Hans-Jürgen Wummel ist begeistert von seinem dreirädrigen Liegerad. Für ihn ist das Trike komfortabler und sicherer als ein normales Fahrrad. Foto: Haußmann - Haußmann

Hans-Jürgen Wummel hält seinem Lieblingssport auch nach einem Unfall die Treue: dank eines Trikes. Die gerade mal 20 Kilogramm schweren Sportgeräte entwickelt er zusammen mit Reinhold Fleiner.

Kreis Esslingen - Fast sein ganzes Leben lang ist Hans-Jürgen Wummel auf dem Fahrrad über die Straßen rings um die Teck gefahren. Doch vor vier Jahren hatte der Rentner aus Brucken einen Verkehrsunfall. Er erlitt eine Verletzung am Halswirbel, die es ihm noch heute schwer macht, seinen Kopf zur Seite zu drehen. Oft hatte Wummel mit dem Gedanken gespielt, sich ein mehrspuriges Rad zuzulegen. Nach seinem Unfall schien die Zeit reif. Zwischen Ersatzteillager, Werkbank und Montageständer parkt der rüstige 71-Jährige seither ein sturzsicheres Liegerad, ein Trike.

Als Wummel noch im Berufsleben stand, fertigte er in seiner Firma Teile für Fahrradhersteller an. Eine Tätigkeit, die er im Ruhestand mit viel Hingabe und Leidenschaft fortführt. Durch den Kauf des Trikes lernte er Reinhold Fleiner kennen, der in seiner Rottenburger Manufaktur Liegeräder herstellt. Seither arbeiten die beiden eng zusammen und entwickeln die gerade einmal 20 Kilogramm schweren Sportgeräte aus Fleiners kleiner Veloschmiede weiter.

Das E-Trike hat sich noch nicht etabliert

Was beim Fahrrad fast schon nicht mehr wegzudenken ist, hat sich beim Liegerad längst noch nicht durchgesetzt: der Elektroantrieb. Wer beim Kauf gleich den Antrieb dazu bestellt, erhält bei Reinhold Fleiners Trike ein System, das im Gegensatz zu konventionellen Motoren mit 50 Prozent weniger Gewicht und 80 Newtonmeter Drehmoment überzeugt. Wer aus Kostengründen beim Liegerad auf die Batterieunterstützung verzichtet, verschenkt jedoch nichts. Denn der findige Rentner aus Brucken hat einen Umrüstsatz entwickelt, mit dem sich das Trike problemlos nachrüsten und obendrein noch mit einer Motorisierung ausstatten lässt, die individuell auf den Kunden zugeschnitten ist. Alle Räder, die genau wie das „FN-Trike“ eine Radgröße von 26 Zoll aufweisen, können mit dem Umrüstsatz mit Heckantrieb ausgestattet werden.

„Das System bietet für alle nicht elektrifizierten Liegeräder enorme Flexibilität“, sagt der Werkzeugmachermeister. Wer sein altes Rad zwar ausmustern, aber den Antrieb weiter verwenden will, findet hier eine günstige Lösung, weil sich Steuerungskonsole, Batterie und Motor leicht ins neue Velo integrieren lassen. „Aber auch in Fällen, in denen die Räder größer oder kleiner als 26 Zoll sind, gibt es die Chance zur Nachrüstung“, versichert der Tüftler. „Dazu muss der alte Nabenmotor, der wie eine Scheibe aussieht und einen Großteil des Hinterrades einnimmt, für die Nutzung am Liegerad einfach aus- und anschließend neu eingespeicht werden.“ Darüber hinaus arbeitet Wummel an einem einspurigen Schubanhänger, der sich mit fast jedem Elektromotor ausrüsten und an Reise- aber auch Citybikes befestigen lässt.

Tüftler möchte andere für das Liegerad begeistern

Der 71-Jährige ist nicht nur passionierter Tüftler, sondern vor allem mit Leib und Seele Radfahrer. Mit seiner Begeisterung für die entspannte Fortbewegung im Liegen möchte er andere anstecken. Schließlich eignet sich die Alternative zum normalen Fahrrad seiner Erfahrung nach hervorragend für Menschen, die im Alter sportlich unterwegs sein wollen. „Dank tiefem Schwerpunkt und langem Radstand werden Überschläge durch ein blockiertes Vorderrad verhindert“, betont Hans-Jürgen Wummel. „Prallt man mit dem Liegerad auf ein Hindernis, sind die Unfallfolgen weniger gravierend. Da der Fahrer mit den Füßen und nicht mit dem Kopf aufprallt, sind schwerste Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen die Ausnahme.“ Der Rücken ruht im 40-Grad-Winkel auf der Sitzlehne. „Dadurch ergibt sich eine entspannte Körperhaltung, die die Bandscheiben schont“, erklärt Reinhold Fleiner. „Aber auch Handgelenke, Arme, Schultergürtel und Rücken werden nicht belastet, weil der Oberkörper – anders als bei gewöhnlichen Rädern – nicht abgestützt werden muss.“

Genau das macht Liegeräder aus Sicht von Hans-Jürgen Wummel für Jung und Alt attraktiv. Durch geringeren Luftwiderstand und bessere Kraftübertragung ermöglichen die tief liegenden Sportgeräte ein optimales Vorankommen durch effiziente Muskelarbeit. Genau das macht für den Rentner den Reiz der Fortbewegung im Liegen aus. 12 000 Kilometer fährt er pro Jahr auf seinem mehrspurigen Gefährt und einem umgerüsteten Mountainbike.