Das neue Baden-Württemberg-Oberliga-Team des TVN, hinten von links Foto: TV Nellingen - TV Nellingen

Nach dem Rückzug aus der Bundesliga und dem Aufstieg aus der Württembergliga sortieren sich die Teams neu.

OstfildernEs herrscht Trainingslager-Atmosphäre in der Sporthalle 1. Die Torhüterinnen arbeiten in einer Ecke, einige junge Spielerinnen machen Wurfübungen, die Handballerinnen des ersten Teams kommen gerade von einer Laufeinheit durch den Seiteneingang. Veronika Goldammer beobachtet die Szene und lächelt. „Sechs Trainer sind hier im Einsatz“, erklärt sie, „wir sind ein Trainerkollektiv.“ Sie ist die Chefin. Die Teams des TV Nellingen wollen gut vorbereitet in die Saison gehen. Denn nach dem Rückzug des ersten Teams aus der Bundesliga und dem Aufstieg des zweiten von der Württembergliga in die Baden-Württemberg Oberliga ist vieles anders als bisher. Und die Herausforderung riesig. Der TVN II startet an diesem Wochenende, in der 3. Liga geht es in einer Woche los.

Goldammer ist die Konstante beim TVN. Sie ist seit Jahren als Trainerin des zweiten Teams und in der Jugend tätig. Jetzt ist sie für die Frauen eins in der 3. Liga verantwortlich. Das zweite Team übernahm Irina Kolpakova, die früher für die Nellingerinnen in der 2. Bundesliga gespielt, ein halbes Jahr das Team trainiert hat, seit sieben Jahren aber aus dem Geschäft draußen ist. „Als ich gefragt wurde, ob ich Interesse an der Aufgabe habe, habe ich mir eine Trainingseinheit angeschaut und dann zugesagt“, erzählt die Weißrussin. „Ich denke, ich kann den Mädels einiges mitgeben.“ Wie schwer die Aufgabe wird, wurde ihr wohl erst während der Vorbereitung richtig klar.

„Schwer zu sagen, wo wir stehen“

Denn während vom bisherigen Bundesligateam keine einzige Spielerin übrig geblieben ist, setzt sich der Drittliga-Kader aus neun Handballerinnen des bisherigen zweiten Teams beziehungsweise der Jugend und sechs externen Zugängen zusammen. Denise Kunicke (TG Nürtingen/Kreuzbandriss) fällt jedoch lange aus und Milana Vlahovic (SG BBM Bietigheim/Achillessehnenprobleme) ist gerade erst wieder ins Training eingestiegen. Dazu kommen Stephanie Lukau (Nürtingen), Leonie Dreizler (TSV Wolfschlugen) sowie Chiara Baur und Hanna Hojczyk (beide VfL Waiblingen). Beim zweiten Team stehen neben Fanni Turcsany (Frisch Auf Göppingen) ausschließlich Spielerinnen aus der TVN-Jugend auf der Zugangsseite.

„Es ist der größte Umbruch in der Vereinsgeschichte“, sagt Geschäftsführer Bernd Aichele. Und: „Es ist schwer zu sagen, wo wir stehen.“ Goldammer und Kolpakova sehen das genauso, deshalb lautet das erste Ziel für beide Teams: irgendwie den Klassenverbleib schaffen. Wobei das in der Baden-Württemberg Oberliga härter werden dürfte als in der 3. Liga – und der Verbleib in der dritthöchsten Spielklasse dem Verein auch wichtiger ist. „Das junge Team wird es schwer haben“, redet Kolpakova in Bezug auf die Frauen zwei nicht um den heißen Brei herum.

Wichtig war den Trainerinnen, dass es zwei getrennte Kader gibt. Zwei Kader mit Durchlässigkeit jedoch. Herauszufinden, welche Spielerin in welches Team kommt, war eine der Aufgaben während der Vorbereitung. Wobei Goldammer zugute kam, dass sie die meisten Spielerinnen seit vielen (Jugend-) Jahren kennt: „Ich denke, ich kann das einschätzen.“ Gleichzeitig werden einige an einem Wochenende zwei Spiele absolvieren. In der A-Jugend und in einem Frauen- oder in beiden Frauenteams. Die U-21-Regelung macht es möglich. Und zu dieser Altersgruppe zählen etwa zwei Drittel der Spielerinnen. Die Jüngste ist die 15-jährige Caroline Maier, sie gehört schon zum Drittliga-Kader. „Wir werden behutsam vorgehen“, betont Goldammer. Und allgemein: „Wir wollen nicht zu viel Druck aufbauen.“

Die Krux: Was die Durchlässigkeit betrifft, ist der Unterschied von nur einer Spielklasse zwischen den beiden Teams ideal – was die Chance auf den Klassenverbleib in der Baden-Württemberg Oberliga betrifft, eher nicht. Denn eines ist klar, wie Goldammer erklärt: „Für die jungen Spielerinnen ist es eine riesen Chance. Sie können sich jederzeit nach oben spielen, gleichzeitig kann sich keine sicher sein.“ Ein einheitliches Spielsystem ist die Voraussetzung. Für Kolpakova kann das bedeuten, dass sie während der Saison Leistungsträgerinnen nach oben abgeben muss. „Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es so weit ist. Wir reden ja ständig miteinander“, sagt sie dazu nur.

Die bevorstehende Saison dient vor allem zur Orientierung im jeweils neuen Umfeld. Irgendwann soll dann wieder der Angriff in Richtung 2. Bundesliga angegangen werden. „Wir bilden aus. Und wir wollen das ja nicht für unsere Nachbarn machen“, erklärt Goldammer. Aktuell ist das aber noch in weiter Ferne.

Wie reagieren die Zuschauer?

Die Nellingerinnen gehen mit einer gehörigen Portion Unsicherheit in die Saison. Gleichzeitig ist bei den jungen Spielerinnen eine gewisse Unbekümmertheit zu spüren, die sie sich möglichst lange erhalten sollen. Gespannt sind sie auch darauf, wie das Umfeld die neue Situation annimmt. „Wir wissen es nicht“, sagt Goldammer schlicht und konzentriert sich auf die Arbeit in der Halle. Denn ehrlicher Handball kommt bei den Zuschauern am Ende am besten an. Auch Aichele rechnet mit einer „Schnupperphase vonseiten der Zuschauer“. Immerhin liegt der Dauerkartenverkauf auf dem Niveau der Vorsaison – wobei 150 für die Bundesliga ein sehr bescheidener Wert waren. Klar ist für Goldammer nur: „Es wird Zeit, dass die Saison losgeht.“ Spieltag-Atmosphäre ist eben doch besser als Traininslager-Atmosphäre.