Alleinerziehende sollen ab 1. Juli beim Unterhaltsvorschuss deutlich besser gestellt werden. Auch für Kinder über zwölf Jahren springt „Vater Staat“ ein, wenn der echte Papa nicht zahlt. Die Befristung auf sechs Jahre wird ebenfalls aufgehoben. Das bedeutet, dass es doppelt so viele Berechtigte geben wird. Die Verwaltung im Esslinger Landratsamt stellt sich darauf ein, dass bis zu zehn Stellen mehr nötig sind.

Von Roland Kurz

Für den Landkreis Esslingen bedeutet die Gesetzesänderung zunächst, dass er mehr Geld ausgeben muss. In Restjahr 2017 werden es 225 000 Euro überplanmäßig sein, der Betrag könne in Zukunft um eine Million Euro jährlich höher ausfallen, sagte Landrat Heinz Eininger im Finanzausschuss des Kreistags. Für die Umsetzung des Gesetzes sollen schrittweise bis zu zehn neue Stellen im Jugendamt geschaffen werden und zudem noch 1,5 Stellen im Sekretariat. Der Finanzausschuss akzeptierte den Kurs der Verwaltung einstimmig. Der Bundestag in Berlin ist noch nicht soweit, er hat die ursprünglich für den 31. März geplante Verabschiedung auf den 18. Mai verschoben.

Etwa 4000 Fälle bearbeitet die Unterhaltsvorschusskasse im Landratsamt. Davon gewährt sie in 1500 Fällen die Vorauszahlung und versucht gleichzeitig, das Geld wieder beim zahlungspflichtigen Elternteil einzutreiben. 2500 Vätern jagt das Jugendamt also nach. Unterhaltspflichtige Mütter sind sehr selten.

Häufiger Wechsel des Wohnsitzes ist eine Hürde, um die Männer ausfindig zu machen, berichtet Barbara Helmer-Ziegler, Leiterin des Jugendamtes. Häufig seien die Väter gar nicht zahlungsfähig, weil sie keine geregelte Arbeit haben und auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Männer, die Geld verdienen, aber nicht zu ihrem Nachwuchs stehen, gebe es zwar auch einige, sagt Ziegler-Helmer, aber an deren Geld komme man relativ einfach ran: per Gerichtsbeschluss und Lohnpfändung.

35 Prozent holt sich der Kreis wieder

An die alleinerziehenden Elternteile zahlte zahlte die Vorschusskasse voriges Jahr 2,7 Millionen Euro aus. 945 000 Euro holte sie von den Unterhaltspflichtigen wieder zurück. Die Rückgriff-Quote lag damit bei knapp 35 Prozent. Vor vier Jahren wurden nur 23 Prozent zurückgeholt, eine Umorganisation hat diese Quote deutlich verbessert. Notwendig sind bei diesem Job gute Rechtskenntnisse der Sachbearbeiter.

Der Vorschlag von Kreisrat Reiner Lechner (Freie Wähler), Personal aus der Flüchtlingsbetreuung umzuschichten, lasse sich deshalb nur begrenzt umsetzen, sagte der Landrat. Angesichts der abnehmenden Zahl an Flüchtlingen habe man aber selbstverständlich die Umschichtung von Personal im Blick. Das Problem sei eher die Unterbringung seiner Leute im überbelegten Landratsamt.

Wie hoch die finanzielle Belastung des Landkreises durch das neue Gesetz wird, steht noch nicht fest. Bislang übernahmen Bund, Land und Kreise je ein Drittel. Der Bund ist immerhin bereit, künftig 40 Prozent zu übernehmen. Zwischen Land und Kreisen gibt es noch keine Vereinbarung über die restlichen 60 Prozent. Der Deutsche Landkreistag fordert, dass die Mehrkosten vollständig von den Ländern ausgeglichen werden.

Die Mehrkosten seien jedenfalls „keine Kleinigkeit“, sagte CDU-Sprecher Sieghart Friz. Der große Schluck aus der „Personalpulle“ bereitet auch Ulrich Bartels (SPD) etwas Kopfzerbrechen. Die Neuregelung bedeute jedoch, dass die Kinderarmut reduziert werde. Peter Rauscher (Linke) verhielt sich höchst ungewöhnlich: Er lobte die Bundesregierung. Sie habe eine gute Regelung getroffen. Wer die Folgen für Alleinerziehende mit älteren Kindern gesehen habe, könne nur zustimmen. Das taten alle Ausschussmitglieder.

Kostensätze und Regeln

Der Unterhaltsvorschuss ist eine Leistung für Alleinerziehende, die keinen oder nicht regelmäßigen Unterhalt vom anderen Elternteil erhalten. Für Kinder bis 5 Jahre werden 150 Euro bezahlt, für Sechs- bis Elfjährige sind es 201 Euro. Bislang wurde es maximal für sechs Jahre gewährt. Ab Juli wird diese Begrenzung fallen. Für 12- bis 18-Jährige soll die Leistung dann 268 Euro monatlich betragen. Sie wird für die älteren Kinder aber nur gewährt, wenn der alleinerziehende Elternteil mindestens 600 Euro Bruttoeinkommen erzielt. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, aus den Sozialleistungen herauszukommen.