Ihre Karriere hat die australische Schauspielerin Danielle Macdonald als Seriendarstellerin begonnen. Dass sie auch eine respektable Charakterdarstellerin ist, zeigt sie nun in In Guy Nattivs Kinodrama „Skin“. Darin spielt sie eine junge Mutter, die dem rechtsradikalen Hass ihre Liebe entgegensetzt. Im Interview mit unserer Zeitung spricht sie über ihre bislang anspruchsvollste Rolle.
EsslingenMit dem Kinodrama „Skin“ ließ der israelische Regisseur Guy Nattiv bei der Berlinale aufhorchen. Nattiv erzählt die wahre Geschichte des rechtsradikalen Szene-Aussteigers Bryon Widner, der seinen Hass im Herzen und auf der Haut trug, bis ihn die Liebe zu einer jungen Mutter eines Besseren belehrte. Von heute an läuft „Skin“ im Kommunalen Kino Esslingen. Hauptdarstellerin Danielle Macdonald hat sich vorab mit unserer Zeitung über eine der herausforderndsten Rollen ihrer Karriere unterhalten.
Sie tauchen in „Skin“ in eine Welt voller Hass und Gewalt ein. Ist es Ihnen leicht gefallen, sich in die Rolle zu begeben?
Ich bin ein Mensch voller Liebe, der es gewohnt ist, andere zu akzeptieren. Dieses Milieu hat etwas Verstörendes, und ich muss zugeben, dass sich mein Körper gewehrt hat. Wir haben es mit einer kleinen Minderheit zu tun, auch wenn diese Leute sehr laut sind. Deshalb hat man das Gefühl, dass sie überall sind. Aber man darf sie nicht unterschätzen, weil sie ständig versuchen, andere für sich zu gewinnen.
Und was kann man gegen diese rechtsradikalen Kräfte tun?
Bildung ist für mich ganz entscheidend – und die Einsicht, dass wir alles tun müssen, damit diese Saat nicht in der nächsten Generation aufgeht. Das war für Julie, deren Rolle ich spiele, die Motivation, der rechtsradikalen Szene den Rücken zu kehren. Sie hat drei Kinder und wollte nicht zulassen, dass die denselben Weg gehen. Wenn man dafür sorgen möchte, dass die eigenen Kinder nicht in diese Welt des Hasses geraten, muss man sich selbst verändern. Wenn wir rechtsextrem orientierte Menschen dazu nicht bewegen, werden sie weiter Hass verbreiten, weil es bequemer ist, weiterzumachen wie immer. Weil ich zu diesem Umdenken beitragen wollte, habe ich die Rolle übernommen.
Wie haben Sie sich auf dieses schwierige Projekt vorbereitet?
Mit Julie konnte ich nicht persönlich sprechen, dafür umso mehr mit Bryon, der mir auch eine Menge über sie erzählt hat. Das hat mir sehr geholfen, sie zu verstehen und die Figur authentischer zu verkörpern.
In der Nazi-Ideologie spielt die Mutter eine ganz wesentliche Rolle. Das Überraschende an Julie ist ja, dass sie ein gute Mutter sein will und genau deshalb aus dem rechtsradikalen Milieu aussteigt ...
Viele geraten schon als Kinder in dieses Milieu – auch bei Julie war das der Fall. Ihr Freund war Teil dieser Bewegung, sie wurde schwanger und blieb zunächst in diesen Kreisen. Mit solch einer Biografie ist es unheimlich schwierig, den Ausstieg zu schaffen aus einer Welt, in der man dir vorgibt, dass man Dich liebt und wie eine Familie für Dich ist. Die meisten sehen irgendwann über diesen Horizont nicht mehr hinaus. Das Interessante an Julie ist, dass sie durch die Liebe für ihre Kinder die Kraft gefunden hat, den Ausstieg zu schaffen.
Wie fühlt es sich an, mit jemandem vor der Kamera zu stehen, der über und über mit diesen Hass-Tattoos versehen ist?
Das mag verstörend gewirkt haben, war aber sehr hilfreich, weil wir so leichter Abstand zu unseren Rollen gewinnen konnten. Wenn ich in der Maske saß und miterlebt habe, wie sich mein Kollege Jamie Bell in Bryon verwandelt hat, war klar, dass das nicht mehr Jamie ist. Bryon hat Schlimmes getan, und es war ganz schön hart, ihm dabei zuzusehen. Aber wenn der Dreh zu Ende war und wir die Maske abgelegt haben, waren wir wieder wir selbst.
Es gehört große mentale Stärke dazu, den Ausstieg aus dem rechtsradikalen Milieu zu schaffen. Haben Sie Respekt vor denen, die diesen Schritt gewagt haben?
Das war für mich am schwierigsten nachzuvollziehen. Ich kann mir irgendwie vorstellen, wie man in diese Szene gerät und wie es sich anfühlt, das zu tun, was diese Leute tun. Wie es ist, sich für einen Ausstieg zu entscheiden, alles hinter sich zu lassen, ganz alleine dazustehen und sein Leben zu riskieren – das ist für mich unvorstellbar. Auf jeden Fall habe ich Respekt vor denen, die solch eine Entscheidung treffen und die diesen Weg trotz aller Anfeindungen und Gefahren gehen.
Das Interview führte Alexander Maier.
„Skin“ und seine Hauptdarstellerin
Der Film: Bryon (Jamie Bell) trägt seinen Hass im Herzen und auf der Haut – sein Körper ist von üblen rechtsradikalen Tätowierungen überzogen. Doch dann lernt er die junge Mutter Julie (Danielle Macdonald) kennen, die ihm zeigt, wie sich Liebe anfühlt. Um den Ausstieg aus einer Szene zu schaffen, die Abtrünnige verachtet, sucht er Rat bei dem afro-amerikanischen Menschenrechtsaktivisten Daryle (Mike Colter), der ihm hilft, die verräterischen Symbole seiner rechtsradikalen Vergangenheit von seiner Haut zu tilgen. So beginnt ein langer und schmerzlicher Kampf ...
Die Hauptdarstellerin: Danielle Macdonald wurde 1991 in Sydney geboren und war zunächst in Fernsehrollen zu sehen – unter anderem in Serien wie „Glee“, „Pretty Little Liars“ oder „2 Broke Girls“. Ihr Spielfilmdebüt gab sie 2013 in „The East“. Mit Guy Nattiv hat sie „Skin“ schon als Kurzfilm realisiert.