Helfen bei der Orientierung in Deutschland, darin sehen Muriel (links) und Tobias Sender (rechts) ihre wichtigste Aufgabe bei der Begleitung ihres afghanischen Gastes Zekrollah (Mitte). Foto: oh Quelle: Unbekannt

(red) - Ende Dezember 2016 ist Zekrollah, ein junger Flüchtling aus Afghanistan, bei Familie Sender in Kirchheim eingezogen. Ende Januar 2017 wurde Jakob, das erste eigene Kind der Familie geboren. „In einem Monat haben wir zwei Söhne bekommen - das muss man erst mal hinbekommen“, lacht Gastvater Tobias Sender. Wie ist es der Gastfamilie und Zekrollah ergangen und wie klappt das alltägliche Miteinander tatsächlich?

Der neue, deutsche Alltag sieht für den jungen Afghanen aus wie für die meisten seines Alters. Er besucht von Montag bis Freitag die Schule, eine sogenannte Vabo-Klasse, wo er vor allem Deutsch und Mathe lernt. Nachmittags hört er Musik, spielt mit Jakob und kocht öfters gemeinsam mit seinem Gastvater. Auch mit Freunden telefonieren ist wichtig. Er spielt sehr gerne Fußball und ist Mitglied in einem Fußballverein in Jesingen. Zum Training fährt er mit dem Fahrrad. Ein Hund als Familienmitglied ist neu für Zekrollah. Mittlerweile haben sich die beiden gut angefreundet, nur auf den neuen Teppich in Zekrollahs Zimmer darf der Hund nicht. Muriel und Tobias Sender, die Gasteltern, haben die Erfahrung gemacht, dass es im Alltag um ganz lebensweltliche Dinge geht, bei denen sie ihren Schützling unterstützen, zum Beispiel, wie Dinge genannt werden, wie Sachen in Deutschland funktionieren. Es wird viel über Politik, Geschichte und Zusammenhänge gesprochen. Das heißt: erklären, erklären, erklären. Natürlich geht es auch um Organisieren und Orientieren wie bei Schulanmeldung oder Ämtergängen. Ihre Rolle als Gasteltern sehen sie weniger in der Erziehung, als vielmehr in der Begleitung: Helfen bei der Orientierung und Übersicht hier in Deutschland. Dafür braucht es Raum und Zeit. Natürlich gehört auch das Vermitteln von Regeln und Grenzen in der Familie dazu. Auf die Idee, einen Flüchtling aufzunehmen, sind Senders durch eine andere Gastfamilie im engeren Bekanntenkreis gekommen. Die beiden haben genug Platz und „Freude bei der Unterstützung von jungen Menschen, Offenheit und Neugier auf das Neue“, erzählt Muriel Sender.

Auf die Frage, was Zekrollah hier am besten gefällt, antwortet er: „Die Leute sind sehr nett und die Schule finde ich gut - Schule, jeden Tag Schule!“, erzählt er begeistert. „Es ist ruhig und schön, das finde ich auch gut.“

Nicht immer gelinge das Miteinander von Gastfamilien und den jungen Flüchtlingen so reibungsarm und harmonisch wie bei Familie Sender weiß man beim Pflegekinderdienst des Landratsamtes. Als äußerst wichtige Unterstützung erlebt die Familie den Austausch bei den Gastfamilientreffen, die der Pflegekinderdienst regelmäßig für alle Gasteltern anbietet.

Flüchtlinge und ihre Gastfamilien werden je nach Bedarf auch stärker unterstützt und beraten. Manchmal sind die Erwartungen aneinander zu groß und die Gemeinsamkeiten zu klein, oder das „Reisegepäck“ aus unvorstellbaren Verhältnissen im Herkunftsland und der Flucht ist einfach zu schwer. So kann es vorkommen, dass doch ein neuer Platz gesucht werden muss oder einmal therapeutische Unterstützung hinzu gezo-gen wird. Doch wenn ein Gastfamilienverhältnis gelingt - und das ist bei der Mehrzahl der Fall - ist es so, wie Muriel Sender es beschreibt: „Es ist ein bisschen wie Blindflug, aber wenn man da Mut, Neugier und ein bisschen Abenteuergeist hat, dann wird man merken, dass es ein sehr schöner Flug ist“.

Bei einer Informationsveranstaltung am Mittwoch, 20. September 2017, um 17 Uhr in der Außenstelle des Landratsamts in Filderstadt, Gottlieb-Daimler-Straße 2 in Bernhausen, gibt der Pflegekinderdienst einen ersten Einblick für Interessierte. Es folgt ein Vorbereitungskurs an drei Abendterminen.

Weitere Infos bei Günter Groß, Tel. 0711/ 3902-42992 oder unter pflegekinderdienst@LRA-ES.de.