Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt gehört zu den großen Herausforderungen dieses Jahres. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Wenn Wilfried Hüntelmann das vergangene Jahr Revue passieren lässt, fällt sein Urteil eindeutig aus: „Der regionale Arbeitsmarkt zeigte sich in guter Verfassung und war geprägt von viel Bewegung.“ Seine Einschätzung kann der Chef der Göppinger Arbeitsagentur, die den Kreis Esslingen betreut, belegen: Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag 2016 im Landkreis mit 3,5 Prozent um 0,1 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert, im selben Zeitraum wurden aber auch 2,6 Prozent mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gezählt. Für dieses Jahr erwartet Arbeitsagentur-Chef Wilfried Hüntelmann „einen moderaten Beschäftigungsaufbau und einen leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit wegen der Arbeitssuche von Flüchtlingen“. Allerdings gibt er zu bedenken, dass auch ein florierender Wirtschaftsstandort wie der hiesige vor weltwirtschaftlichen Unwägbarkeiten nicht gefeit ist.

In der regionalen Arbeitsmarktstatistik für das Jahr 2016 steht der Kreis Esslingen mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent einmal mehr etwas besser da als der Nachbarlandkreis Göppingen, der 4,0 Prozent meldet. Damit waren im Kreis Esslingen über das vergangene Jahr gesehen durchschnittlich 10 297 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet - rund 550 mehr als im Jahr davor. Und das, obwohl die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen das ganze Jahr über hoch war: Insgesamt wurden 2016 im Kreis Esslingen fast 21 000 offene Arbeitsstellen bei der Agentur gemeldet - rund 300 mehr als 2015.

Mehr Beschäftigte, mehr offene Stellen, aber auch eine leicht gestiegene Arbeitslosigkeit - nur auf den ersten Blick scheint das nicht recht zusammenzupassen. Hüntelmann sieht für die leichte Steigerung der Arbeitslosenzahlen vor allem zwei Gründe: Zunächst registrierte die Behörde „auffällig mehr Arbeitslosmeldungen aus der Erwerbstätigkeit heraus“ - und zwar in vielen Branchen vom Bau über das verarbeitende Gewerbe und den Handel bis hin zur Sicherheitsbranche. „Die allermeisten sind zwar wieder in Arbeit gegangen, weil Fachkräfte gesucht werden“, weiß der Chef der Arbeitsagentur. „Bis jedoch eine neue Stelle gefunden ist, braucht das immer etwas Zeit.“

Ein weiterer Grund für die moderate Zunahme der Arbeitslosigkeit: 2016 haben sich wesentlich mehr anerkannte Flüchtlinge arbeitslos gemeldet als im Jahr zuvor - die meisten waren junge Männer. Fehlende berufliche Qualifikation und sprachliche Defizite standen einer Beschäftigung häufig im Weg. Deshalb hat die Arbeitsagentur, die Geschäftsstellen in Esslingen, Nürtingen, Kirchheim und Leinfelden-Echterdingen unterhält, die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt zu einer ihrer vorrangigen Aufgaben für 2017 erklärt. Diese Herausforderung ist nicht zu unterschätzen, schließlich haben rund 85 Prozent der Flüchtlinge keinen formalen Bildungsabschluss. Bettina Münz, die Vize-Chefin der Arbeitsagentur, warnt allerdings vor allzu großen Hoffnungen auf kurzfristige Effekte für den Arbeitsmarkt, weil die Sprachkenntnisse bei vielen anerkannten Flüchtlingen für die Berufsschule noch nicht ausreichten.

Plädoyer für qualifizierte Ausbildung

Mit Blick auf den Fachkräftemangel, der derzeit je nach Branche unterschiedlich stark zum Tragen kommt, wollen Bettina Münz und ihre Kollegen in diesem Jahr ein besonderes Augenmerk auf die Integration von Menschen in Arbeit und Ausbildung legen. „Wer keinen beruflichen Abschluss hat, trägt ein deutlich größeres Risiko arbeitslos zu werden und dies auch zu bleiben“, weiß Münz aus langjähriger Erfahrung. Und weil fast jeder zweite Arbeitslose keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen kann, wirbt die Vize-Chefin der Arbeitsagentur auch in wirtschaftlich guten Zeiten dafür, selbst dann eine Ausbildung zu beginnen, wenn man noch als Ungelernter in Lohn und Brot steht: „Wir werden in Zukunft immer höher qualifizierte Mitarbeiter brauchen, wenn wir unseren hohen Standard halten wollen. Qualifikation ist die beste Vorsorge gegen Arbeitslosigkeit.“

Rund 50 Millionen Euro stehen dafür im Arbeitsamtsbezirk Göppingen zur Verfügung. Und egal, ob es um den Beginn oder das Gelingen einer Ausbildung, um die Teilhabe Behinderter am Arbeitsleben oder darum geht, als Geringqualifizierter seinen Arbeitsplatz zu behalten - die Arbeitsagentur hat mittlerweile eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten zur Verfügung.