Je später es ist, desto voller wird es in der City auf dem Henkersfest. Foto: Lichtgut/Iannone

Je später der Abend, desto voller wurde es auf dem Henkersfest auf dem Stuttgarter Wilhelmsplatz. Dennoch hat zumindest ein Teil der Gastronomen eine Zurückhaltung beim Konsum zu spüren bekommen.

Gewaltig, was in der City am Samstag an Leuten unterwegs war: Nur mit sportlichem Ehrgeiz war in den Massen ein eigenes Tempo zu halten. Nur gut, dass es auch Nebenbühnen gab. Zum Henker also mit dem Gedränge und ab auf den Wilhelmsplatz! Denn auf der einstigen Richtstätte war zum Start in den vierten und letzten Tag des Henkersfestes noch Luft mit freien Tischen und Bänken. Eher undankbar war da der Job der Booze Bandits, hier den musikalischen Opener zu geben. Die Stuttgarter Rockabilly-Formation scherte das nicht, nach vielen Absagen in der Pandemie. Es war ein Vollgasauftritt, der für lässige Stimmung und gute Laune sorgte.

Eher schwer tat sich der Mann mit den scharfen Salsiccia. Die Italien-Spezialisten aus Korntal hatten sich „ein bisschen mehr erhofft“. Das gelte auch für die Tage davor, als es zwar relativ voll war, die Gäste sich aber sparsam-zurückhaltend zeigten beim Konsum. Latente Krisensymptome machten auch andere kulinarische Beschicker des Events aus. „Kommt noch“, machte ein Gast Mut, und er sollte die treffende Prognose geben für den langen Rest des Abends. Ein Bier? „Auf jeden Fall die richtige Entscheidung“, konstatierte der Wirt des „Kraft-Paule“, wo sich der Einstieg schon mal mit einem Kelch „Riesling Bock“ zelebrieren ließ.

Die Veranstalter hatten bei den Bands ein gutes Händchen

Sowieso nahm die Sache Fahrt auf, als die Newcomer-Band Keine Revolte schon den Soundcheck zum halben Konzert machte. „Wollt ihr meine Postleitzahl oder meine Telefonnummer?“, rief Leonie „Leo“ ins Publikum und lockte bereits werdende Fans vor die Bühne. Und als sie „Du streichst mir durch mein Sommerhaar“ anstimmte, war schon zu ahnen, dass da eine Rampenlöwin einen Sturm durch die wilde Mähne schicken und das Publikum in helle Freude versetzen würde: mit leidenschaftlich ins Werk gesetzten Elektro-Rock-Pop, voller Emotion und Freiheitsdrang. Und für die ersten Gäste der CSD-Regenbogen-Community hatte sie auch die passenden „Pride-Hymne“ parat: „Gegen Hass und Diskriminierung und diesen ganzen Scheiß“, machte Gitarrist Till klar, „es ist nicht schwierig, Flagge zu zeigen“. Und zu tanzen, was ansteckend wirkte.

Das richtige Händchen mit Made in Stuttgart hatten die Veranstalter auch mit Reset Code, die ungemein intensiv mit ihrem gitarrenstarken Alternative Rock in den Sonnenuntergang hineinspielten. Längst war nicht nur der Platz, sondern auch die Cocktail-Tankstelle im Zentrum gut frequentiert. Auf Hochtemperatur kam das Henkersfest mit Twin Noir, die direkt von einer Lateinamerika-Tour kamen. Der hart pochende, punkige New Wave des Duos machte den freien Teil des Platzes zur Rave-Arena. Da war auch Henkersfest-Oldie Michael Morscher wieder gut drauf: „Die Leute haben Spaß, wir sind wieder da.“