Quelle: Unbekannt

1923 ist geprägt durch die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische Truppen, um die deutschen Reparationszahlungen zu sichern. Es folgte eine Hyperinflation mit totaler Geldentwertung. Es gab Unruhen, auch im Kreis Esslingen, und Hitlers Putschversuch.

Kreis EsslingenDie Konfrontation zwischen Deutschland und Frankreich wegen der deutschen Reparationszahlungen spitzt sich im Januar 1923 zu. Der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré ordnet die Besetzung des Ruhrgebiets zur Sicherstellung der Reparationen an, daraufhin marschieren französische und belgische Truppen in das Ruhrgebiet ein. Die Eßlinger Zeitung sieht darin eine „frivole Tat“ und erklimmt bei der Berichterstattung poetische Höhen: „Die Wolken am Horizont haben sich bis in den Zenit hinaufgeschoben, alle Sonnenlichter sind geschwunden. Fahl und schwül harrt die Atmosphäre, von Blitzen durchflackert, des unmeidbaren Donnerschlages, des Hagelsturms, der Früchte und Fleiß zerschlagen, zersetzen muß“.

Als Grund allen Übels wird Frankreich ausgemacht. Dort herrsche „begeisterte Einhelligkeit, Tatwille eines racheentbrannten Volkes, das vielhundertjährige Geschichte mit dem bis zur Neige gekosteten Zertrümmerungssiege über den Feind krönen will“. So bleibe als Hoffnung lediglich „der Glaube an uns selbst, an die unsterbliche Sendung des deutschen Wesens“. Reichskanzler Wilhelm Cuno verkündet passiven Widerstand gegen die Besatzung. Zusammenarbeit mit den Besatzern wird mit Zuchthaus bedroht. Die Besatzungsmächte reagieren und drohen die Todesstrafe für Sabotage und passiven Widerstand im Transportwesen an. Außerdem werden Gebiete in Baden, die Eisenbahnwerkstätten von Darmstadt und der Karlsruher Hafen besetzt.

Der passive Widerstand und Streiks führen in der Bevölkerung zu existenzieller Not. Der Staat entschädigt die Betroffenen mit frischem Papiergeld ohne jegliche Deckung. Die Geldvermehrung führt zu einer galoppierenden Abwertung der Mark. Es folgt die Hyperinflation. Die Wirtschaft und das Bankensystem brechen zusammen. Werden im Januar noch rund 3500 Mark für einen Dollar verlangt, so kostet er im Juli bereits eine Million, Mitte September 200 Millionen, im Oktober zwölf Milliarden, im November 631 Milliarden Mark.

Schließlich wird eine Währungsreform eingeleitet. Im Oktober werden die Deutsche Rentenbank gegründet und die Rentenmark eingeführt, als Gegenwert Immobilien zwangsweise mit Hypotheken und Grundschulden belegt.

Im August tritt Reichskanzler Cuno zurück, Gustav Stresemann löst ihn ab. Er bricht den passiven Widerstand ab, da vielerorts separatistische Tendenzen deutlich und in Bayern, Sachsen und Thüringen Umsturzpläne bekannt werden. Eine Staatskrise deutet sich an. Im November verkündet Adolf Hitler in München die „nationale Revolution und proklamiert den „Marsch auf Berlin“. Der Putsch wird niedergeschlagen, die NSDAP verboten, Hitler verhaftet.

Auch in der Region gärt es. Die Bezirksleitung der KPD ruft die Arbeiter der Industriebetriebe zu Aktionen und Kundgebungen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung auf. Immer wieder kommt es zu Unruhen und Demonstrationen. Wie die Eßlinger Zeitung berichtet, gab es im Dezember bei „Zusammenrottungen“ in Esslingen schwere Ausschreitungen, bei denen die Polizei einen Arbeiter erschießt.