Was aus dem Hengelhaus in Münchingen wird, ist derzeit noch unklar. Foto: Simon Granville

Der Gemeinderat von Korntal-Münchingen entscheidet sich dagegen, dass die Kommune das ortsbildprägende Fachwerk im Stadtteil Münchingen kauft. Der Besitzer nimmt’s gelassen.

Die Stadt verwirft den Gedanken, das zwischen 1709 und 1725 erbaute Hengelhaus im Stadtteil Münchingen gegenüber dem Rathaus zu kaufen. In den vergangenen Monaten hätten Vertreter verschiedener Fachbereiche viel überlegt und Möglichkeiten zur künftigen Nutzung des Objekts in der Hauptstraße diskutiert. Doch wie sie es offenbar auch drehen und wenden: Es habe „leider keine wirtschaftlich umsetzbare Nutzung“ für das Ensemble ergründet werden können, bedauert der Bauamtsleiter Alexander Bagnewski. Daher könne die Stadtverwaltung kein schlüssiges Nutzungskonzept vorlegen – weshalb der Erwerb für die Kommune nicht infrage kommt.

Das Hengelhaus mit Scheune, Stall und Garage gilt als bedeutendes historisches Kulturgut. Das ortsbildprägende, denkmalgeschützte Fachwerkgebäude mit den aufeinander zulaufenden Treppen sucht schon seit Jahren einen neuen Besitzer. Im Juli hatte der Gemeinderat mit knapper Mehrheit beschlossen, dass der Wert des Hauses mit einem unabhängigen Gutachten ermittelt wird und die Stadt ein Nutzungskonzept erstellt. Das hat sich nun erledigt.

Allenfalls Wohnraum, aber . . .

Unter anderem wegen der Geschosshöhe kann das Untergeschoss des Haupthauses nicht als Archiv genutzt werden. Das Erdgeschoss wäre zwar grundsätzlich für Büros denkbar. Sobald das Münchinger Rathaus fertigsaniert ist, braucht die Verwaltung aber keine weiteren Büroflächen mehr. Unterm Strich eignet sich ihr zufolge das Ensemble nur, um Mietwohnraum daraus zu machen. Hierfür fehlt der Stadt aber sowohl das Geld als auch das Personal. Zugleich taugt laut der Verwaltung nicht jeder Teil des Anwesens für Wohnraum, und der Renovierungsbedarf ist stellenweise zu hoch. Das Gebäude sei innen nur teilweise saniert, das Untergeschoss befände sich noch im Rohbauzustand.

Nicht jeder Gemeinderat ist glücklich über die Entscheidung. Paul Blank (Freie Wähler) moniert, die Stadt bekenne sich nicht zu ihrem historischen Vermächtnis. Auch finde er es schade, dass die Verwaltung die Bevölkerung beim Thema Nutzung nicht ins Boot geholt hat.

Dauerbaustelle historisches Rathaus

Joachim Winters (CDU) Meinung nach ist ein privater Investor flexibler als die Stadt, um auf individuelle Wünsche von Nutzern einzugehen, etwa Gastronomie einzurichten. Renate Haffner (SPD) verweist darauf, dass die Stadt mit dem historischen Rathaus bereits ein altes Objekt habe, in das sie zurzeit viel Sanierungsmittel stecken müsse. Erst im Jahr 2019 wurde das 336 Jahre alte Fachwerk saniert – jetzt ist es erneut eine einzige Baustelle, wohl noch bis Ende kommenden Jahres.

Der Besitzer Wolfgang Hengel möchte für das Ensemble 790 000 Euro. Seine aktuelle, preislich deutlich reduzierte Offerte habe auch für die Stadt gegolten, sagt er auf Anfrage. Er nimmt ihre Absage gelassen. Der Gemeinderat habe sich demokratisch dagegen entschieden. „Nein, darüber bin ich nicht enttäuscht. C’est la vie“, sagt Wolfgang Hengel. Zumal er nach eigener Aussage aktuell „Verhandlungen mit mehreren Interessenten“ führt. „Aufgrund der Nachfrage bin ich guter Dinge, den Verkauf des Anwesens bis Ende des Jahres in trockene Tücher zu bekommen“, sagt Wolfgang Hengel.

Es gab schon mal Verhandlungen

Vielleicht hat er auch mit einer Abfuhr der Stadt gerechnet: Der Verwaltung habe er schon mal ein Kaufangebot unterbreitet, berichtet Wolfgang Hengel. Im Februar 2020 habe der Gemeinderat die Verwaltung mit Kaufverhandlungen beauftragt. „Wir kamen damals zu keinem Konsens.“ Laut der Rathaussprecherin Angela Hammer kam der Ankauf aus den bereits genannten Gründen nicht in Betracht.