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Die Leute wollen kein Bio- oder Öko-Siegel sehen“, ist Sebastian Haller überzeugt. Viel wichtiger sei, den Kunden klar zu machen: Hier werden die Tiere artgerecht gehalten. Und man bekommt Qualität für sein Geld. Das dürfe sich jeder zu jeder Zeit auch anschauen. Einen „gläsernen Hof“ brauche er deswegen gar nicht eigens zu propagieren, so der 28-Jährige. An Selbstbewusstsein mangelt es Haller nicht. Auch nicht an unternehmerischem Mut. Zusammen mit seiner Frau Katharina (26) hat sich Haller eine Existenz geschaffen, die so gar nicht in das Bild der kriselnden Landwirtschaft passt: einen riesigen Betrieb, der Rinderzucht, Fleisch- und Wurstproduktion sowie Pferdepension in sich vereint. Neben einem hohem Maß an Eigenarbeit haben sie für das Hofgut Haller, am Ortsrand von Hegenlohe gelegen, zwei Millionen Euro investiert.

Hallers sind sich des unternehmerischen Risikos bewusst. Aber sie sind beide Typen, die die Ärmel hochkrempeln, wenn sie für ein gemeinsames Ziel kämpfen. Außer Mut sei viel Idealismus für diesen Job nötig, erzählt Sebastian Haller. Normalerweise versuche man in der Landwirtschaft, wo es geht, die Kosten zu drücken. Er tue das nicht, zumindest nicht an den wesentlichen Punkten. Dazu sei ihm zu sehr am Wohl der Tiere gelegen. Genau das schätzten seine Kunden, meist Privatleute aus der Region.

Die Landwirtschaft ist dem 28-Jährigen von Kindesbeinen auf vertraut. Seit Generationen werden in seiner Familie Rinder gezüchtet. Ganz bewusst habe man sich für die französische Rasse Limousin entschieden. „Die Tiere bewegen sich viel“, erklärt Haller. „Das sind Sportler. Durch das langsame Wachstum bildet sich ein wunderbares, kurzfasriges Muskelfleisch.“

Beim Ortstermin sind die Rinder noch alle im Stall. Untergrund ist ein sogenannter Spaltboden. „Das ist die hygienischste Variante“, so Haller. „Das Vieh ist immer sauber.“ Nachteil der Bauart: ein extrem kalter Boden. Deswegen gibt es zwischendrin Liegebuchten aus Hartgummi. Gut zu reinigen und viel wärmer. Heute, im Juni, sind die Rinder alle draußen auf den Weideflächen, die direkt an den Hof angrenzen: 110 Tiere, davon 40 Mutterkühe. 22 bis 23 Monate werden die weiblichen Tiere groß gezogen. Bei den männlichen dauert es nur 18 Monate bis zur Schlachtung. Der Grund liegt im Geschmack: „Ihr Fleisch ist früher zäh.“

Schlachten lässt der Landwirt außer Haus. Diese Aufgabe erledigt StaufenFleisch, die in Göppingen ansässige Metzger-Schlachthof GmbH, für ihn. Ein Teil der Tiere kommt in Metzingen auf die Schlachtbank. Doch damit soll bald Schluss sein. Wenn es klappt, wollen Hallers noch vor Jahresende selbst schlachten. Das hätte einige Vorteile, natürlich auch auch betriebswirtschaftliche. Aber Haller denkt dabei ebenso an die Tiere. „Jeder Transport ist für sie Stress“, sagt er. Das müsse nicht sein.

Als Hallers 2014 mit dem Bau ihres Hofguts anfingen, riet man ihnen davon ab, die Tiere selbst zu schlachten. Denn dazu brauche man eine EU-Zulassung. Und die sei mit viel zu hohen Auflagen verbunden. „Wir haben uns davon abschrecken lassen“, erklärt Haller. „Aber wir werden es nun doch machen.“ Mit dem Landratsamt als Genehmigungsbehörde sei man gerade dabei, einen Weg zu finden, um alle Auflagen zu erfüllen. Der Schlachtbetrieb muss streng getrennt von der Aufzucht sein. Vorgeschrieben ist beispielsweise eine aufwendige Hygieneschleuse. Bei der Fleisch- und Wurstproduktion arbeite man ohne Geschmacksverstärker und Stabilisatoren, versichert Sebastian Haller. Stattdessen setze man auf natürliche Zutaten wie Rote Beete. „Wir probieren da einiges aus.“

„Unsere Kunden schätzen das“, sagt Katharina Haller. Vor allem gebe es immer mehr junge Leute, die hochwertige Lebensmittel suchen und gerne direkt vom Hof kaufen. Auf genau diese Schiene setze man. „Wir haben sogar einen Kunden, der sich alle zwei Wochen Wurstdosen nach Hamburg schicken lässt“, erzählt die 26-Jährige. Vom Preis her sei man nicht teurer als eine Metzgerei, betont ihr Mann. Im Schnitt zahle man bei ihnen für das Fleisch je Kilo 8,50 Euro (netto).

Das zweite Standbein auf dem Hofgut ist eine Pferdepension. „Das ist komplett ihr Bereich“, sagt Sebastian Haller und grinst. Als passionierte Reiterin, die früher selbst an Wettbewerben teilgenommen hat, weiß Katharina Haller genau, was Pferdebesitzer für ihre Lieblinge wollen. Doch hatte sie von Anfang an das Ziel, sich von anderen Pferdepensionen abzusetzen. Unterbringung und Pflege erfüllen höchste Ansprüche. Dazu gehören neben modernen Ställen beispielsweise eine 20 mal 40 Meter große Reithalle, Solarium, beheizbare Sattelkammern und eine Führanlage mit integriertem Longierzirkel. Aber das alles hat seinen Preis. 650 Euro muss ein Pferdebesitzer pro Monat für den Rundumservice berappen. Da ist der Kundenkreis beschränkt. Hallers bauen letztlich darauf, dass sich beide Bereiche, die Rinderzucht und die Pferdepension, gegenseitig befruchten.

Der Weg der jungen Hallers ist auch in anderer Hinsicht außergewöhnlich. Denn beide hatten sich zunächst der Juristerei verschrieben. „Erst mal was Ordentliches lernen“, hatte er sich vorgenommen, als er mit dem Jurastudium begann. Das hat der 28-Jährige mit der Referendarzeit mittlerweile auch abgeschlossen. Den Job als Anwalt und damit die Kopfarbeit möchte er nicht missen, deswegen hat er in Ebersbach eine kleine Kanzlei eröffnet. Aber seine Liebe gehört der Landwirtschaft. Hallers haben festangestellte Mitarbeiter. Aber der Chef hilft so gut wie jeden Tag mit, beispielsweise beim Futterholen. Katharina Haller war nach dem Studium im elterlichen Betrieb in Aichelberg als Wirtschaftsjuristin tätig. Auf dem Hof würde sie gerne mehr machen. Aber das verhindert im Augenblick der Nachwuchs. Zwei Kinder, zwei Jahre und drei Monate alt, brauchen die Mama gewiss mehr als die Pferde.