Gaststätten werden mancherorts bereits schärfer kontrolliert. Für die sogenannten AHA-Regeln bleibt es einstweilen bei Appellen. Foto: dpa/Christoph Soeder

Die Landesregierung ruft die Pandemiestufe 2 aus. „Wir sind längst nicht überm Berg“, warnt Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Stuttgart - Angesichts steigender Infektionszahlen hat die Landesregierung die zweite von drei Stufen der Corona-Pandemie ausgerufen. Nachfolgend einige Fragen und Antworten zu den Ursachen und Folgen dieses Schrittes.

Was bedeutet Stufe 2?

Im September hat die Koalition drei Stufen für die Pandemiebekämpfung definiert, um einen zweiten Lockdown zu vermeiden. Ein wichtiges Kriterium ist die sogenannte 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der neuen Erkrankungsfälle pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. Beträgt sie landesweit weniger als zehn, gilt dies als „stabile Phase“. Doch die Lage hat sich verschärft.

Wie ist die Lage derzeit?

In den letzten Tagen sind die Fallzahlen in einigen Landkreisen stark angestiegen. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in Baden-Württemberg nun bei 17,6. Außerdem gebe es ein diffuses Infektionsgeschehen in einzelnen Kreisen sowie zahlreiche Ausbrüche nach privaten Feiern. Zudem ist das Virus in sieben Pflegeheimen festgestellt worden.

Welche neue Maßnahmen sind geplant?

Die Landesregierung spricht von einer „Hab-Acht-Stufe“, die erst einmal keine neuen landesweiten Einschränkungen mit sich bringt. Sie belässt es vorerst bei Appellen an die Bürger sowie schärferen Kontrollen im Nahverkehr, in der Gastronomie und in Geschäften. Dort, wo die Inzidenz über 35 ist, also etwa im Kreis Esslingen und Mannheim, sollen die Behörden weitere Einschränkungen anordnen – etwa bei der Teilnehmerzahl von privaten Feiern, die in öffentlichen Räumen nur noch mit maximal 50 Teilnehmern, daheim mit maximal 25 Teilnehmern erlaubt sind. Bei einer Inzidenz von 50 werden die Regeln noch strenger.

Was halten die Bürger von den Regeln?

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte, die Maßnahmen stießen insgesamt auf eine „sehr hohe, ungewöhnliche Zustimmung.“ Bei 31 Schwerpunktkontrollen im ganzen Land, bei denen die Polizei fast 130 000 Personen kontrolliert hat, wurden 26 000 Verstöße festgestellt. Dabei gab es 659 Anzeigen. Bis zum 9. Oktober sind 13 weitere Schwerpunktkontrollen geplant. Falsche persönliche Angaben in Gästelisten in Restaurants können nun mit einem Bußgeld zwischen 50 und 250 Euro belegt werden.

Wann ist die dritte Stufe erreicht?

Diese „kritische Phase“ wird dann ausgerufen, wenn die 7-Tage-Inzidenz von 35 landesweit überschritten wird. In der Definition heißt es dazu: „starker, gegebenenfalls exponentieller Anstieg der Infektionszahlen mit zumeist nicht mehr nachvollziehbaren Infektionsketten.“

Welche Maßnahmen drohen dann?

Von einem zweiten Lockdown sei man „weit entfernt“, betont Lucha. Es sei aber mit „maßgeblichen Einschränkungen“ zu rechnen. Analog zu den Kreisebenen könnte es zum Beispiel landesweit zur Begrenzung der Teilnehmerzahl von privaten Festen kommen. Außerdem sieht das Konzept dann eine Ausweitung der Maskenpflicht auf den Unterricht an Schulen vor. Aktuell sind 197 Schulen insgesamt 357 Klassen wegen eins Corona-Verdachts vorübergehend wieder im Fernunterricht.

Wie geht man mit Reisenden um, die aus deutschen Regionen mit hoher Inzidenz kommen?

Noch immer gilt die Corona-Verordnung von Mitte Juli, wonach Gäste nicht beherbergt werden dürfen, die aus Regionen mit einer Inzidenz von mehr als 50 kommen. „Wir sind dabei, praktikable Lösungen zu schaffen“, sagte Lucha. Das Ziel seien bundeseinheitliche Regeln. Lucha berichtete von einem Fall aus Ulm, wo ein aus München stammender Zugbegleiter nicht übernachten durfte.

Wie bewertet der Städtetag die Lage?

Gudrun Heute-Bluhm rechnet damit, dass es bei Einschränkungen bei Privatfeiern, wie sie jetzt für den Kreis Esslingen und Mannheim gelten, bald auch andernorts kommen. „Da sind alle in der Pflicht“, sagt die Geschäftsführerin des Städtetags. Sie appelliert an die Eigenverantwortung der Menschen. Es sei wohl gefährlicher, zusammen mit 20 anderen daheim eine Party zu feiern als ein Stadion zu besuchen.

Was ist mit Kontrollen in Gaststätten?

Ihre Lokale hat sich die Stadt Heilbronn etwa schon vorgeknöpft – und drei Gaststätten im September dicht gemacht, weil dort die Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten wurden. Im öffentlichen Auftrag gehen in Villingen-Schwenningen jetzt 23 Rathausmitarbeiter in die Kneipe. Sie besuchen quasi als verdeckte Ermittler Lokale. Fällt ihnen ein Verstoß gegen die Corona-Vorschriften auf, bekommen die Wirte am nächsten Tag Besuch vom Ordnungsdienst. Bei 330 Kontrollen hat man so 100 Verstöße festgestellt worden – obwohl Einsätze angekündigt waren.