Ein Toter im Hause Leonides wirft Fragen auf – jeder könnte der Mörder sein. Foto: Fox - Fox

Agatha-Christie-Krimis haben Filmemacher seit jeher fasziniert, und vielen Regisseuren gelangen bereits Leinwand-Produktionen, die bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Gilles Paquet-Brenners neuer Film „Das krumme Haus“ ist solide gemacht, mehr aber auch nicht.

EsslingenEin toter Wirtschaftsmagnat, ein riesiges Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert und viele verdächtige Familienangehörige: Das sind die Zutaten für den Agatha-Christie-Krimi „Das krumme Haus“. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans aus dem Jahr 1949 ist in den deutschen Kinos erst mit einjähriger Verspätung zu sehen.

Nach dem Tod des Wirtschaftsmagnaten Aristide Leonides engagiert seine Enkelin Sophia (Stefanie Martini) den Privatdetektiv Charles Hayward – bevor sich Scotland Yard einschaltet und womöglich dunkle Familiengeheimnisse aufdeckt. Sophia glaubt, dass ihr Großvater von einem Familienmitglied getötet wurde. Hayward übernimmt den Fall widerwillig, denn vor Jahren waren Sophia und er ein Paar. Auf dem imposanten Leonides-Anwesen befragt er die Angehörigen, die in dem riesigen Herrenhaus alle unter einem Dach leben. Viele verdächtigen Leonides’ junge, zweite Ehefrau Brenda (Christina Hendricks), den Wirtschaftsmagnaten getötet zu haben. Angeblich hatte sie eine Affäre. Oder war es sein Sohn Philip, der den Familienbetrieb übernehmen musste, obwohl er lieber als Autor Karriere machen wollte? Ein von ihm geschriebenes Theaterstück für seine Frau, die gescheiterte Schauspielerin Magda (Gillian Anderson), wollte das Familienoberhaupt zu Lebzeiten nicht einmal lesen.

Bei seinen Befragungen stellt Hayward fest, dass auch die jüngste Enkelin Josephine ihren Opa nicht leiden konnte, weil er ihr verboten hatte, Ballett-Unterricht zu nehmen. Lady Edith De Haviland (Glenn Close), Schwester von Leonides verstorbener erster Frau, ist Josephine besonders ans Herz gewachsen. Auch sie hatte für den alten Mann nicht viel übrig. Lady Edith geht ständig mit Gewehren und Gift gegen Maulwürfe vor – etwa auch gegen Menschen?

Die Briten nennen dieses Genre zum Miträtseln „Whodunit“ („Wer hat’s getan?“). Wie viele Agatha-Christie-Verfilmungen hat auch „Das krumme Haus“ zahlreiche mysteriöse, verdächtige Charaktere und eine angenehm nostalgische Optik. Leider mangelt es aber am Kinogefühl früherer Christie-Verfilmungen: In Kenneth Branaghs „Mord im Orient-Express“ glänzten Stars wie Johnny Depp, Penelope Cruz und Judi Dench. In den Poirot-Krimis der 70er und 80er lieferte sich Peter Ustinov herrliche Dialoge mit David Niven, Angela Lansbury und Bette Davis.

Da kann Gilles Paquet-Brenners Film nicht mithalten. Glenn Close ist als Lady Edith köstlich, Gillian Anderson als frustrierte Magda ebenso. Doch abgesehen von einem Abendessen mit giftigen Dialogen, das zu den Höhepunkten des Films gehört, knistert es zu wenig. „Dies ist ein Treibhaus für unterdrückte Leidenschaft“, sagt Lady Edith zu Hayward. Das Publikum spürt davon kaum etwas. Die 50er-Jahre-Optik hat durchaus Charme. Die klar erkennbaren Studioaufnahmen und die Außenaufnahmen am Minley Manor wirken im Vergleich zur opulenten Optik früherer Verfilmungen jedoch eher wie eine routinierte Fernsehproduktion. Als Sonntagabend-Krimi auf dem Sofa funktioniert „Das krumme Haus“ – noch mehr, wenn man die Romanvorlage nicht kennt und knapp zwei Stunden miträtseln kann.

Mit einem Jahr Verspätung kommt „Das krumme Haus“ in die deutschen Kinos. Es ist die Verfilmung eines Agatha-Christie-Krimis. Das ist kein großes Kino, aber immerhin nette Krimi-Unterhaltung.