The Sisters of Mercy am Sonntagabend im LKA/Longhorn: Andrew Eldritch (links) und Ben Christo Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

The Sisters of Mercy sind am Sonntag im ausverkauften LKA/Longhorn in Stuttgart aufgetreten: Bilder, Setlist, Konzertkritik.

Vier Menschen, die ihre Augen hinter schwarzen Sonnenbrillen verstecken, tasten sich im Dunkeln vorsichtig auf die Bühne vor. Es ist Sonntagabend kurz nach 21 Uhr. Und obwohl es während des Konzerts im LKA/Longhorn ziemlich düster bleiben wird, trägt einer von ihnen sogar noch eine zweite Sonnenbrille um den Hals. Er heißt Andrew Eldritch, ist der Sänger der Sisters of Mercy, hat diese Band, die eigentlich schon immer eher ein Ein-Mann-Projekt war, im Jahr 1980 gegründet.

Andrew Eldrich Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Von „Temple of Love“ bis „This Corrosion“

Wenn man ganz ehrlich ist, ist er an diesem Abend aber gar nicht der wichtigste Mensch auf der Bühne. Dies ist vielmehr der Mann, der hinter ihm sowie Ben Christo und Kai (beide an der Gitarre) zwischen Laptop-Monitoren steht. Wie er heißt, war leider nicht in Erfahrung zu bringen. Es ist jedenfalls nicht Ravey Davey, der bisher der Bediener von Doktor Avalanche, der Drummaschine der Sisters of Mercy, war. Und er ist derjenige, der per Knopfdruck die Songs im ausverkauften LKA/Longhorn startet. Ohne ihn würde man keine Drums, keinen Bass, keine Synthesizer hören.

Dass das Konzert der Band, deren letztes Album vor 33 Jahren erschienen ist, überhaupt stattfindet, kommt fast überraschend. Zuletzt wurden Konzerte immer wieder abgesagt oder abgebrochen. Doch sehr zur Freude der Fans in Stuttgart kommen die Sisters of Mercy hier nicht nur auf die Bühne, sondern bleiben dort auch knapp anderthalb Stunden – und spielen all die Songs, die sie einst zu den Pionieren des Gothic Rock machten: „More“, „Dominion/Mother Russia“, „Temple of Love“ und natürlich „This Corrosion“, das als letzte Zugabe auf dem Programm steht. Doch so sehr man sich als Dark-Wave-Nostalgiker darüber freut, endlich mal wieder die schwarzen Klamotten aus der hinteren Ecke des Kleiderschranks holen und zu all den Songs tanzen zu dürfen, die damals die Hits jeder Studentendisco waren, so sehr trübt der Auftritt doch die Erinnerungen an die Zeit ein, als die Band mit ihren Alben „First and Last and Always“ (1985), „Floodland“ (1987) und „Vision Thing“ (1990) den Mainstream wunderbar düster einfärbte.

Playbackshow

Ben Christo und Kai Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Während früher nur eine Drummaschine das Rückgrat der Auftritte der Sisters of Mercy bildete, kommt beim Konzert in Stuttgart fast alles aus der Konserve. Neben Drums, Bass und Synthesizer scheinen auch einige der Backgroundchöre und Gitarrenparts vom Band zu kommen. Was nicht verwunderlich wäre, schließlich steht Kai – eigentlich Mitglied der japanisch-britischen Band Esprit D’Air – , erst das zweite Mal mit den Sisters of Mercy auf der Bühne (die Premiere fand einen Tag zuvor in Würzburg statt). Was nicht vom Band kommt, ist Eldritchs Gesang. Und dass von seiner eindringlich tiefen Stimme nur noch ein sonores Krächzen übrig ist, ist dann doch die größte Enttäuschung des Abends.

Die Setlist

Diese Songs haben The Sisters of Mercy in Stuttgart gespielt I Will Call You ● Ribbons ● But Genevieve ● Alice ● Don’t Drive on Ice ● Dominion/Mother Russia ● Summer ● Marian ● More ● Giving Ground ● Doctor Jeep/Detonation Boulevard ● Eyes of Caligula ● I Was Wrong ● Crash and Burn ● Vision Thing ● On the Beach ● When I’m on Fire ● Zugaben Lucretia My Reflection ● Temple of Love ● This Corrosion