Endlich ist eine Entscheidung zur Bebauung dieses Parkplatzes gefallen. Wie aber soll das neue Gebäude aussehen? Foto: Johannes M. Fischer

Eine Brache mitten in der Stadt soll jetzt endlich bebaut werden. Es gibt Kritik an der architektonischen Gestaltung. Johannes M. Fischer plädiert in seinem Kommentar für Mut zum Außergewöhnlichen.

Esslingen - Es geht schon viel zu lange alles viel zu langsam, vor allem wenn es um die Brache auf dem Karstadt-Areal geht. Der Seufzer der Sprecherin der Initiative Bahnhofstraße spricht Bände: „Hauptsache, es kommt überhaupt etwas.“ So spricht jemand, der nicht mehr viel erwartet. Besser ein Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.

Wir nehmen alles, Hauptsache es kommt mal endlich was: Diese Haltung entspricht nicht wirklich dem Selbstverständnis der Esslinger. Deshalb wäre gerade jetzt etwas Geduld gefragt, weil die verständliche Ungeduld die Gefahr birgt, dass man die Taube fliegen lässt, obwohl es ausreichend viele Möglichkeiten gäbe, sie einzufangen.

Es wird also Sinn machen, den neuen Entwurf der Investoren für die Bebauung des Karstadt-Arealsgenauer unter die Lupe zu nehmen und zu hinterfragen – gegebenenfalls sogar, wie Esslinger Architekten fordern, einen neuen Wettbewerb auszuschreiben. Man kann die jetzigen Pläne gut finden, man kann sie aber auch trivial nennen. Ganz egal: Hauptsache, es wird darüber nachgedacht und gestritten. Esslingen hat viele gute Erfahrungen gemacht mit Bürgerbeteiligungen – warum also nicht auch jetzt und hier? Die Stadt warte jetzt schon ein halbes Jahrzehnt auf die Bebauung, da kommt es auf ein paar Monate mehr oder weniger nicht mehr an.

Kein „normales“ Bauprojekt

Es handelt sich auch nicht um irgendein Bauprojekt. Wenn die Altstadt die Wohnstube der Esslinger ist, dann ist das zu bebauende Filetstück das Ecksofa in dieser Stube – ein Bereich also, wo sehr viel soziales Leben stattfindet. Zudem verbinden Karstadt und das dahinter gelegene Gelände alt und neu: Die historische Stadtkern von Esslingen mit seinen mittelalterlichen Gassen auf der einen Seite, die ökologische Vorzeigesiedlung mit der Hochschule auf der anderen Seite. Es geht also um einen zentralen Punkt in Esslingen, der es wert wäre, nachzudenken, welche Identität die Stadt anstrebt: Eine hübsche Altstadt, ergänzt mit Nullachtfünfzehn? Oder eine hübsche Altstadt, umbaut mit markanten und zukunftsweisenden Bauten? Ein außergewöhnliche Fassade an dieser Schnittstelle wäre wunderbar, eine besonder Fassade immer noch gut. Nur das Gewöhnliche, das braucht Esslingen nicht unbedingt.