Länder stören zwei Punkte. Der Atlas soll schon 2024 starten, bevor die große Reform steht. Die Länder bemängeln, dass der Bund in dem Atlas schon von festen Leistungsgruppen ausgeht und so in die Planungshoheit der Länder eingreife. Allerdings würde der Atlas nur den Status quo beschreiben und einer Neuordnung der Leistungen einer Klinik nicht im Wege stehen.

Im Hintergrund steht aber auch die Befürchtung, die Offenlegung schlechter Leistungen bestimmter Kliniken könnte deren schwierige wirtschaftliche und personelle Lage zusätzlich verschlimmern und zu weiteren Schließungen führen. Lauterbach hält diesen Einwand für ethisch nicht akzeptabel, da die Patienten das Recht auf ehrliche Information hätten. Er hat ein Druckmittel: In dem Gesetz ist auch vorgesehen, dass die Kliniken etwa Mittel für Pflegeleistungen schneller finanziert bekommen. Diese vorgezogene Liquidität hat einen Umfang von sechs Milliarden Euro. Dennoch hat das die Länder nicht davon abgehalten, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ein Vertrauensbruch – heißt es in Koalitionskreisen.

Kann die Reform noch scheitern?

Eigentlich sind sich auch die Länder bewusst, dass eine Reform dringend notwendig ist. Es ist nämlich das Beibehalten des Status quo, der ein umfangreiches Kliniksterben auslösen würde. Dafür würden die Mischung aus Personalmangel, sinkenden Fallzahlen und leerer Betten ganz von selbst sorgen.