Laut Auswärtigem Amt sind alle ausreisewilligen Deutschen nach dem Putsch aus dem Niger evakuiert – die meisten an Bord französischer Flüge. Indes spitzt sich die Lage weiter zu. Die Ecowas hat Vermittlungen abgebrochen.
Mehr als eine Woche nach dem Militärputsch im Niger geht das Auswärtigen Amt davon aus, dass alle ausreisewilligen Deutschen die Möglichkeit hatten, das westafrikanische Land zu verlassen. Wie ein Sprecher des Ministerium am Freitag in Berlin mitteilte, hätten 60 Staatsbürger die vor allem von Frankreich angebotenen Evakuierungsflüge genutzt. „Aber wir gehen nicht davon aus, dass derzeit noch Deutsche im Land sind, die ausreisewillig sind. Also wir stehen mit denen, die vor Ort sind, in Kontakt und es ist eine geringe zweistellige Zahl“, sagte er. Das Amt riet ihnen, das Haus nicht zu verlassen, Menschenansammlungen zu meiden und sich von öffentlichen Gebäuden und Militäreinrichtungen fernzuhalten. Indes scheint eine diplomatische Lösung des Konflikts in weite Ferne gerückt.
Freitagnacht waren noch zehn weitere Deutsche aus dem Niger evakuiert worden. Diese befanden sich an Bord der nach Deutschland geflogenen Bundeswehrmaschine, die auf dem Militärflugplatz Wunstorf in Niedersachsen landete. Darunter waren nach Bundeswehrangaben neun Soldaten und ein Zivilist. Sieben der deutschen Soldaten auf dem Lufttransportstützpunkt in Niamey waren UN-Blauhelme aus Gao in Mali. Sie waren als Teil eines Personalwechsels auf der Rückreise über Niamey. Zwei weitere Soldaten gehören zur EU-Militärmission im Niger (EUMPM). Am Freitag hatte schließlich auch Spanien laut dem staatlichen TV-Sender RTVE eine Evakuierungsmission mit einer Maschine der spanischen Luftwaffe begonnen.
Vermittlermission von Ecowas reist ab
Eine Vermittlermission der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas ist unterdessen laut Medienberichten ohne ein Treffen mit dem neuen De-facto-Präsidenten Abdourahamane Tiani aus Nigers Hauptstadt Niamey abgereist. Ecowas hatte den Putschisten am vergangenen Sonntag ein siebentägiges Ultimatum gestellt und die neue Junta aufgefordert, den festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum binnen einer Woche wieder einzusetzen. Andernfalls werde die Gruppe Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt beinhalten könnten, hieß es. Seit mehreren Tagen beraten die Ecowas-Militärchefs in Nigerias Hauptstadt Abuja über mögliche weitere Schritte.
Gleichzeitig kündigten die Machthaber im Niger ein Ende der Militärkooperation mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich an. Diese hat mehr als 1000 Soldaten im Niger stationiert. Das Ende der Kooperation solle innerhalb eines Monats eintreten, hieß es in einer Erklärung der Junta im nationalen Fernsehen.
Russische Desinformation im Niger
Das Auswärtige Amt sieht trotz der Ankündigungen die Machtübernahme der Putschisten noch nicht gesichert. „Immer noch sind die Posten für die Ministerinnen und Minister nicht besetzt worden. Die Ministerien werden derzeit von hohen Beamten geführt“, sagte der Sprecher. Es gebe kein Regierungsprogramm. „All das deutet doch weiterhin darauf hin, dass dieser Putsch eine sehr improvisierte Natur hatte“, sagte er. Unklar bleibe, wie viel Einfluss die Putschisten über den nigrischen Staatsapparat in Niamey hinaus haben und ob sie auf eine breite Unterstützung der Bevölkerung bauen könnten.
Es gebe keine Hinweise auf eine direkte Verstrickung Russlands in den Putsch, wohl aber Anzeichen dafür, dass es nun russische Desinformation gebe. Er wies auch auf das Umfeld Nigers hin – Mali und Burkina Faso –, wo die Söldner-Gruppe Wagner und russische Sicherheitskräfte aktiv seien. „Aber es gilt, glaube ich, auch festzuhalten, dass Russland im UN-Sicherheitsrat die Erklärung mitgetragen hat zur Wiederherstellung der demokratisch gewählten Regierung“, sagte der Sprecher. Aus Sicht des Auswärtigen Amtes sei es „weiterhin so, dass der Putsch sich in Teilen der Präsidentengarde entwickelt hat und dann praktisch zu einem späteren Zeitpunkt sich erst der Rest der Streitkräfte angeschlossen hat“.